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Zoff zwischen Ducati & Bautista: Vergeben, vergessen

Von Ivo Schützbach
Alvaro Bautista Ende November in Jerez auf der Ducati

Alvaro Bautista Ende November in Jerez auf der Ducati

Am 31. Dezember endet der Vertrag zwischen Honda und Alvaro Bautista, ab 1. Januar steht der Spanier wieder in Diensten von Ducati. Kein anderer Fahrer war mit der Panigale V4R so erfolgreich wie der 37-Jährige.

Ducati und Alvaro Bautista waren 2019 ein Dreamteam. Der Spanier wechselte nach 16 Jahren im GP-Sport in die seriennahe Superbike-WM und kam mit der Panigale VR4 auf Anhieb hervorragend zurecht. Sie ist das erste Superbike des italienischen Herstellers mit einem V4-Motor, viel MotoGP-Erfahrung ist in ihre Entwicklung eingeflossen.

Bautista gewann die ersten elf Rennen mit bis zu 15,1 sec Vorsprung, im ersten Saisondrittel war der 125er-Weltmeister von 2006 unbesiegbar. Doch dann leistete er sich im Titelkampf gegen den wie immer extrem konstanten Jonathan Rea (Kawasaki) mehrere Stürze, zum Teil in Führung liegend.

«Ich habe mich selbst zu stark unter Druck gesetzt und wollte jedes Rennen mit großem Vorsprung gewinnen, auch wenn es das Motorrad nicht hergab», sagte Alvaro später. «Dabei ist ein Sieg ein Sieg, egal mit welchem Vorsprung.»

Obwohl Bautista 2019 insgesamt 16 Rennen gewann und 24 Mal auf dem Podium stand, verlor er die Weltmeisterschaft gegen Rea um 165 Punkte!

Als ihm Honda ein Angebot für die Jahre 2020 und 2021 machte, mit einer kolportierten Jahresgage von eine Million Euro, konnte Bautista nicht nein sagen.

Und Claudio Domenicali, der nicht unumstrittene CEO von Ducati Motor, hat sich in diesem Zusammenhang nicht gerade Gentleman-like verhalten. Er warf Bautista im Nachhinein Geldgier vor und setzte einzelne Twitter-Meldungen ab, die nicht von Loyalität zeugen und die bei einem Top-Manager bei Audi und VW in Deutschland nicht ohne Konsequenzen geblieben wären.

In Italien regiert die Emotion, trotzdem haben diese merkwürdigen Tweets in der Szene viel Kopfschütteln hervorgerufen. So bezeichnete Domenicali Bautista am 27. September 2019 als «Bau Bau». Wer Italienisch versteht weiß: «bau bau» steht für einen bellenden Hund. Ob die Anspielung auf einen Hund eine gelungene Bemerkung für einen abtrünnig gewordenen Ducati-Publikumsliebling und Vizeweltmeister ist, mögen die Fans beurteilen.

Domenicali mimte nach dem Weggang von Bautista die beleidigte Leberwurst und zog dessen Ruf als untadeligen Sportsmann in den Dreck. «Wenn wir auf seinen Wunsch nach mehr Geld eingegangen wären, wäre er 2020 immer noch ein Ducati-Fahrer», schrieb Domenicali damals. Er versicherte auch, man habe Bautista für zwei Jahre einen Betrag mit sechs Nullen angeboten, also mindestens eine Million Euro. Aber dieses Angebot kam wohl zu spät und zu einem Zeitpunkt, als sich Bautista und Honda längst einig waren.

Aus dem Umfeld von Bautista war damals zu hören, der Spanier sei 2019 mit einer Jahresgage von zirka 100.000 Euro abgespeist worden. Hinzu kamen Bonuszahlungen, für seine elf Siege in Hauptrennen bekam er ungefähr 220.000 Euro.

Die Gage seines Aruba-Ducati-Teamkollegen Chaz Davies soll 2019 zirka 500.000 Euro betragen haben. Sie war für die Saison 2017 sogar auf zirka 700.000 angehoben worden, weil der Waliser damals ein Kawasaki-Angebot vorliegen hatte.

Nach der eindrucksvollen SBK-Saison 2019 forderten Bautista und sein Manager Simone Battistella bei Ducati Corse eine Gagenerhöhung auf den Level von Davies. Dieses Ansinnen wurde abgelehnt, weil Ducati glaubte, Bautista käme Ende September sowieso bei keinem anderen Werksteam mehr unter.

Das erwies sich als Irrtum.

Alvaro Bautista hat sich bei diesem Zwist nobel zurückgehalten. Er konnte sich ausmalen: Sein Nachfolger Scott Redding würde auf der Panigale VR4 keine 16 Rennen in einem Jahr gewinnen. Tatsächlich eroberte der Engländer, der 2022 im BMW-Werksteam fahren wird und die Weltmeisterschaft 2020 und 2021 auf den Plätzen 2 und 3 beendete, in 61 Rennen für Ducati 12 Siege und 37 Podestplätze.

2022 ist Bautista zurück bei Aruba.it Ducati, seinen ersten Test mit der V4R hat er bereits Ende November in Jerez absolviert und kratzte nach fast 100 Runden an seinem eigenen Rundenrekord.

Der Zoff von 2019 ist vergeben und vergessen, Ducati und Bautista haben erkannt, dass sie einander von Nutzen sind.

«Im Team gab es nie ein Problem mit Alvaro», betonte Aruba-Chef Stefano Cecconi, der nie ein schlechtes Wort über seinen Star fallen ließ, im persönlichen Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Nicht während der guten Zeiten, und auch nicht während der harten. Es gab keine persönlichen Schwierigkeiten, aber es herrschte Enttäuschung. Wenn ein Fahrer und ein Hersteller nach langer Zeit ohne einen Titel das Gefühl haben, dass es klappen kann, dann ist es normal, dass jeder etwas verärgert ist, wenn es nicht mehr läuft. Das war aber kein permanentes Problem, sondern nur ein schlechtes Gefühl in diesem Moment. Sobald wir akzeptiert hatten, dass wir die Meisterschaft verloren hatten, war das vergessen. Wir haben uns damals zusammen einen großen Vorsprung herausgearbeitet – und haben diesen dann zusammen verloren.»

Der Norditaliener weiter: «Ich las damals viele Geschichten, dass Alvaro zu viel stürzen würde. Ich erinnere mich an jeden einzelnen Fehler von ihm. Aber auch an die Stürze, die nicht seine Schuld waren. In Laguna Seca hat ihn Toprak Razgatlioglu runtergefahren. Ich war mit ihm im Medical Center und habe miterlebt, wie groß seine Schmerzen in der Schulter waren. Trotzdem versuchte er das Rennen zu fahren, das war aber unmöglich. In Donington stürzte er bei starkem Regen, das kann passieren.»


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