Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Bautista-Analyse: Wieso Bremsgott Toprak strauchelte

Von Ivo Schützbach
Bremsen am Limit: Toprak Razgatlioglu (li.) und Alvaro Bautista

Bremsen am Limit: Toprak Razgatlioglu (li.) und Alvaro Bautista

Auf der Bremse ist Yamaha-Werksfahrer Toprak Razgatlioglu fast unbesiegbar, doch in den ersten beiden Events der Superbike-WM 2023 hatte er einige Schwierigkeiten. Alvaro Bautista erörtert, weshalb das so war.

Nach den ersten sechs Rennen dieser Saison in Australien und Indonesien meinte Ex-Weltmeister Toprak Razgatlioglu, dass er seine Stärke auf der Bremse nicht so ausspielen konnte, wie das normal der Fall ist. Und das lag nicht nur am Charakter der beiden Übersee-Rennstrecken.

Während des Barcelona-Tests Ende März beschäftigten sich der Türke und das Pata-Yamaha-Werksteam intensiv mit diesem Problem, Toprak gab anschließend Entwarnung. «Wir haben neue Abstimmungen versucht und wollten die Arbeitsweise der Elektronik verbessern», erzählte er. «Sie funktioniert jetzt viel besser, sie vermittelt mir ein gutes Gefühl. So wie die Motorbremse jetzt arbeitet, hilft mir das sehr am Kurveneingang. Ich kann das Fahren jetzt mehr genießen, weil ich wieder hart bremsen kann. Ich brauche sehr viel Motorbremse.»

In den vergangenen zwei Jahren war Razgatlioglu auf der Bremse so überragend, dass sich die Konkurrenz den Kopf darüber zerbrach, wie sie in diesem Bereich besser werden kann.

«Viel hat mit dem Charakter des Motorrads zu tun», erklärte BMW-Werksfahrer Scott Redding. «Er hat sein Bike darauf abgestimmt. Die Yamaha lässt sich leicht einlenken, deshalb kannst du sie fürs Bremsen abstimmen. Bei den anderen Bikes ist es so, dass sie nicht einlenken wollen, du musst sie auf der Bremse dazu zwingen. Hinzu kommt, dass er seinen Bremsstil daran angepasst hat. Aber er ist nicht unschlagbar. Er macht das mit mir nur, wenn ich nicht eben ausgesprochen stark bin.»

Als Toprak auf den Inseln Phillip Island und Lombok Anfang der Saison 2023 auf der Bremse auf einmal schlagbar war, fragten sich die Gegner natürlich, was sich geändert hat.

«Das hängt mit dem Vorderreifen zusammen», analysierte Weltmeister Alvaro Bautista für SPEEDWEEK.com. «Den SC1 aus dem letzten Jahr haben wir nicht mehr. Der SC1 von diesem Jahr ist identisch mit dem Prototyp, den Pirelli erstmals 2021 brachte. Ihn haben damals viele Fahrer probiert und für gut befunden, also brachte ihn Pirelli letztes Jahr zu allen Rennen außer Indonesien. Ich fuhr immer mit ihm, dieses Jahr ist das der Standardreifen. Toprak hat diesen Reifen in der Vergangenheit nicht gemocht, weil er mit dem alten SC1 mehr Grip hatte, der aber weniger stabil war. Bei mir ist es so, dass mir die Stabilität wichtiger ist als der Grip. Wenn ich bremse und der Reifen schwimmt zu sehr, dann kann ich nicht in die Kurve einbiegen. Der neue Reifen bietet in der Bremsphase mehr Auflagefläche, deshalb kann ich mit ihm besser in Schräglage gehen. Er ist auch im Kurvenscheitel stabiler, deshalb kann ich meine Linie viel besser halten.»

«Wenn so eine Änderung kommt, muss man sich mit ihr auseinandersetzen», weiß der Spanier. «Dann musst du das Motorrad anpassen oder an deinem Fahrstil arbeiten, um das richtige Gefühl zu bekommen. Aber das ist ein normaler Schritt. Wir werden immer schneller, also brauchen wir mehr Unterstützung vom Vorderreifen. Letztlich ist das kein Problem (für Toprak und Yamaha – der Autor), sie müssen sich nur an die Situation anpassen. Er muss sich daran gewöhnen, dass der Reifen weniger Grip hat. Ich weiß nicht, ob das letztlich der Grund ist. Aber das ist der einzige Unterschied zum Vorjahr – ihr Bike blieb gleich.»

Superbike-WM 2023: Stand nach 6 von 36 Rennen
Pos Fahrer Motorrad Punkte
1. Alvaro Bautista (E) Ducati 112
2. Toprak Razgatlioglu (TR) Yamaha 75
3. Andrea Locatelli (I) Yamaha 70
4. Axel Bassani (I) Ducati 51
5. Michael Rinaldi (I) Ducati 47
6. Jonathan Rea (GB) Kawasaki 44
7. Xavier Vierge (E) Honda 43
8. Danilo Petrucci (I) Ducati 36
9. Iker Lecuona (E) Honda 33
10. Dominique Aegerter (CH) Yamaha 24
11. Philipp Öttl (D) Ducati 23
12. Alex Lowes (GB) Kawasaki 22
13. Remy Gardner (AUS) Yamaha 19
14. Scott Redding (GB) BMW 17
15. Michael vd Mark (NL) BMW 16
16. Garrett Gerloff (USA) BMW 15
17. Loris Baz (F) BMW 6
18. Lorenzo Baldassarri (I) Yamaha 3
19. Hafizh Syahrin (MAL) Honda 2

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