Abrechnung von Toprak: «Es scheint unmöglich zu sein»

Toprak Razgatlioglu: «Muss immer am Limit fahren»
Dass BMW nach der erfolgreichen Saison 2024 aufgrund einer Regeländerung nicht mehr mit seinem modifizierten Chassis fahren darf, war ein herber Rückschlag für Weltmeister Toprak Razgatlioglu und ROKiT-Teamkollege Michael van der Mark. Sämtliche Probleme, die der deutsche Hersteller bis inklusive 2023 mit seinem Chassis hatte, sind dadurch für 2025 zurückgekehrt.
Razgatlioglu kann mit seinem herausragenden Talent zwar einige dieser Schwächen kompensieren, und BMW konnte sein Motorrad gegenüber 2023 in anderen Bereichen wie beim Motor und der Aerodynamik verbessern. Doch das löst das Urproblem nicht: Wenig Grip bei hohen Asphalttemperaturen und wenig Turning. Darunter versteht man die Rollphase in der Kurve. Also der Moment, wenn der Fahrer die Bremse komplett losgelassen hat, aber noch nicht am Gas ist, und Richtung machen will.
Nach Bulegas Dreifachsieg in Australien konnte Razgatlioglu beim Europa-Auftakt in Portimao zurückschlagen, auf einer seiner Vorzeigestrecken. Doch mit 0,067 und 0,055 sowie 0,195 sec Vorsprung auf den Italiener waren diese Triumphe hart erkämpft.
In Assen konnte Toprak Bulega nichts entgegensetzen. Dass er das Sprintrennen gewann, hatte er nur dem Ausfall des Ducati-Überfliegers zu verdanken. Die Positionen 4 und 8 in den beiden Hauptrennen waren eine herbe Niederlage für den zweifachen Champion.
Im ersten Cremona-Rennen rissen Toprak Razgatlioglu und Nicolo Bulega die enthusiastischen Fans im ersten Renndrittel von den Sitzen, doch nach zehn Runden war beim Türken die Luft raus. Innerhalb zwei Runden wuchs der Rückstand auf Bulega von 0,4 auf 1,3 sec, beim Fallen der Zielflagge nach 23 Runden waren es 2,835 sec.
«Durch die Regeländerung vier Wochen vor Saisonbeginn, was ich als sehr seltsam empfinde, hat sich alles verändert», betonte der BMW-Star gegenüber SPEEDWEEK.com. «Wir waren bereit für die Saison und hatten ein gutes Paket, dann kam die Regeländerung und alles war zerstört. Jetzt müssen wir ein anderes Chassis verwenden und ich habe mit dem Motorrad zu kämpfen. Okay, uns gelingen gute Resultate, aber ich muss in jeder Runde wie ein Tier Druck machen. Wenn ich halbwegs normal fahre, funktioniert das Bike nicht. Ich muss viel mehr Einsatz bringen als letztes Jahr. Weil ich gute Ergebnisse brauche und gewinnen will, fahre ich ununterbrochen am Limit. Das ist sehr schwierig für mich, es scheint aber unmöglich zu sein, etwas zu ändern. Sie müssen die Regeln ändern, ich brauche das andere Chassis.»
«Alles am Motorrad hängt mit dem Chassis zusammen», verdeutlichte der 61-fache Laufsieger. «Wir haben kein Turning und weniger Grip als alle anderen. Das Bike lässt sich auch nicht leicht verzögern. Von außen kann man das nicht nachvollziehen, aber auf dem Motorrad spürst du alles. In der ersten Kurve in Cremona habe ich so viel Chattering, dass ich mich die ganze Runde auf diese eine Kurve konzentrieren muss, ich kann mich beim Fahren dieses Jahr nie entspannen. Manchmal muss man das aber.»
Aktuell erlaubt die sehr komplizierte Balance-Regel in der Superbike-WM Honda und Yamaha ein Super-Concession-Chassis einzusetzen. Kawasaki schlug einen anderen Weg ein und entschied sich für Verbesserungen am Motor. Ducati und Bimota hingegen fahren mit dem homologierten Originalmotorrad, ebenso wie es BMW nach der Regeländerung tun muss.
Red-Bull-Werbeträger Razgatlioglu versucht, Motivation daraus zu ziehen: «Ich habe meinen Fahrstil verbessert. Das war schon so, als ich noch Yamaha fuhr. Dieses Bike war auf der Geraden sehr langsam und Ducati immer sehr stark, also musste ich mich steigern. Durch solche Umstände werde ich ein besserer Fahrer und lerne jedes Wochenende dazu.»