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100. Geburtstag von Dauer-Pechvogel Florian Camathias

Von Thorsten Horn
Florian Camathias 1959 mit Beifahrer Hilmar Cecco

Florian Camathias 1959 mit Beifahrer Hilmar Cecco

Einer der besten und erfolgreichsten Seitenwagen-Piloten ist Florian Camathias. Der Schweizer war vier Mal Vize-, doch nie Weltmeister. Heute vor 100 Jahren erblickte er das Licht der Welt.

Mit unter anderem acht Grand-Prix-Siegen war der Schweizer Seitenwagen-Pilot Florian Camathias in den 1950er- und 1960er-Jahren einer der besten und erfolgreichsten seiner Zunft. Bei damals nur fünf bis maximal sieben Grand Prix der Dreiräder pro Jahr war das schon eine Hausnummer.

Vier Mal wurde er Vize-Weltmeister, doch sein großes Ziel, der WM-Titel, blieb ihm versagt. Und das, obwohl er gleich viele WM-Rennen wie der zweifache Weltmeister Wilhelm Noll aus Deutschland gewann, einen mehr als Walter Schneider, sowie deutlich mehr als Friedrich Hillebrand und Willy Faust, allesamt ebenfalls Deutsche.

Schneider fuhr ebenfalls zwei Mal auf den Weltmeisterschafts-Olymp und Hillebrand sowie Faust zumindest einmal. Das war schon bitter für den Mann mit der markanten «Pennäler»-Brille und dem großen Kämpferherz.

Florian Camathias wurde am 23. März 1924 in Wittenbach in der Nähe von St. Gallen geboren, womit er ein echtes Sonntagskind war. Allerdings meinte es das Leben schon in seinen ganz jungen Jahren nicht gut mit ihm. Als er zwei Jahre alt war, verunglückte sein Vater bei einem Motorradunfall tödlich.

Das aber hielt den jungen Florian nicht davon ab, nach dem Zweiten Weltkrieg selbst in den Sattel zu steigen, erst auf Solo-Motorräder und später parallel dazu und schließlich nur noch bei Renn-Gespannen. Das war zu einer Zeit, als es in der Schweiz noch kein Verbot von Rundstreckenrennen gab. Als 23-Jähriger eröffnete er 1947 in der Nähe von Montreux zudem ein Motorrad-Geschäft als BMW-Vertragshändler mit Werkstatt.

1953 wechselte er komplett zum Seitenwagen-Rennsport und stieg 1955 mit seinem Angestellten Maurice Büla, dem späteren hochgeschätzten Grand-Prix-Reporter und -Statistiker, in die WM ein. Beim Saisonfinale im italienischen Monza kassierten sie als Vierte ihre ersten WM-Punkte, sodass sie in jenem Jahr in der Abschlusstabelle auf dem zwölften Endrang geführt werden.

Ein Jahr später gelang ihnen beim Ulster Grand Prix in Nordirland ihr erster Podestplatz sowie ein Sprung auf den fünften WM-Schlussrang. 1957 holte er sich Jules Galliker, mit dem er schon 1954 ein paar Rennen bestritten hatte, ins Boot zurück. Beim Saisonfinale fuhr er dann zusammen mit dem in Singen (Hohentwiel) geborenen und in der Schweiz lebenden Deutschen Hilmar Cecco, sodass dieser auch seinen Anteil an WM-Endrang drei hatte.

Mit ihm gelang Florian Camathias bei der Dutch TT 1958 in Assen der erste GP-Sieg, und am Saisonende stand für sie der Vize-Weltmeistertitel zu Buche. 1959 feierten sie zwei GP-Siege, in Hockenheim sowie erneut in Assen, und wurden trotzdem wieder «nur» Vize-Weltmeister.

Da Hilmar Cecco auch als Solo-Rennfahrer Ambitionen hatte, Camathias seinem Erfolg aber alles unterordnete, kam es vor dem Saisonbeginn 1960 zur Trennung. Mit dem Briten John Chisnell, dem Deutschen Horst Burkhardt und seinem Landsmann Gottfried Rüfenacht probierte er drei Beifahrer aus und wurde WM-Vierter.

Für das Rennjahr 1961 verbündeten sich Camathias und Cecco wieder, doch beim Frühjahrsrennen im italienischen Modena hatten sie einen schweren Unfall, an dessen Folgen der Beifahrer am 12. Mai im dortigen Krankenhaus im Alter von nur 24 Jahren verstarb. Camathias hatte zwar überlebt, fiel aber für den Rest der Saison aus.

1962 kam er zurück und konnte für sein Comeback wieder Burkhardt als Beifahrer gewinnen. Allerdings wurde dieser bei einem Dreher auf der Isle of Man aus dem Beiwagen geschleudert und verletzte sich dabei so schwer, dass dies dessen Karriere-Ende bedeutete. Für den Rest der Saison stieg der Brite Harry Winter bei Camathias ein. Mit unter anderem einem GP-Sieg im belgischen Spa-Francorchamps wurden sie schlussendlich Vize-Weltmeister.

Im darauffolgenden Jahr spannte er mit seinem Landsmann Alfred Herzig zusammen, doch erlebte Camathias erneut einen herben Rückschlag. Bei einem nicht zur WM zählenden Rennen auf der Berliner Avus hatten sie einen Unfall, infolgedessen Herzig ein Unterschenkel amputiert werden musste. Der neuerliche Silberrang in der WM war da nach den zwei GP-Siegen in Hockenheim sowie bei der Tourist Trophy auf der Isle of Man schon fix.

Auf Grund nachlassender Unterstützung durch BMW setzte Camathias 1964 auf ein Gilera-Triebwerk, doch kam es mit diesem zu allerlei technischen Defekten und Ausfällen, so dass er, nun mit Roland Föll als «Schmiermaxe», nicht über den siebten WM-Schlussrang hinauskam. Anfangs lief der Hobel, weshalb sich Camathias beim Saisonauftakt im Montjuic-Park in Barcelona seinen siebenten GP-Sieg holen konnte. Föll war ebenfalls Deutscher (aus Freiburg), der jedoch die meiste Zeit seines Lebens in der Schweiz wohnte und auch mit einer Schweizer Lizenz Seitenwagen-Rennen als Beifahrer sowie Solo-Rennen fuhr.

Seinen achten GP-Sieg ließ Florian Camathias 1965 im französischen Rouen folgen. Im Boot seiner BMW turnte sein Landsmann Franz Ducret. Es sollte sein letzter GP-Sieg gewesen sein. Nachdem sie die WM als Vierte abgeschlossen hatten, endete Florian Camathias’ Leben viel zu früh ebenfalls an einem Sonntag und zwar am 10. Oktober 1965. Bei einem der damals vielen Rennen neben der WM verunglückte er im britischen Brands Hatch so schwer, dass er aus dem Leben schied. Er wurde nur 41 Jahre alt.

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