Formel 1: Warnung an Max Verstappen

Der schwere Anfang der Gruppe C, Teil 4

Von Guido Quirmbach
Le Mans 1982

Le Mans 1982

Bei den 24 Stunden von Le Mans gab es das grösste Feld der Gruppe C bis dahin, aber auch die grösste Ernüchterung.

Wie in jedem Jahr, so waren die 24 Stunden von Le Mans auch 1982 das Highlight bei den Sportwagen. Und nach dem quantitativ eher dünnen Saisonbeginn gab es dann in Le Mans auch den Durchbruch der Gruppe C. Wenn auch mit Einschränkungen. Zwar waren in Le Mans vor 30 Jahren 29 Vertreter der neuen Formel am Start und stellten damit mehr als die Hälfte des 55 Wagen starken Feldes, doch manchen der Renner sollte man nur dort zu Gesicht bekommen.

Neu am Start waren unter anderem ein japanischer Dome mit Cosworth-Motor, ein von dem Engländer Alain De Cadenet weiterentwickelter Eigenbau sowie aus den USA ein nagelneuer Mirage M12 für Mario und Mike Andretti. Porsche-Kremer kam mit dem neuen CK5, ein wie der Joest-Porsche 936 C auf 936-Basis entwickelter Gruppe C, der sich aber dennoch von dem Joest-Modell optisch deutlich unterschied.

Ford setzte erstmals zwei C100 ein, für Klaus Niedzwiedz und Manfred Winkelhock sowie für Klaus Ludwig und Marc Surer. Porsche brachte gleich drei der neuen 956 an den Start,  für Jochen Mass und Vern Schuppan, Hurley Haywood und Al Holbert sowie Jackie Ickx und Derek Bell, die bereits in Silverstone beim Debüt des 956 am Steuer sassen. Lancia brachte nur zwei der Gruppe-6 LC1 nach Frankreich. Man fürchtete sich in Turin vor der Strecke in der Sarthe. Der kleine 1,4-Liter-Motor war zwar mehr als ausreichend auf «normalen» Rennstrecken, in Le Mans aber mit der beinahe 6 Kilometer langen Geraden fühlte man sich benachteiligt. Ansonsten waren alle bereits in der WM aktiven Teams in geplanter Sollstärke dabei. Die stärkste Streitmacht stellte Rondeau mit gleich fünf Autos. Allerdings waren auch zwei ältere, auf Gruppe-C-Reglement angepasste M379 mit dabei. Weiterhin sind auch einige der Cosworth-Teams auf den etwas schwächeren, aber dafür mit mehr Laufruhe gesegneten, 3,3-Liter-Motor umgestiegen. So fuhren beispielsweise die beiden SHS C6 unterschiedlich, das Spitzenauto von Stuck/Schlesser mit 3,3 Liter, Walter Brun fuhr den 3,9 Liter. Unterschied rund 20-30 PS.

In den Trainingssitzungen sicherten sich Jacky Ickx und Jochen Mass die erste Startreihe für die neuen Porsche 956. Mit 3.28.40 min war der Belgier allerdings nur eine Sekunde schneller als im Vorjahr mit dem Typ 936. Allerdings verzichtete man bei Porsche vollends auf den Einsatz von Qualifikationsreifen.  Bob Wollek fuhr mit dem Joest-936 auf Rang 3 vor dem schnellsten Lancia. Mit 3.32.50 min stellte Klaus Ludwig den besten Ford C100 in die dritte Reihe, während der dritte 956 während des gesamten Trainings Bremsprobleme hatte und sich nur für Rang 14 qualifizierte.

Die grösste Dramatik in Le Mans 1982 gab es rund eine halbe Stunde vor dem Start. Dann erschien nämlich ein Funktionär des veranstaltenden ACO und erteilte dem auf Rang 9 stehenden Mirage der Familie Andretti Startverbot. Die Position der Ölkühler entspreche nicht dem Reglement. Der Einwand, dass das Auto durch die technische Abnahme gekommen sei, wurde vom ACO als menschlicher Fehler abgewiesen, das Startverbot bleibt bestehen. Eine grosse Enttäuschung für das Projekt sowie Mario und Mike Andretti. Der Mirage wurde weggeschoben und tauchte danach nur noch zweimal bei kleineren Rennen in den USA auf.

Mirage-Technik-Chef John Horsman nahm die Schuld für die falsch positionierten Ölkühler später auf sich. Dieser Regelpunkt wurde im April 1982 nach dem ersten Rennen präzisiert, wäre das Team in Europa stationiert gewesen, wäre es wohl gleich aufgefallen, da man aber damals noch mit dem Rollout des noch nicht fertigen Mirage beschäftigt war, ging es in den USA einfach unter.

Die Geschichte des Rennens von Le Mans 1982 ist schnell erzählt. Die Porsche 956 fuhren an der Spitze und gaben diese lediglich in den ersten vier Stunden bei den Tankstopps ab. Deshalb tauchte in der offiziellen Ergebnisstatistik auch mal ein Ford C100 als Spitzenreiter auf, von denen zumindest einer eine problemlose Anfangsphase hatte, bevor auch dort die Schwierigkeiten begannen. Lancia spielte in Le Mans gar keine Rolle. Bereits in den ersten zehn Minuten strandeten beide auf der Strecke, und eine Tour der Leiden begann, die für Alboreto/Fabi/Stommelen in der Nacht und für Ghinzani/Heyer/Patrese am frühen Morgen beendet war. Beide C100 fielen noch vor der Dunkelheit wegen Elektrikproblemen aus, wobei die Piloten nicht unbedingt unglücklich darüber waren, zu abenteuerlich war das Fahrverhalten besonders auf der langen Geraden. Der Kremer CK5 hatte bereits in der Anfangsphase einen Unfall und später einen Motorschaden, während der Joest-936 mit den Gebrüdern Martin und Bob Wollek lange reibungslos lief, bevor am Sonntagmorgen Motorprobleme auftauchten. Knapp 2 Stunden vor dem Ende rollte Wollek an dritter Stelle liegend mit Motorschaden aus, ein Schaden, der nach Ansicht von Jean-Michele Martin vermeidbar gewesen wäre, wenn Wollek den Motor am Ende schonender behandelt hätte. Doch der in Le Mans glücklose Elsässer wollte sich wohl nicht mit einem erneuten Treppchen, ohne zu gewinnen, zufrieden geben.

So blieben die Porsche 956 unter sich. Im März drehte der Testträger 956 001 die ersten Runden, danach gab es drei Testtage in Paul Ricard, einen Ausdauer-Test auf der Weissacher Rüttelstrecke, einen weiteren Test in Paul Ricard und das Testrennen in Silverstone.  Alle drei Werkswagen für Le Mans waren brandneu, erst am Wochenende zuvor gab es das Rollout in Weissach, nachdem es noch eine Änderung gab, drehte Derek Bell noch am Montag vor dem Rennen letzte Runden auf der Teststrecke.

Der Dreifach-Sieg der 956 von 1982 wird gerne als die totale Porsche-Dominanz dargestellt. Bei genauerer Betrachtung allerdings war Porsche vor allem so gut, weil die Konkurrenz so schlecht war. Alle drei Werkswagen hatten im Rennen ihre Probleme. Der Siegerwagen von Ickx/Bell verlor insgesamt rund 8 Minuten wegen Arbeiten an der Einspritzung. Bei der  Nummer 2 von Mass/Schuppan musste unter anderem die Kupplung und ebenfalls die Einspritzung nachjustiert werden, dazu geriet man bei der Aufholjagd in Probleme mit dem Verbrauch. Und bei der Nummer 3, dem am Ende drittplatzierten 956, machte mit Hurley Haywood erst ein Fahrer schlapp, der aber von Reservefahrer Jürgen Barth mehr als würdig vertreten wurde, der sich mit Al Holbert den Löwenanteil am Steuer teilte. Doch dieser verlor u. a. durch eine davongeflogene Tür und einen Aufhängungsschaden insgesamt mehr als eine Stunde an der Box. Dass es dennoch gar zu einem Fünffach-Sieg für Porsche (auf Rang 4 und 5 lange noch alte 935) reichte, wirft kein gutes Licht auf die Wettbewerber. Es zeigt aber auch, um welche Welten die Weissacher damals besser waren als der Rest im Feld. 

Laut Derek Bell war das Renntempo des 956 in Le Mans 1982 rund 10–15 Sekunden von seiner möglichen Pace entfernt. Am Ende hatte man noch Sprit für etwa 20 Minuten oder rund 5 Runden übrig. Bei mehr Druck hätte es also durchaus eng werden können. Doch so machte Porsche nur so viel wie nötig. Neben den drei 956 kamen mit einem Aston Martin auf Rang 7 (42 Runden Rückstand) und zwei Rondeau auf den Rangen 10 und 15 nur noch drei weitere von den gestarteten 28 Gruppe-C-Boliden ins Ziel. Bell brachte es in englischen Medien auf den Punkt: «Ein sehr gutes Ergebnis für Porsche, aber insgesamt sehr schlecht für die Gruppe C!»

Es sollte 1982 nicht mehr besser werden. Der Porsche 956 blieb bei allen weiteren Einsätzen des Jahres ungeschlagen. Ein Schock, von dem sich die Gruppe C lange nicht erholen sollte. Doch darüber und über die zweite Saisonhälfte 1982 mehr im nächsten Teil.  

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