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Famoser Peter Hickman hat der TT alles zu verdanken

Von Ivo Schützbach
Der Engländer Peter Hickman erzählt im Exklusiv-Interview von SPEEDWEEK.com, wie er zum Road-Racing kam und mit der Tatsache umgeht, dass Fahrfehler tödlich enden können.

Peter Hickman gehört zu den Wenigen, die bei allen großen Straßenrennen gewonnen haben: 13 Mal die Tourist Trophy auf der Insel Man, 13 Mal den Ulster GP (allein 2019 sieben Siege an einem Wochenende), zweimal das North West 200 und dreimal den Macau Grand Prix.

Außerdem hält Hickman die Rundenrekorde bei der TT, dem NW200 sowie dem Ulster GP und ist mit 219,539 km/h Schnitt (Rekord des Ulster Grand Prix) der schnellste Road-Racer der Welt.

«Hicky» zählt zur neuen Generation der Road-Racer: Er kommt von der Rundstrecke und gehört in der Britischen Meisterschaft seit vielen Jahren zu den Top-10. Er fuhr elf Rennen in der Superbike-WM, in Donington Park glänzte er 2012 als Neunter auf Suzuki, 2019 gelang ihm auf BMW sogar ein siebter Platz. Auch in der Endurance-WM mischte er schon mit.

Er räumt auch gleich mit der weitverbreiteten Meinung auf, dass Road-Racer wegen der nicht vorhandenen Sturzräume mit Sicherheitsmarge fahren. «Ich fahre mit 100 Prozent, nicht mit 95 oder 97», betonte Hickman im Vier-Augen-Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Wenn du gewinnen willst, musst du 100 Prozent geben. Die 100 Prozent auf der Straße sind aber anders als 100 Prozent auf der Rundstrecke. Weil die Natur der Rennstrecke eine andere ist. Ich versuche das mal zu beschreiben. Ein Rennfahrer hat nie die Gefahr im Hinterkopf. Ich denke nie, dass es hier oder dort gefährlich ist. Wenn ich fahre, denke ich daran, in welchem Gang ich bin, welche Linie ich wähle, wie viel Gas ich gebe, wo meine Bremspunkte sind und mit welcher Geschwindigkeit ich die Kurve fahren will.»

«Auf der Rundstrecke fährst du ununterbrochen am Limit», ergänzte der 36-Jährige. «Ein Rennen geht gute 30 Minuten und die Kurven sind viel kleiner. Du hast also weniger Zeit, um auf kurzer Strecke Zeit herauszuholen. Bei der TT sind die Kurven sehr groß, offen und lang, anschließend kommt eine lange Gerade. Wenn du auf der Rundstrecke in eine Haarnadelkurve gehst, auf welche eine Gerade folgt, dann ist es besser, Zeit am Kurveneingang zu verlieren und dafür den -ausgang gut hinzubekommen, weil das zeitlich mehr bringt. Bei der TT sind 99 Prozent der Kurven so, dass sie offen und schnell sind. Es ist besser, etwas früher zu bremsen, durch die Kurven zu fahre und den Ausgang gut hinzubekommen.»

Auf der Rundstrecke gehen sehr viele Stürze glimpflich aus, weil es meistens weiträumige Kiesbetten gibt. Im Road-Racing steht schlimmstenfalls direkt neben der Fahrbahn eine Mauer, immer wieder lassen Fahrer bei diesen Rennen ihr Leben.

Für Hickman ist die Lösung dieses Dilemmas einfach: «Mach keine Fehler. Hinzu kommt, dass du als Fahrer den schlimmsten Fall akzeptiert hast, bevor du den Helm aufsetzt. Wer das nicht akzeptiert, fährt keine Straßenrennen. Und wir haben alle akzeptiert, dass es uns nicht berührt. Wenn es passiert, dann passiert es. Ich habe auf der Rundstrecke begonnen und fahre bis heute in der BSB. Erst 2014 ging ich auf die Straße, einer der Gründe dafür war Geld. Ich hatte damals das Problem, dass ich kein gutes Motorrad fand und deshalb keine guten Ergebnisse erreichte. Und ich konnte das Geld nicht auftreiben, um auf ein gutes Bike zu kommen. Wenn ich nicht auf dem Motorrad saß, habe ich sieben Tage die Woche gearbeitet, um nicht annähernd so viel Geld zu verdienen, wie ich für einen guten Platz in der BSB gebraucht hätte. Damals war ich 27 Jahre alt und entschied mich, einen anderen Weg einzuschlagen, weil ich nicht das nötige Scheckbuch hatte. Road-Racing war eine Möglichkeit, um weiterhin Rennen zu fahren, ohne sehr viel Geld auszugeben. Die TT und das North West haben mich 5000 oder 10.000 Pfund gekostet, aber nicht 50.000 wie die BSB.»

«Ich hatte damals genug Erfahrung und war erwachsen genug, um nicht die dummen Fehler eines 18-Jährigen zu machen. Ich fuhr bereits seit zehn Jahren 1000-ccm-Maschinen und war zuversichtlich, dass ich bedacht und trotzdem schnell sein kann. Ich war dann der schnellste Neuling jemals bei der TT und dem North West. Mit einer Superstock-Maschine wurde ich Elfter bei der Senior-TT, dem Superbike-Rennen. Das war ziemlich gut und ich erhielt anschließend einen Superbike-Platz in der BSB, für den ich nicht bezahlen musste. Das war zwar ein kleines Team mit wenig Budget, das Motorrad war aber gut. So eine Option hatte ich nie zuvor in der BSB. Doch plötzlich war mein Name wegen der TT in aller Munde und alle fragten, wieso ich keinen Startplatz hätte. Als ich einen guten Platz hatte, gewann ich auf einmal ein Rennen. Das hatte einen Schneeballeffekt zur Folge und plötzlich war ich im BSB-Kawasaki-Werksteam. Innerhalb von zwei Jahren kam ich aus dem Nichts dorthin, die TT hat es mir ermöglicht, Türen zu öffnen. Die TT ist riesig. Sie ist keine Weltmeisterschaft mehr, aber man kennt sie auf der ganzen Welt – ob man sich für Motorradrennsport interessiert oder nicht.»


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