Int. ADAC-Bergrekord Freiburg-Schauinsland wird 100
Neben den Grand Prix-Wettbewerben und den Eifelrennen auf dem Nürburgring, sowie den Rennen auf der Berliner AVUS galt jahrzehntelang der ADAC-Bergrekord Freiburg-Schauinsland als wichtigstes deutsches Automobilsportereignis im internationalen Motorsportkalender.
Bereits im Jahr 1923 wurde vom Freiburger Motorsportclub ein kleines Schauinsland-Rennen ausgetragen. Wenig später kam aus der ADAC-Zentrale in München der Auftrag für das Jahr 1925 ein internationales Rennen auf der zwölf Kilometer langen Strecke auszurichten. Erst 1927, zwei Jahre später, fiel erstmals die Startflagge für ein Rennen auf dem Nürburgring. An den gleichen Wochenenden der ersten ausgetragenen Schauinsland-Rennen wurde nahegelegen zwischen Oberrimsingen und Breisach am Kaiserstuhl der «Kilometer-Rekord» ausgerichtet. Auf dem Geradeausstück fuhr mit 198,350 Kilometer pro Stunde im Jahre 1926 der Itaiiener Giuseppe Campari mit seinem Alfa Romeo die bis zum damaligen Zeitpunkt schnellste je erzielte Geschwindigkeit in Deutschland.
Die Schauinsland-Rennstrecke galt mit als einer der schönsten Europas auf der sich die besten Rennfahrer der Welt im Einzelwettkampf gegen die unbestechliche Uhr stellten. Größter Mut und Fahrkönnen waren von den Piloten im 172-Kurven-Labyrinth gefragt, welches sich über eine Höhendifferenz von 800 Metern schlängelte.
Das erste Rennen am Freiburger Hausberg wurde noch auf einem Wald- und Forstweg ausgefahren. Am Start waren damals bis ans Ende der 1960er Jahre neben Sport- und Rennwagen auch Motorräder. Der Mercedes-Pilot Christian Werner, im Jahr zuvor großer Triumphator bei der Targa Florio, gewann den ersten ADAC-Bergpreis, was er im folgenden Jahr gleich wiederholen konnte. Der Endersbacher steuerte seinen 2-Liter-Mercedes mit einer Zeit von 11.31,4 Minuten und einem Schnitt von 62,388 Kilometer pro Stunde zum ersten Sieg.
Kaum langsamer war der Münchner Eugen Bussinger mit seiner BMW 500 (11.55,6 Minuten) bei den Motorrädern. Im Jahre 1927 knabberte der Pforzheimer Adolf Rosenberger (Mercedes) an der Zehn-Minuten-Schallmauer. Die durchbrach dann ein Jahr später der Bugatti-Pilot Huldenreich Heuser (Schmalkalden) darauf mit einer Zeit von 9.44,2 Minuten.
Die von Ettore Bugatti im von Freiburg fast nachbarschaftlich gelegenen elsässischen Molsheim gebauten Konstruktionen lagen gleichfalls in 1929 und -30 mit dem Berner Hans Stuber sowie dem Berliner Heinrich von Morgen am Volant vorne..
Rennfahrerlegende Rudolf Caracciola gewann im 7,1 Liter-Mercedes SSK die 1931-Auflage und knackte dabei die Neun-Minuten-Grenze. Im Jahr darauf wiederholte der Remagener den Erfolg, allerdings auf seinem privaten Alfa Romeo, da wegen der großen Wirtschaftskrise Mercedes-Benz seinem treuen Stammfahrer kein Werksmaterial zur Verfügung stellen konnte.
Das Schauinsland-Rennen war dann mit der Ära der Silberpfeile auch ein Bestandteil einer der faszinierendsten Epochen des Automobilrennsports. Große Rennfahrerhelden jener Zeit schrieben sich in die Liste der Sieger ein.
Mit dem mächtigen von Professor Ferdinand Porsche konstruierten Auto Union-Rennwagen siegte «Lokalmatador» Hans Stuck 1934 und -35 am 1284 Meter hohen Schwarzwaldberg. Der Vater von «Strieze»“ Hans-Joachim Stuck wuchs nahe Freiburg in Waldkrich auf, wo die Familie eine Tuch- und Stoffabrik besaß. Den Ehrentitel «Bergkönig» erwarb sich der viermalige Grand Prix-Sieger durch seine Siege bei den Bergrennen, nicht zuletzt am Schauinsland. Der Shooting Star und Publikumsliebling Bernd Rosemeyer triumphierte 1936 und durchbrach mit 7.59,3 Minuten eine weitere Schallmauer, die 20 Jahre Bestand haben sollte. Für Auto Union konnte Stuck ein vierten Sieg in Folge 1937 erringen.
Nach der langen kriegsbedingten Zwangspause knüpfte Hans Stuck in 1949 gleich an seine alte Form an und gewann im EBS-Westenried-Maserati. Der später sehr erfolgreiche Verleger Paul Pietsch aus Titisee-Neustadt siegte 1950 im Maserati bei seinem Heimspiel. Parallel gewann bei den ersten Nachkriegsrennen Motorradlegende Georg Meier (München) auf seiner 500er-Kompressor-BMW.
Nachdem der Brite Kenneth Warthon auf ERA im Jahre 1951 siegen konnte, holte sich 1953 mit Hans Herrmann erstmals ein Porsche den Gesamtsieg. Der erste Porsche-Le Mans-Sieger läutete damit eine lange erfolgreiche Epoche für die Zuffenhausener Marke am Schauinsland ein.
Gleich vier Mal konnte der Stuttgarter Edgar Barth in den Jahren 1957,- 59, -63 und -65 in den flinken kleinen Porsche-Silberfischen gewinnen. In 1963 fuhr mit ihm erstmals ein Fahrer mit einem Stundenschnitt von über 100 Kilometern zum Sieg.
Der spätere Vorsitzende der Grand Prix-Driver-Association Joakim Bonnier (Schweden) siegte 1959 auf einem Borgward. Wiederum auf einem Porsche erfolgreich war Heini Walter aus Aesch bei Basel, der 1960 siegte. Nach zehn Jahren Unterbrechung siegte mit Gerhard Mitter im Formel Junior Lotus-DKW wieder ein Monopostofahrer.
Im Jahr darauf holte der Mailänder Lodovico Scarfiotti den Siegerpokal nach Maranello, wobei der auch in Freiburg sehr populäre Ferrari-Werksfahrer mit 6.47,7 Minuten die Sieben-Minuten-Mauer durchbrach.
Während der ADAC-Bergrekord schon vor dem Zweiten Weltkrieg zur Berg-Europameisterschaft zählte und von der damaligen Weltmotorsportbehörde FISA bis in die 1980er Jahre weiterhin mit dem EM-Prädikat versehen wurde, erhielt das Rennen in 1963 und -65 sogar den Weltmeisterschaftstatus. Im Rahmen der GT-Markenweltmeisterschaft zählten die Punkte beim badischen Rennen genau so wie bei den Sportwagenklassikern Targa Florio und Le Mans.
Die Auseinandersetzung um den WM-Titel wurde zwischen den Ferrari GTOs und den Shelby Cobras ausgefochten. Nochmals konnte Lodovico Scarfiotti im Ferrari Dino 1965 die Porsche-Dominanz brechen, die von Gerhard Mitter in den Jahren 1966 bis 68 mit einem Hattrick fortgesetzt werden konnte. Mit seiner Fahrt von 1967 mit 5.49,33 Minuten war dem Leonberger der Durchbruch der Sechs-Minuten-Mauer gelungen.
Der spätere Ferrari-Rennleiter Dr. Peter Schetty (Basel) siegte in der 69er-Auflage mit seinem Werks-Ferrari 212-E-Zwölfzylinder. Im Folgejahr 1970 trug sich die damalige deutsche Grand Prix-Hoffnung Rolf Stommelen (F2-Brabham) in die Siegerliste ein.
Während bis in die frühen 1970er Jahre die Bergrennen durchaus die Popularität von Rundstreckenrennen genoss, wurden diese von den Automoiblherstellern und Rennfahrern dann nicht mehr so hoch eingeschätzt. Die Kommerzialisierung und das beginnende TV-Zeitalter, aber auch die Gefahr an gefährlichen Felswand- und Waldpassagen sowie tiefen Abgründen entlang zu auszufahren, führte dazu, dass nur mehr ambitionierte Amateurennfahrer den Bergrennsport betrieben. Trotzdem pilgerten in den 1970er Jahren weiterhin bis zu 50000 Zuschauer an die Holzschlägermatte und andere Streckenabschnitte.
Die 1970er Jahre wurden vor allem durch Schweizer Piloten geprägt. Es siegten Xavier Perrot, Fredy Amweg und Markus Hotz (gleich drei Mal) mit ihren F2-March-Rennwagen. Auf einem F2-Ralt gewann Lokalmatador Mario Ketterer in 1979 mit dem nun ewig bestehenden Streckenrekord von 5.01,21 Minuten. Peter Stürz (F2-March) fuhr 1982 die Tagesbestzeit. In 1984 wurde auf einer auf 8,4 Kilometer verkürzten Strecke gefahren und vom Vorarlberger Walter Pedrazza (F2-March) gewonnen.
Unvergleichlich gestalteten sich damals die großen feierlichen abendlichen Siegerehrungen auf dem Freiburger Münsterplatz. Diese machten auch bewusst, dass der ADAC-Bergrekord Freiburg-Schauinsland viele Jahre zum Nabel der Motorsportwelt gehörte. Das Schauinsland-Rennen stand fast ein Dreivierteljahrhundert lang nicht nur für faszinierenden Motorsport, sondern stellte auch einen wichtigen Teil der Sport- und Kulturgeschichte in Freiburg und Südbaden dar.
Nachdem 1985 noch ein Motorradrennen ausgetragen wurde, gab es keine weiteren Austragungen mehr. Wegen dem Thema «Waldsterben» gab es keine genügend große gesellschaftliche und politische Akzeptanz mehr für die Fortführung des Kultrennens.
An diesem Wochenende wird das 100-Jahre-Jubiläum mit einer Doppelveranstaltung begangen. Es wird die mittlerweile auch schon traditionelle Schauinsland-Klassik-Rallye (1./2. August) ausgefahren. Die mehrmalige Durchfahrt der Schauinsland-Strecke bei der sportlich-flotten Fahrt durch den Südschwarzwald stellt eine würdige Hommage an die alten Rennen dar. Mit am Start ist dann etwa auch Prinz Leopold von Bayern - eigentlich ein Badener, denn in Umkirch bei Freiburg geboren - und selbst schon in den «Roaring Sixites» im Mini Cooper bei seinem quasi Heimspiel dabei.
Am. 2./3. August wird zudem eine große Rennwagenausstellung in den Freiburger Messehallen ausgerichtet werden. Über 100 Rennfahrzeuge, auch aus Werksfundus, mit Bezug zum Schauinsland-Rennen, werden gezeigt. Viele ehemalige Rennfahrer geben sich ein Stelldichein, wie etwa «Siegertypen» mit Mario Ketterer und Markus Hotz, und werden in Talkrunden über die guten alten Rennzeiten plaudern.