Die alljährliche Zitterpartie

Kolumne von Oliver Runschke
Die GT1-WM steht etwas im Regen

Die GT1-WM steht etwas im Regen

Die Aussichten für die kommende Saison der GT1-Weltmeisterschaft sind derzeit etwas trübe.

Es ist mittlerweile eine zweifelhafte Wintertradition geworden, die sich von der seligen FIA GT-Meisterschaft hinüber in die GT1-WM gerettet hat: Das ewig wiederkehrende Rätselraten in der «silly season» über die nächste Saison. Jedes Jahr hat es WM-Promotor Stéphane Ratel allen Unkenrufen zum trotz dennoch geschafft, ein mehr oder weniger passables Feld auf die Beine zu stellen. Der Franzose ist ein Meister darin, kurz vor Toresschluss neue Teilnehmer aus dem Hut zu Zaubern. Der Hut dürfte allerdings in diesem Jahr ziemlich leer sein, denn selbst hinter den Kulissen kocht die Gerüchteküche nur auf Sparflamme. Der Saisonstart steht bereits in zehn Wochen an. Kurzentschlossene Neueinsteiger dürften in dieser Zeit kaum Autos aufbauen, testen und am «Balance of Performance» Test in Frankreich der ersten Märzwoche teilnehmen.

Eigentlich sollte 2012 alles anders und sowieso viel besser werden. Das im April vorgestellte «es-darf-alles-fahren-was-ein-GT-ist» Konzept hat sich mittlerweile auf ein reines GT3-Konzept reduziert. Keine schlechte Idee, boomt die GT3-Klasse doch allerorten. Zur grossen Überraschung trägt aber auch der GT3-Umschwung nicht zur Vitalisierung der WM bei. Die Idee, nur ein Teams je Marke zuzulassen und die Verbannung des GT1-Alteisens erweist sich jetzt als Bumerang.

Zehn Wochen vor dem Auftakt am Osterwochenende in Nogaro ist die Situation besorgniserregend. Bisher haben sich mit Hexis (McLaren), WRT (Audi), Vita4One (BMW) und all-inkl.com (Mercedes-AMG) erst vier Teams mit acht Fahrzeugen offiziell zur WM bekannt.

Bei allen anderen gilt: Was nicht bestätigt, ist höchst unsicher. AF Corse-Boss Amato Ferrari hat einen WM-Einsatz mit Ferrari nicht nur bereits im Dezember abgesagt, sondern auch gleich pauschal sein Desinteresse an der gesamten Meisterschaft geäussert. Ein anderes Ferrari-Team ist nicht in Sicht.

Young Driver AMR beobachtet die Situation, sondiert Alternativen, und lauert, wer sonst noch in der WM mitspielt.

Eine Rückkehr der Weltmeistertruppe von JRM ist höchst unwahrscheinlich, nachdem sich die Briten auf das LMP1-Projekt mit Honda konzentrieren. Zum einem fließt kein Nissan-Geld mehr aus Japan, zum anderem ist die japanisch-britische Allianz höchst verschnupft darüber, das der über den letzten Winter mit erheblichen Aufwand weiterentwickelte GT1-GT-R nicht doch noch eine weitere Saison rennen darf. Das ein Kundenteam zwei Nissan kauft und einsetzt ist noch unwahrscheinlicher.

Die Gerüchte um eine Kopperation von Alpina mit Charouz kann man als selbige abtun, aus einem Gespräch im Dezember hat sich nicht mehr entwickelt.

Weitere Marken kommen momentan für eine WM-Teilnahme nicht in Frage. Corvette-GT3-Tuner Callaway würde gerne, doch die Heilbronner haben für WM-Ausflüge kein Budget und bräuchten dazu ein Einsatzteam.

Die mittlerweile arg betagten Ford GT sind seit Jahr und Tag nicht mehr weiterentwickelt worden und nach dem Matech-Niedergang scheint auch die Frage weiter nebulös, wer an die US-Flundern überhaupt Hand anlegen darf. Porsche steht ohnehin mit der BOP auf Kriegsfuss. Am wahrscheinlichsten wäre noch die Ergänzung von Lamborghini. Hans Reiter plant aber nach wie vor derzeit kein eigenes WM-Projekt und wiederkehrende Gerüchte um französische Lamborghini-Teams haben bisher nichts Handfestes ergeben.

Ratel gehen so langsam aber sicher die Optionen aus.

Doch nicht nur bei den Teilnehmern gibt es mehr Fragen als Antworten. Ein Ersatz für den bisherigen Reifenpartner Michelin ist noch nicht gefunden. Die Bestätigung eines zehnten Rennens lässt weiter auf sich warten. Wer davon träumt, dass dies in Deutschland stattfinden könnte, dem sei gesagt, dass sich zwischen Flensburg und Garmisch bisher kein Veranstalter gefunden hat, der das finanzielle Risiko eines WM-Laufes tragen möchte. Der Kalender, den nicht wenige mit Austragungsorten wie Nogaro und Navarra gelinde gesagt für eine Katastrophe halten, trägt auch nicht dazu bei das GT1-Schlamassel zu verringern.

Die angedachte Notlösung, die GT1-WM bei den Europarennen in einem Feld mit der GT3-EM laufen zu lassen, wird momentan immer wahrscheinlicher. Damit tut sich allerdings keine der beiden Meisterschaften keinen Gefallen. Wenn die FIA es überhaupt als sinnvoll erachtet eine GT1-WM mit acht oder zehn Fahrzeugen auszuschreiben.

Einzig die Parole, die man in den letzten Wochen häufig aus dem GT1-Lager hört, versprüht überschaubaren Optimismus: «Ratel hat es in Vergangenheit immer irgendwie hingebogen, er bekommt es auch diesmal hin».

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