Freude für Fans und Fahrer: 2017 fliegen die Fetzen

Von Mathias Brunner
Kimi Räikkönen gegen Nico Rosberg in Malaysia

Kimi Räikkönen gegen Nico Rosberg in Malaysia

​Viele Grand-Prix-Freunde hatten die Nasen gestrichen voll von zu häufigen Strafen, viel davon kleinlich und schwer nachvollziehbar. Im 2017er Reglement ist etwas verankert, das Fans und Fahrer freuen wird.

Seit Jahren regen sich die Formel-1-Fans auf: Was die Rennkommissare da teilweise als Strafen aussprachen, das war schwer verdaulich. Die drei FIA-Gesandten plus ein Fahrervertreter (wie Nigel Mansell, Tom Kristensen oder Alan Jones) zeigten hin und wieder weder Augenmass noch Konstanz. Seit Jahren haben frühere Racer wie Stefan Johansson gefordert: «Wir brauchen immer die gleichen Rennkommissare, dann wären auch die Urteile einheitlicher.»

Unter den Piloten haben die komplett unterschiedlich ausgelegten Regeln der Pistenetikette zu Verunsicherung geführt: Was ist denn jetzt noch erlaubt, was ist verboten?

So mancher Piloten wird sich einen Angriff zwei Mal überlegt haben, immer mit dem nagenden Gedanken, dass bei Gegenwehr des Widersachers eine Kollision droht und anschliessend eine Strafe. Also wurde eben auf die Attacke verzichtet. Der Attraktivität des Sports ist das hinderlich.

Heute 24. Januar hat der Automobilverband FIA das Sportliche Reglement für die Saison 2017 veröffentlicht. Dabei ist schwarz auf weiss festgehalten, was dem Wunsch von Fans und Fahrern entspricht – die Piloten sollen wieder an einer längeren Leine geführt werden. Nicht jeder Stubser mit dem Auto ist ein hässliches Foul. Künftig sollen durchaus wieder mal die Fetzen fliegen dürfen, ohne dass es gleich Strafen hagelt. Ein gutes Beispiel dafür, wie es eben genau nicht gemacht werden sollte: Als sich der spätere Weltmeister Nico Rosberg im Malaysia-GP an Kimi Räikkönen vorbeipresste. Grenzwertig, gewiss, aber einer Strafe würdig? Es hagelte Kommentare in den sozialen Netzwerken über die angeblichen Weicheier in der Formel 1, die nicht mal tüchtig kämpfen dürfen.

Die FIA hat reagiert: Die Rennkommissare sollen nur noch dann einschreiten, wenn ein offensichtliches Vergehen vorliegt, bei dem ein Pilot benachteiligt oder gar gefährdet wurde.

In Artikel 38.2) des sportlichen Reglements heisst es neu: «Es obliegt der Einschätzung der Rennkommissare, ob ein Fahrer bestraft werden soll, der in einen Zwischenfall verwickelt worden ist. So lange es für die Rennkommissare nicht klar ist, dass ein Pilot komplett oder im überwiegenden Masse für einen Zwischenfall verantwortlich zu machen ist, sollte keine Strafe ausgesprochen werden.»

FIA: Sebastian Vettel als Pistenschurke

Zur Saison 2014 hin führte der Autoverband FIA in der Formel 1 ein neues Strafpunktesystem ein: Maximal elf Punkte darf sich ein GP-Pilot in einem Zeitraum von zwölf Monaten (also über eine Saison hinaus) leisten. Wer sich mehr zuschulden kommen lässt, der kommt gewissermassen auf die Strafbank und muss einen Grand Prix lang zuschauen.

Bislang ist eine solche Sperre unter dem gegenwärtigen Strafpunktesystem aber nie ausgesprochen worden.

Der letzte Fahrer, der eine vergleichbare Bestrafung erhielt, war Romain Grosjean – nach dem Auslösen der Startkollision von Belgien 2012. In Monza fuhr damals Lotus-Testfahrer Jérôme d’Ambrosio anstelle des Genfers.

Im ganzen Trubel um das WM-Finale von Abu Dhabi ging ein wenig unter, wo wir eigentlich in Sachen Strafen stehen. Ein Blick in die Tabelle zeigt: Toro-Rosso-Fahrer Daniil Kvyat ist gegenwärtig der böseste Bube, der Russe kommt auf acht Punkte. Will heissen: Bei den Rennen von Australien, China, Bahrain und Russland 2017 kann er sich nur noch drei Knöllchen leisten, sonst wird’s kritisch.

Ebenfalls Stammgast bei den Rennkommissaren: der Mexikaner Esteban Gutiérrez (7 Punkte), gefolgt von, wir staunen, den beiden Deutschen Sebastian Vettel und Nico Rosberg mit je sechs Strafpunkten. Bei Nico spielt das für 2017 wegen seines Rücktritts keine Rolle mehr, bei Vettel schon.

Die Sünder 2016

Daniil Kvyat: 8 Strafpunkte
(Auslösen von Kollisionen in Russland, Monaco und Texas, Pistenabkürzen in Mexiko)

Esteban Gutiérrez: 7
(Auslösen einer Kollision in Russland, Ignorieren blauer Flaggen in Ungarn, Blockieren eines Gegners in Belgien)

Sebastian Vettel: 6
(Abdrängen eines Gegners in England, Auslöser einer Kollision in Malaysia, gefährliche Fahrweise in Mexiko)

Nico Rosberg: 6
(Auslöser einer Kollision in Österreich, Abdrängen eines Gegners in Deutschland, Auslöser einer Kollision in Malaysia)

Carlos Sainz: 5
(Abdrängen eines Gegners in Russland, Blockieren eines Gegners in Deutschland, Abdrängen eines Gegners in Mexiko)

Kevin Magnussen: 4
(Auslöser einer Kollision in Spanien, Pistenabkürzen in Texas)

Esteban Ocon: 4
(Überholen hinterm Safety-Car in Singapur, Blockieren eines Gegners in Brasilien)

Valtteri Bottas: 4
(Auslöser einer Kollision in Bahrain und Monaco)

Pascal Wehrlein: 4
(Zu langsames Fahren in der virtuellen Safety-Car-Phase in Monaco, Ignorieren blauer Flaggen in Monaco)

Sergio Pérez: 3
(Kein angemessenes Verlangsamen bei gelber Flagge in Singapur)

Kimi Räikkönen 2
(Linie überfahren bei der Boxeneinfahrt in Baku)

Marcus Ericsson: 2
(Auslöser einer Kollision in Monaco)

Felipe Nasr: 2
(Auslöser einer Kollision in Monza)

Felipe Massa: 2
(Überholen hinter dem Safety-Car in Brasilien)

Nico Hülkenberg: 2
(Unnötig langsames Fahren in der Boxeneinfahrt in China)

Jolyon Palmer: 2
(Auslöser einer Kollision in Abu Dhabi)

Rio Haryanto: 2
(Kollision mit einem Gegner in der Boxengasse in Australien)

Max Verstappen: 1
(Pistenabkürzen in Mexiko)

2017er Fahrer, die derzeit straffrei sind:
Romain Grosjean
Stoffel Vandoorne (2016 nur ein GP)
Fernando Alonso
Lewis Hamilton
Daniel Ricciardo
Lance Stroll (GP-Debütant 2017)

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