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Toto Wolff, Mercedes: Knallharte Analyse der Formel 1

Von Mathias Brunner
Toto Wolff im Rennwagenwerk von Brackley

Toto Wolff im Rennwagenwerk von Brackley

​Bernie Ecclestone ist als Baumeister und Machthaber der Formel 1 aufs Abstellgleis bugsiert. Eine neue Ära hat für den Grand-Prix-Sport begonnen. So schätzt Mercedes-Rennchef Toto Wolff die Lage ein.

Das dominierende Formel-1-Thema dieser Woche: Der Sport hat eine neue Führung, die Ära Bernie Ecclestone ist damit zu Ende. Nach der Bekanntgabe der ganzen Veränderungen ist es Zeit für eine knallharte Standortbestimmung mit Mercedes-Benz-Rennchef Toto Wolff.

Der Wiener sagt eingangs: «Zunächst müssen wir Bernie Respekt zollen. Es ist phantastisch, dass jemand vierzig Jahre lang die Geschicke eines Sports lenken kann. Ecclestone erkannte in der Formel 1 das Potenzial, um zu dem zu werden, was sie heute ist. Er hatte eine Vision und baute ein Imperium auf. Er hat einen grossartigen Geschäftssinn.»

«Aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass ich ohne Bernie nicht in der Formel 1 wäre. Er hat mich damals bei Williams unterstützt, und auch wenn wir bei Mercedes einige Aufs und Abs hatten, blieb er stets sehr freundschaftlich. Wir hatten eine gute Beziehung – obwohl wir auf Geschäftsebene auch mal anderer Meinung waren. Aber so sollte es auch sein.»

«Wenn du so lange an der Spitze eines Unternehmens stehst, wie das bei Bernie der Fall gewesen ist, dann ist klar, dass es nach deinem Bild geformt wird. Er hatte die tolle Fähigkeit, immer da zu sein. Wenn es ein Feuer zu löschen galt, das er vielleicht sogar selber entzündet hatte, dann erstickte er es rasch. Mit den neuen Besitzern geht es nun in eine neue Richtung. Das wird anders sein als in der Vergangenheit. Jetzt müssen wir diese Gelegenheit beim Schopfe packen.»

«Wenn man sich die Erfolgsbilanz von Chase Carey und seinen Kollegen anschaut, sagt das alles. Sie haben Experten für TV-Rechte, für die amerikanischen Sportarten und für die Formel 1, um die Lücke Ecclestone zu schliessen. Sie haben das Richtige getan und Fachleute für verschiedene Bereiche geholt. Ross Brawn ist seit Ewigkeiten in der Formel 1 und hat den Sport auch aus Sicht der Teams erlebt. Er wird ihnen den richtigen Weg weisen, um den Sport gemeinsam mit den Rennställen und der FIA in die richtige Richtung zu führen. Dabei gilt es, den Werten treu zu bleiben, aber ebenso zu beurteilen, was gut funktioniert und in welchen Bereichen wir uns gemeinsam weiterentwickeln müssen.»

«Wir müssen anerkennen, dass die Formel 1 ein technischer Sport ist – sie wird also immer polarisieren. Es wird Menschen geben, die sie hassen, und andere, die sie lieben. Das ist okay. Aber eines ist sicher: Wir sollten aus ihr keinen Beta-Test machen. Wir sollten nicht mit unseren loyalen Fans und Zuschauern spielen, indem wir Regeln einführen, die wir nicht genau durchdacht haben. Wir sollten Daten aus einem wissenschaftlichen Ansatz verwenden und sehen, was in anderen Sportarten und auf übrigen Unterhaltungsplattformen funktioniert und das dann mit den vorhandenen Stärken und Werten der Formel 1 verbinden.»

«Wenn man bedenkt, dass wir uns als Team in den vergangenen Saisons gut geschlagen haben, so haben sich die Zuschauerzahlen auf positive Art und Weise entwickelt. Bei den letzten Rennen hatten wir in einigen TV-Märkten Rekordzuschauerzahlen. Es wurde viel darüber gesprochen, dass es der Formel 1 nicht gut gehen würde. Tatsächlich jedoch schlagen wir uns ziemlich gut, vor allem wenn man bedenkt, dass sich der Markt stark verändert hat. Ich bezweifle, dass die jüngere Generation am Sonntagnachmittag um 14.00 Uhr einen herkömmlichen Fernseher einschaltet. Sie erwarten, dass sie Formel 1 auf ihrem Mobilgerät oder via Social Media verfolgen können. Nichtsdestotrotz sind unsere Zuschauerzahlen ziemlich stark.»

«Wir dürfen den Sport nicht schlechtreden, da es ihm nicht schlecht geht. Es gibt Wege, um Dinge zu optimieren, und es gibt Bereiche, in denen wir nicht allzu viel getan haben – zum Beispiel auf dem digitalen Markt und im Bereich der sozialen Netzwerke. Aber wir müssen diese Bereiche erst verstehen lernen.»

«Social Media sind ein wichtiges Marketing-Werkzeug, um mit unseren Zuschauern in Konktakt zu treten – das betrifft sowohl aktuelle als auch künftige Fans. Aber wir haben mit den TV-Sendern loyale Partner, die unseren Sport seit vielen Jahren übertragen und mitgeholfen haben, einen Teil der Einnahmen für die Teams zu generieren. Dann darf man es nicht kostenlos in der digitalen Welt anbieten. Man kann es als Marketing-Tool ansehen, aber nicht als Alheilmittel, das alle Probleme löst.»

«Das Ende der Ära Ecclestone ist eine grosse Sache. Ich bin gespannt, aber ich bin auch optimistisch, was die Zukunft bereithält. Eines ist sicher: Die Welt dreht sich sehr schnell weiter, und die Erfolge von gestern sind morgen schon nichts mehr wert. Wir müssen offen in die Zukunft gehen und sollten dabei nicht zu nostalgisch sein. Dem Sport bietet sich eine riesige Gelegenheit, um immer weiter zu wachsen. Davon können wir alle profitieren. Wir müssen nur den Weg in diese Richtung einschlagen.»

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