Mattia Binotto (Ferrari): Ein Erdbeben als Starthilfe

Von Mathias Brunner
Mattia Binotto

Mattia Binotto

​Dank eines Erdbebens im Ferrari-Organigramm wurde Mattia Binotto (47) Technikchef . Es spricht für den in Lausanne geborenen Italiener, wenn er sagt: «Die Erfolge verdanke ich meinen Mitarbeitern.»

Im vergangenen Juli bestätigte Ferrari, dass Technikchef James Allison den Rennstall verlassen hatte, es war der Abschluss einer zwei Jahre langen Phase, in welcher beim berühmtesten Rennstall der Welt kein Stein auf dem anderen geblieben ist. Mattia Binotto übernahm neben seinem Posten als Chef der Motorenabteilung auch die Funktion des technischen Gesamtleiters.

Mattia Binotto, geboren am 3. November 1969 in Lausanne, Absolvent des Polytechnikums Lausanne für Mechanik, später weitere Ausbildung in Modena zum Fahrzeugingenieur, ist seit 1995 in Maranello tätig. Zunächst als Motorenfachmann im Testteam, ab 1997 in der Rennmannschaft.

2004 und 2005 engagierte sich Binotto als Renningenieur und arbeitete am Wagen von Rubens Barrichello, stieg dann zum leitenden Ingenieur auf, 2009 zum Chef der Motorenentwicklung. Im Oktober 2013 eine weitere Beförderung: zum stellvertretenden Motorenchef, 2014 erhielt Binotto dann den Posten des in Ungnade gefallenen Luca Marmorini.

Damit setzte Teamchef Maurizio Arrivabene weiter um, was er angekündigt hatte: Man wolle künftig eher auf eigene Talente setzen. Ferrari-Chef Sergio Marchionne meinte zu Gerüchten im Spätsommer, wonach Maranello die Angel nach dem damaligen Mercedes-Technikchef Paddy Lowe ausgeworfen habe: «Wir haben mehrfach festgehalten, dass wir in Sachen Ingenieure gut aufgestellt sind. Mit der technischen Expertise, die wir hier in Maranello besitzen, brauchen wir keinen Paddy Lowe. Unsere Vorgehensweise ist richtig. Wir haben Mattia Binotto befördert, seither ist Ruhe eingekehrt, und wir geben Geld für die richtigen Dinge aus.»

Binotto war ein Glücksgriff: Als Chef der Motorabteilung hatte er nicht jedes Einlassventil selber entworfen, sondern eher die Funktionen eines Managers übernommen, das kommt ihm beim neuen Job zugute. Beim Design des Motors kann er sich ganz auf Lorenzo Sassi verlassen, der hervorragende Arbeit leistet.

Binotto gilt als Menschenkenner, guter Zuhörer, weiser Einschätzer einer Situation. Was Binotto von Allison unterscheidet – Binotto ist kein Chassis- und Aerodynamikspezialist. Hier muss er sich auf Chefdesigner Simone Resta stützen. Aber als Renningenieur hat Binotto ein grösseres Bild erfasst und seine Ausbildung komplettiert.

Marchionne und Arrivabene klopfen sich heute auf die Schulter, der Erfolg gibt ihnen Recht. Aber Fakt ist: Was wir heute auf der Rennstrecke sehen, wurde vor vielen Monaten von James Allison in die Wege geleitet. Der Engländer sagt in Bahrain: «Alles, was Ferrari erreicht hat, ist den vielen Mitarbeitern in Maranello zu danken. Erfolg hängt in der Formel 1 nie an nur einer Person.»

Mattia Binotto ist exakt der gleichen Ansicht: «Wir haben in Maranello zahlreiche herausragende Ingenieure, wirklich gute Leute. Wenn wir heute Erfolg haben, dann ist das einfach ein Zeichen dafür, dass wir sehr hart gearbeitet haben und dass die ganzen internen Abläufe stimmen.»

Hickser gibt es immer wieder: Ein überhitzter Turbolader am Wagen von Kimi Räikkönen, worauf am Wagen des Finnen der Motor gewechselt wurde, «aus Sicherheitsgründen», wie Binotto festhält. Der Motor wird später wieder zum Einsatz kommen, der Lader wohl eher nicht. Im zweiten freien Training rollte der Renner von Sebastian Vettel antriebslos aus, «ein Elektrikdefekt, der zum Glück schnell behoben war», wie Binotto erklärt.

Ein besonderes Erfolgsrezept für die Renaissance von Ferrari gibt es laut Mattia Binotto nicht, immer wieder betont er die Qualität seiner Mitarbeiter, sich selber stellt er ungern in die Auslage. Motto: Ein Trainer ist nur so gut wie seine Mannschaft.

Binotto meint: «Es ist einfach wichtig, dass jeder seine Aufgabe kennt. Aber niemand ist wichtiger als die Mannschaft. Ich muss sicherstellen, dass jeder auf dem richtigen Posten sitzt, dass er sich entfalten kann, dass der Teamgeist stimmt. Aber ich könnte wirklich nicht behaupten, dass wir grundsätzlich etwas anders machen als in den letzten Jahren.»

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