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Australien: Grenzen dicht, Tennis-Chaos, GP undenkbar

Von Ivo Schützbach und Rob La Salle
Ein Grand Prix im Albert-Park von Melbourne? Unter den heutigen Vorschriften undenkbar

Ein Grand Prix im Albert-Park von Melbourne? Unter den heutigen Vorschriften undenkbar

​Seit März 2020 sind die Grenzen nach Australien wegen der Covid-19-Bestimmungen der Regierung für Ausländer geschlossen. Das Chaos beim Tennisturnier zeigt – Extrawürste sind schwierig zu braten.

War’s das für den internationalen Motorsport in Australien für dieses Jahr? Am 18. Januar teilte die Föderation «Motorcycling Australia» die Verlegung der Ozeanien-Meisterschaft auf der Speedwaybahn in Gillman bei Adelaide vom Januar in den November mit – weil die Einreise auf den fünften Kontinent für Ausländer auf normalem Weg seit Monaten unmöglich ist.

Dass die Formel 1 nicht wie üblich ihre Saison im März in Melbourne eröffnen kann, steht schon länger fest – sie ist aktuell auf den 21. November datiert. Am 24. Oktober soll das MotoGP-Rennen auf Phillip Island stattfinden; und im Oktober oder November die SBK-WM auf selbiger Strecke.

Doch seit März 2020 ist Australien vom Rest der Welt abgeriegelt. Am 9. Januar hat die australische Regierung die Einreisebestimmungen trotzdem noch einmal verschärft: So soll verhindert werden, dass Mutationen des tückischen SARS-CoV-2-Virus eingeschleppt werden.

Bis auf Weiteres gilt ein umfassendes Einreiseverbot für alle ausländischen Reisenden ohne ständigen Aufenthaltstitel in Australien. Insbesondere touristische Besuche sind grundsätzlich nicht gestattet, Touristenvisa werden nicht erteilt.

Brendan Murphy, der Chefmediziner der australischen Regierung, prophezeit für das ganze Jahr 2021, dass die Landesgrenzen für den internationalen Reiseverkehr geschlossen bleiben. Selbst wenn grosse Teile der Bevölkerung geimpft wären, bedeute dies nicht, dass die Geimpften das Virus nicht weiterhin übertragen können. «Ich denke, dass es den grössten Teil dieses Jahres erhebliche Grenzbeschränkungen geben wird.»

Brendan Murphy war es, der Premierminister Scott Morrison vergangenes Jahr dazu bewegte, die Grenzen zu schliessen.

Der Formel-1-Saisonstart in Australien ist geplatzt, der Traditions-GP kann am 21. März nicht stattfinden. Dies haben – nach einer Entscheidung der Regierung des australischen Bundesstaates Victoria – am 12. Januar «Formula One Management» und der Autosport-Weltverband FIA bestätigt.

Martin Pakula, Sportminister von Victoria, sagte zur Verschiebung des Grand Prix: «Der Knackpunkt war die Quarantäne-Vorschrift von 14 Tagen. Der Tennisverband hat zugestimmt, dass diese Isolationsfrist eingehalten wird, für mehrere tausend Mitarbeiter der Formel 1 ist das nicht möglich, weil der Motorsport komplizierter ist. Es ging weniger darum, dass die Leute nicht in Isolation gehen wollten, es zeigte sich einfach – eine Saison- und Rennvorbereitung ist etwas schwierig, wenn alle Fachkräfte zwei Wochen lang in einem Hotel sitzen. Dazu muss vor dem WM-Auftakt einfach zu viel getan werden.»

Aber vor dem Hintergrund der heutigen Vorschriften ist ein Formel-1-WM-Lauf auch im kommenden November undenkbar. Im Tennis gibt es nur ein grosses Turnier im Monat, da sind 14 Tage Quarantäne machbar, in der Formel 1 nicht.

Wie schwierig es ist, in diesen Zeiten eine Grossveranstaltung durchzuführen, zeigt sich beim Tennis-Turnier «Australien Open». Da wird die Situation jeden Tag chaotischer.

Chaos vor dem «Australian Open»

Wochenlang verhandelten der Veranstalter «Tennis Australia», ATP (Association of Tennis Profis) und WTA (Women’s Tennis Associaton) mit den Behörden des Bundesstaats Victoria, der mögliche Temin für eine Einreisegenehmigung wurde mehrmals nach hinten geschoben. Spielerinnen und Spieler reisten mit Charterflügen von mehreren festgelegten Standorten an. Ein System, das in der Formel 1 unmöglich ist – weil in der Königsklasse rund 3000 Fachkräfte unterwegs sind.

Was dann passiert ist: Bei zwei Charter-Flügen wurden Passagiere nach Ankunft positiv auf Corona getestet, eine Maschine kam aus Abu Dhabi, die andere aus Los Angeles. Ergebnis: Jene 72 Spieler, die in den gleichen Maschinen sassen, dürfen derzeit ihr Hotelzimmer nicht verlassen. Sie posten Bilder, wie sie im Hotel Bälle an die Wand oder ans Fenster schlagen. Spitzenspieler wie Rafael Nadal oder Simona Halep führen ihre Quarantäne in Adelaide durch – und sind dort normal am Trainieren. Die Belgierin Kirsten Flipkens schrieb auf ihren sozialen Netzwerken: «Das ist alles nur Russisches Roulette.»

Am 19. Januar wurden in Melbourne alle Trainingseinheiten abgesagt. Die ATP wandte sich in einem Schreiben an die Spieler: «Wir möchten Ihnen versichern, dass wir unermüdlich versuchen, die Bedingungen für die Spieler zu verbessern. Bisher haben wir die Information erhalten, dass das von der Regierung betriebene Transportsystem Schwierigkeiten verursacht und einige Trainingssitzungen abgesagt werden. Tennis Australia arbeitet Tag und Nacht daran, das Problem zu lösen.»

Die Schweizerin Belinda Bencic schreibt: «Wir beklagen uns nicht, dass wir in Quarantäne sind. Wir beklagen uns, weil wir nicht die gleichen Bedingungen wie andere Spieler haben, uns auf das Turnier vorzubereiten.»

Die Behörden des Staates Victoria warnen vor der Missachtung der Quarantäne-Regeln. Es drohen Strafen bis zu 12.750 Euro (20.000 australische Dollar). Es ist davon die Rede, dass einige Profis bereits versucht hätten, ihre Zimmer oder sogar das Hotel zu verlassen. Andere scheinen den Begriff des «social distancing» nicht ganz verinnerlicht zu haben: Naomi Osaka wurde von der ATP gebeten, ein Video auf ihren sozialen Netzwerken zu entfernen. Es zeigt sie in Adelaide auf dem Übungsplatz in einer Gruppe, alle sind offenbar bester Laune, Abstand wahren oder Maske tragen – Fehlanzeige.

Das «Australian Open» soll am 8. Februar losgehen.

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