Otmar Szafnauer: Scharfe Kritik an Alpine und Renault

Otmar Szafnauer 2023 in Miami
Ende Juli 2024 schien Alpine in Sachen Chefsessel endlich zur Ruhe zu kommen: Die Tochterfirma von Renault und Speerspitze in der Formel 1 gab bekannt, dass der Engländer Oliver Oakes den Posten des Teamchefs übernimmt von Bruno Famin. Doch Anfang Mai 2025 war auch Oakes weg, «aus persönlichen Gründen», die nie erklärt worden sind.
Seither leitet Erfolgs-Unternehmer Flavio Briatore die Geschicke jenes Rennstalls aus Enstone, das er schon unter den Namen Beneton Formula und Renault Sport geleitet hat.
Damit setzt sich das Personal-Karussell bei den Franzosen fort. Nachdem die Blauen beim Formel-1-Start auf dem Bahrain 2024 International Circuit eine blamable Leistung gezeigt hatten (Auto stark übergewichtig), wurde in der Nacht nach dem Rennen bekannt – Technikchef Matt Harman und Aerodynamik-Chef Dirk de Beer sind weg. Die beiden Techniker hatten sich schon vor der Präsentation des neuen Alpine-Rennwagens vom Typ A524 zu diesem Schritt entschieden.
Die Fachkräfte bei Alpine geben sich seit längerem die Klinke in die Hand. Anfang Sommer 2023 wurde der selbstgefällige Alpine-CEO Laurent Rossi zur Seite versetzt, dann bestätigte die Renault-Tochter im Juli: Formel-1-Teamchef Otmar Szafnauer in Belgien zum letzten Mal für die Blauen an der Boxenmauer, danach verlässt er den Rennstall. Szafnauer war im Februar 2022 von Aston Martin zu Alpine geholt worden, um die Blauen nach vorne zu bringen, als Nachfolger von Marcin Budkowski und Cyril Abiteboul.
Der Formel-1-Rennstall aus Enstone – 2005 und 2006 als Renault Weltmeister mit Fernando Alonso – trennte sich im gleichen Schwung von Alan Permane, der 34 Jahre lang für den GP-Rennstall tätig war. Auch für ihn war Belgien das letzte Rennen. Heute arbeitet er für die Racing Bulls (offiziell Visa Cash App RB).
Gleichzeitig bestätigte Alpine damals, dass der erfahrene Formel-1-Techniker Pat Fry weggeht. Er zog zu Williams und sagte danach: «Ich habe das Engagement bei Alpine vermisst, zur Weltspitze aufsteigen zu wollen.»
Vom Vertrags-Affentheater um Fernando Alonso und Oscar Piastri im Sommer 2022 fangen wir hier am besser gar nicht erst an.
Im Mai 2024 kam David Sanchez als neuer Technikdirektor zu Alpine (ein Lichtblick), dafür wurde der langjährige Betriebsleiter und Renault-Motortechniker Rob White entsorgt.
Seit Juni 2024 ist Schumacher- und Alonso-Weltmeistermacher Flavio Briatore Sonderberater der Blauen, eingesetzt von seinem italienischen Landsmann Luca de Meo, dem Geschäftsleiter des Renault-Konzerns, der am 15. Juli diesen Posten räumen wird.
Briatore hat danach die Weichen dazu gestellt, dass Alpine in Zukunft mit Mercedes-Motoren fahren wird, die sündhaft teure Entwicklung der 2026er Motorgeneration ist bei Renault eingestellt. Das wäre ungefähr so, als würde Mercedes in der Formel 1 nicht mehr mit eigenen Triebwerken antreten – können Sie sich den Zirkus vorstellen, der in Deutschland losginge?
Der langjährige Peugeot-Rennchef Famin kam 2021 zu Renault, als Leiter der Motorabteilung. Nach dem Personalbeben mit Entlassung von Otmar Szafnauer wurde er auf den Posten des Teamchefs geschubst.
Der in Rumänien geborene US-Amerikaner Otmar Szafnauer (60) sagt zum ganzen Personal-Wirrwarr bei planetf1: «Die Leute über mit hatten keine Ahnung, wie lange es dauert, um in der Formel 1 Erfolg zu haben. Sie hatten null Schimmer davon, dass man tatsächlich gute Leute aus der Branche braucht.»
«Gewiss, man kann auch gute Leute von ausserhalb der Branche einstellen, aber dann brauchen die Zeit, um die Formel 1 kennenzulernen und tatsächlich einen Einfluss auf die Leistung zu haben. Wenn die Chefs das nicht erkennen, dann kommt es zu genau dem, was mir passiert ist: unrealistische Erwartungen an die Zeit, die es braucht, um ein F1-Team grundlegend zu verbessern, keine Geduld, Fussballtrainer-Mentalität – ist der Erfolg nicht da, muss der Trainer gehen.»
Szafnauer hat darauf hingewiesen, wie sich die Formel 1 verändert hat: «In der Vergangenheit waren die Teambesitzer die Chefs, und sie hatten ein tiefes Verständnis für die Formel 1 und den Rennsport. Eddie Jordan fuhr selbst Rennen, und er gründete Jordan Grand Prix. Ron Dennis, der aus den unteren Formeln kam und McLaren mitbegründete; Patrick Head und Frank Williams, die das Gleiche taten. Sie hatten ein tiefes Verständnis für den Sport und keine unrealistischen Erwartungen.»
«Die neuen Chefs, die heute kommen, haben unrealistische Erwartungen, weil sie nicht mit diesem Sport aufgewachsen sind. Bei Fussballmannschaften kann man fünf Spieler in der Start-Elf austauschen und dann hast du ein völlig anderes Team, eine andere Kultur, ein ganz anderes Umfeld. In der Formel 1 ist das nicht möglich, das braucht Zeit.»
«Ich sage den Leuten immer, dass die Formel 1 kein Sport ist. Von einem durchschnittlichen Team mit 1000 Mitarbeitern sind zwei Sportler. 998 von ihnen sind Techniker, Mechaniker, Ingenieure, Aerodynamiker, Buchhalter, Marketing- und Geschäftsleute.»