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Maurizio Arrivabene (Ferrari): Titel 2016 macht Angst

Von Mathias Brunner
Maurizio Arrivabene

Maurizio Arrivabene

​Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene blickt auf ein emotionales Jahr zurück: «Wir haben viel erreicht. Aber nun muss der grosse Schritt kommen – an die Spitze.»
Maurizio, wie blickst du auf dieses Jahr zurück?

Wir hatten schon im ersten Wintertest mit dem neuen Wagen ein gutes Gefühl. Aber wir hatten auch den Eindruck: Wir stehen vor einem ziemlich hohen Berg. Wir alle – an der Rennstrecke und auch im Werk – machten uns dann auf die Socken, diesen Berg zu erklimmen. Aber als wir am Gipfel ankamen, merkten wir: Da ist schon einer. Die sind schneller da hochgekommen!

Aber ich bin mit meiner Truppe wirklich zufrieden. Ferrari hatte viel zu lernen. Ich selber hatte eine Menge zu lernen. Zu Beginn wollte ich vielleicht ein wenig zu viel, ich musste lernen, mich da etwas zurück zu nehmen. Ich bin sehr stolz darauf, welche Arbeit bei uns geleistet worden ist. Wir bewegen uns in die richtige Richtung. Aber komplett zufrieden sind wir natürlich erst, wenn wir unser grosses Ziel erreicht haben.

Ihr habt zwar nicht so viele Siege errungen, dass du barfuss nach Maranello wanderst, aber seid ihr dennoch happy?

So lange du den Titel nicht in der Tasche hast, kannst du nicht sagen, dass die Mission erfüllt worden ist. Aber vor einem Jahr schien es eine Mission Impossible, jetzt wissen wir, dass es machbar ist. Im übrigen bin ich ein Junge der Berge, ich wandere jederzeit gerne nach Maranello.

Ich muss zugeben: Es gab zwischendurch Momente, in denen ich mehr erwartet habe. Man erringt da Podestplätze, und die Gefahr ist, dass das zur Gewohnheit wird. Wenn du dann aber wieder den Enthusiasmus deiner Truppe siehst, wenn die Fahrer einen Podestplatz errungen haben, dann bist du selber wieder wie elektrisiert. Du spürst, wie wichtig ihnen das ist nach einer so schwierigen Saison wie 2014.

Seid ihr selbstbewusst genug zu sagen: Wir kämpfen 2016 um den Titel, wir werden Mercedes schlagen?

Das ist das Ziel. Immer mit der Hoffnung natürlich, dass im Winter nicht noch jemand bessere Arbeit macht als Mercedes! Der Titel muss das Ziel sein. Wir werden unser Bestes geben. Wir werden dieses Ziel mit aller Entschlossenheit angehen, aber auch in aller Demut. Wir sind alle von der Leidenschaft beseelt, den Titel zu holen.

Was fehlt euch denn noch als Zutat?

Das ist einfach zu beantworten – wir müssen überall besser werden, beim Motor, beim Chassis, bei der Aerodynamik. Wir konnten von 2014 auf 2015 einen guten Schritt nach vorne machen. Aber da muss mehr kommen. Und vor allem müssen alle Abteilungen weier so gut am gleichen Strang ziehen.

Welches war für dich der schönste Moment?

Ungarn. Weil wir im Training ungefähr eine Million Probleme hatten, uns daraus aber freigeschaufelt haben und am Ende mit Sebastian das Rennen gewinnen konnten. Da habe ich bei mir gedacht: «Wow, was für ein Team!» Die Art und Weise, wie das Team in Ungarn auf die Schwierigkeiten reagiert hat, das hat mich sehr stolz gemacht.

Aber jetzt mal Hand aufs Herz: Ihr redet für 2016 vom Titel, macht dir das nicht auch ein wenig Angst?

Eine Riesenangst, um genau zu sein! Aber hin und wieder treibt dich die Angst zu grossen Leistungen. Du musst dir darüber klar werden, wie du dein Ziel erreichen willst. Ja, wir haben Angst. Aber wir vertrauen auch darauf, was wir können. Wir wissen, dass wir die Lücke zu Mercedes kleiner gemacht haben. Und wir glauben fest daran, dass wir den nächsten Schritt gehen können. Ich kann hier keine Garantie geben, dass wir den Titel erobern. Aber ich würde sofort eine Garantie abgeben, dass sich jeder für dieses Ziel gewaltig ins Zeug legen wird.

Etwas ganz anderes: Die FIA verlangt von den Motorherstellern bis 15. Januar konkrete Vorschläge für kostengünstigere Antriebseinheiten in Zukunft. Was ist bei den ersten Treffen hier in Abu Dhabi herausgekommen?

Die FIA kam mit einer langen Liste von Forderungen. Aber wir haben dann die Herangehensweise an dieses Metting komplett geändert. Denn du kannst da nicht mit dem Kugelschreiber durch die Liste gehen – Doppelturbo, okay, Einzelturbo, wollen wir nicht mehr. Wir müssen zuerst das grosse Bild verstehen. Dann müssen die Teamchefs ein Ziel vorgeben. Nicht die Ingenieure. Wenn du denen die Kontrolle lässt, dann kann das ausufern. Das haben wir getan, und nun arbeiten für uns die Techniker genaue Vorschläge aus. Du kannst keine neuen Motoren für 2018 in drei Stunden entwerfen.

Seid ihr zufrieden mit dem Urteil der FIA, was künftig bei der Zusammenarbeit mit anderen Rennställen erlaubt ist?

Wir waren da immer komplett transparent, die FIA wusste immer, was wir machen, wir erhielten jede Erlaubnis. Die Gegner haben eine faire Frage gestellt, die FIA hat die Regeln angepasst, wir haben kein Problem damit.

Hatte man euch auf den Vorstoss hingewiesen?

Ja, Mercedes war so fair, uns das zuvor zu sagen.

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