Ich bin der Neue!
Christian Ruppert und Sammy Nicholas
Ich heisse Sammy Nicholas, doch eigentlich nennen mich alle nur «Goose». Hoffentlich nicht, weil ich eine «dumme Gans» bin, sondern als Überbleibsel von «Top Gun», einem Film, der mir sehr gefällt. Wie mein Name vermuten lässt, bin ich kein «Eingeborener», sondern komme aus England. Ich lebe aber seit etwas mehr als zwei Jahren in Kaiserslautern, was die Anreise zu den Rennen vereinfacht.
Ich bin 30 Jahre alt, arbeite im Vertrieb von Audi USA und habe die Sidecar-Szene bisher zwar interessiert, aber eben nur passiv verfolgt. Es waren einige Umwege nötig, bis Christian und ich zusammengefunden haben. Seine Beifahrersuche war auch auf dem englischen Forum von «steveenglish» eingestellt, und mein Bekannter Ben Holland, selbst aktiver Fahrer in der Britischen Meisterschaft, hat mich darauf aufmerksam gemacht. Meine Kontaktaufnahme war zunächst etwas verhalten: «Are you still looking for a passenger?», mehr Text gab es in der ersten Mail nicht. Es entwickelte sich jedoch schon sehr schnell ein überaus angenehmer Mailkontakt, und nach einem ersten Telefonat stand auch bereits unsere erste Testfahrt in Hockenheim fest.
Die Tage vorher war ich furchtbar nervös, habe versucht, mir noch einige Tipps zu holen und wartete gespannt darauf, was wohl auf mich zukommen wird. Leider war das Wetter in Hockenheim nicht wirklich toll, aber für ein paar erste Runden vollkommen ausreichend. Ich erhielt eine Kurzeinweisung, wo ich mich festhalten soll, wie ich die Beine verknoten muss und den Leitspruch: «Never open your left hand!». Na gut, dachte ich mir, ich will es versuchen. Sooo schlimm wird es schon nicht werden. Aber: es wurde noch viel, viel schlimmer! Ich war ziemlich nervös und wollte auf keinen Fall etwas falsch machen. Mein Traum, Beifahrer zu werden, lag so greifbar nahe vor mir, da durfte jetzt nichts mehr schiefgehen! Nach zwei Runden sind wir in die Boxengasse eingebogen, und ich war happy, erst einmal eine Pause machen zu können. Ja – von wegen! Christian ist nicht einmal ausgestiegen, hat mir nur ein paar Anweisungen gegeben, genickt, und schon fuhr er wieder los. Das kann ja lustig werden mit ihm.
Nach zwei weiteren Runden dann wieder zurück an die Box, und diesmal wurde zum Glück sogar der Motor ausgemacht. Mein erster Kommentar ist nicht wirklich druckfähig. Und trotzdem hatte ich ein Grinsen von einem Ohr zum anderen im Gesicht. Meine Freundin Tiffany, die mich begleitet hat, musste mir erst einmal helfen, Handschuhe und Helm auszuziehen, denn meine Kraft lag irgendwo verstreut im Areal von Hockenheim. Nach einer kurzen Besprechung, was ich wo wie anders machen könnte, ging es wieder auf die Strecke. Danach war die Zeit, die man uns vorerst eingeräumt hatte, auch schon vorbei. Richtig böse darüber war ich nicht. Nachdem wir – okay, ich – wieder genug Luft hatten, etwas zu sagen, haben wir uns eine Tasse Kaffee im Wohnmobil von Christian gemacht, und da kamen die erlösenden Worte: «Okay, let’s do it!». Yiiiipiiieeeehhh!!! Ich freue mich sehr, dass ich jetzt mittendrin und nicht mehr nur dabei bin, und so heisst es in den kommenden Monaten kräftig zu trainieren, um nicht vorzeitig schlapp zu machen.
Ich hatte es mir schon anstrengend vorgestellt, dass es aber derart heftig ist, hätte ich nie gedacht. Genau darum ging es dem Cheffe aber, da ich nun weiss, was auf mich zukommt und was ich zu tun habe. Er sagt zwar immer wieder, dass es leichter wird, wenn die Routine und Sicherheit kommt, bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Und ausserdem sitzt er als Fahrer ja halbwegs bequem in seiner Verkleidung, und ich mache hinten den «Monkey». Aber ich will es so und bin richtig happy. Da, wie geschrieben, das Wetter nicht wirklich dafür gemacht war, Motorrad zu fahren und wir erst wieder in knapp drei Stunden auf die Strecke gekonnt hätten, haben wir alles eingeladen und es bei diesen Runden belassen. Ich denke, wir haben beide gemerkt, dass es grundsätzlich funktionieren kann und es keine weiteren Tests mehr braucht.
Inzwischen mailen oder telefonieren Christian und ich fast jeden Tag, und Ende Januar werde ich für ein Wochenende zu ihm fahren. Zum einen haben wir am Gespann noch einiges zu tun, und zum anderen gibt es am Abend ein Barbecue, bei dem ich auch gleich den Rest der ganzen Renntruppe kennen lernen werde. Ich freue mich schon auf die neue Saison und hoffe, dass ich einen guten Job abliefere. Viele Grüsse und bis bald, Euer Goose