KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Pedro Acosta: «Ich wollte zu früh zu schnell sein»

Von Nora Lantschner
Im Interview mit SPEEDWEEK.com spricht Pedro Acosta (Red Bull KTM Ajo) über den Erwartungsdruck und den Moto2-Titelkampf und verrät, welch wichtige Rolle Teammanager Aki Ajo für seine bemerkenswerte Entwicklung spielt.

2021 eroberte Pedro Acosta die Moto3-WM im Sturm, er stand in seinen ersten vier WM-Rennen als 16-Jähriger viermal in Folge auf dem Podest (mit 95 aus 100 möglichen Punkten!) und kürte sich schließlich mit seinem sechsten Saisonsieg zum zweitjüngsten Weltmeister der Geschichte.

Dementsprechend groß waren die Erwartungen, als das Supertalent aus dem Red Bull KTM Ajo Team 2022 in die zweithöchste Klasse aufstieg und gleich im ersten offiziellen Wintertest auf der Kalex die Bestzeit fuhr. Danach unterliefen Pedro einige Fehler, beim letztjährigen Italien-GP in Mugello stand er dann aber zum ersten Mal in seiner Karriere auf dem Moto2-Podest – noch dazu gleich als jüngster Sieger der seit 2010 bestehenden Kategorie. Im Alter von 18 Jahren und 4 Tagen löste er in dieser Bestenliste übrigens keinen geringeren als Marc Márquez ab.

Ein gutes Jahr später hat der «Hai von Mazarrón» bereits sieben Moto2-Siege auf dem Konto, vier davon sammelte er allein in den ersten acht Grand Prix der laufenden Saison. Im Titelkampf ist der 19-jährige Spanier dennoch in der Rolle des Jägers, weil er im Frankreich-GP stürzte und einen Nuller schrieb. Bis zur Sommerpause verringerte Acosta seinen Rückstand auf WM-Leader Tony Arbolino aber auf acht Punkte.

Pedro, hättest du vor der Saison erwartet, dass ausgerechnet Tony Arbolino die WM anführen und dein wohl härtester Gegner sein würde?

Ehrlich gesagt, ich glaube, keiner hätte Arbolino an der Spitze erwartet, ich hätte jedenfalls auf Jungs wie Lopez oder Canet getippt. Dennoch, Arbolino war im letzten Abschnitt der letztjährigen Saison sehr schnell. Vielleicht war er im Portimão-Test nicht so schnell, aber jetzt ist er der WM-Leader.

Wir wissen, dass wir genauso schnell sind wie er, im Moment ist er aber der Leader. So ist die Situation. Uns muss bewusst sein, dass wir keine Fehler mehr machen dürfen. Wir müssen an uns glauben und versuchen, Punkte gutzumachen.

Wie gehst du aus mentaler Sicht mit der Situation um? Im Vorjahr warst du noch ein Moto2-Rookie, spürst du jetzt größeren Druck?

Nein, weil ich letztendlich schon in meinem ersten Jahr als Titelanwärter gehandelt wurde, daran hat sich also nichts geändert. Ich glaube aber, dass immer der Kerl, der vorne ist, auch den Druck hat. Arbolino hat nun den Druck – und 20 Jungs wollen ihn schlagen.

Alles kann passieren. Es ist sehr einfach, viele Punkte gutzumachen, aber gleichzeitig auch sehr einfach, viele Punkte einzubüßen. Deshalb müssen wir fokussiert sein und versuchen, nicht viele Fehler zu machen.

Hast du das Gefühl, mit einem Jahr Moto2-Erfahrung nun ein besserer Fahrer zu sein?

Ich fühle mich nicht besser, aber ich fühle mich besser vorbereitet. Im Vorjahr habe ich zu Beginn der Saison vielleicht viel daran gedacht, dass ich zeigen müsste, dass ich schnell bin – und deshalb habe ich viele Fehler gemacht.

Der Fehler in Le Mans in diesem Jahr dagegen – ich bin gestürzt, als ich Zeit auf Arbolino gutgemacht habe, ich war schnell. Das ist alles. Wir können ja keinen Knopf drücken und die Vergangenheit rückgängig machen. Wir müssen es akzeptieren und an das nächste Rennen denken.

Was viele angesichts deiner Erfolge vergessen: Du bist im Mai erst 19 Jahre alt geworden. Ist es so, dass man als Fahrer immer das Gefühl hat, etwas beweisen zu müssen, wenn man in die nächsthöhere Klasse kommt? Oder liegt es in deinem Fall speziell an deinem außergewöhnlichen WM-Einstand?

Um ehrlich zu sein… Ich war [2022] vielleicht zu jung und wollte etwas Ähnliches wie in der Moto3 zeigen, es war aber nicht der richtige Moment dafür. Ich war im ersten Portimão-Test super-schnell, auch in Katar – bis zum Sturz im Qualifying. Ich war nahe dran, bei meinem ersten Moto2-Rennen meine erste Pole zu holen. Das ist etwas, was nicht normal ist. Und vielleicht habe ich mir viel Druck auferlegt, wenn die Dinge nicht gleich so funktioniert haben, wie ich es wollte.

Aki und KTM haben nie Druck ausgeübt, es war einfach so, dass ich zu jung war und zu früh zu schnell sein wollte. (Er schmunzelt.)

Wenn man dir zuhört, merkt man im Vergleich zum Vorjahr aber doch, dass du dich verändert und weiterentwickelt hast.

Das höre ich von einigen Leuten.

Das hat mit Sicherheit damit zu tun, dass du ein Jahr älter und reifer bist. Du hast aber auch schon erwähnt, wie wichtig Aki Ajo für deine Entwicklung war.

Ich sage immer: Aki ist einer der wichtigsten Menschen, die in meine Karriere getreten sind. Vor meinem Wechsel [ins Red Bull KTM Ajo Team] meinten viele, die Atmosphäre im Team sei so kühl und Blablabla… Am Ende aber versteht man, dass es ihm darum geht, dass ich etwas für das Leben lerne. Er hat mir auch nach Le Mans gesagt: «Es passiert nichts, wenn du manchmal Fehler machst, das sind die Spielregeln des Lebens.»

Ich habe verstanden, dass es manchmal passieren kann, dass du das Ergebnis, das du eigentlich wolltest, nicht erreichst. Aber wenn du 100 Prozent gegeben hast, kann dir niemand etwas vorwerfen. So war es auch in Le Mans: Ich habe gekämpft, um Arbolino einzuholen, und bin gestürzt. Das ist alles, wir schlagen danach einfach ein neues Kapitel auf und schreiben die nächste Geschichte.

Aki ist so wichtig im Team und auch für mich persönlich. Ich lerne viel von Aki und ich glaube, sein Charakter ist so interessant für junge Fahrer – das war auch bei mir der Fall, als ich in die WM gekommen bin. Deshalb glaube ich, dass ich es ohne seine Hilfe vielleicht nicht an diesen Punkt geschafft hätte.

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