Hervé Poncharal (Tech3): «Podium wäre ein Traum»

Von Günther Wiesinger
2016 schaffte Tech3-Yamaha mit den Routiniers Pol Espargaró und Smith keinen Podestplatz. Seinen schnellen Rookies Folger und Zarco traut Teamchef Poncharal sehr viel zu. «Aber wir müssen realistisch bleiben.»

Tech3-Teambesitzer Hervé Poncharal hatte im Jahr 2016 manchmal ein mulmiges Gefühl, wenn er an die Saison 2017 dachte, an seine zwei Rookies Johann Zarco und Jonas Folger, an die sechs Werksteams mit zwölf Piloten und die starke Konkurrenz aus den Satelliten-Teams wie LCR-Honda, Pramac-Ducati und so weiter.

«Wir müssen etwas für die Kundenteams tun, wir werden 2017 um Platz 12 kämpfen», seufzte der Franzose einmal.

Doch dann kam alles anders. Zarco und Folger preschten beim Saisonauftakt in Losail/Katar vom vierten und achten Startplatz weg, sie machten dem Teamchef auch im Rennen viel Freude.

Hervé, du hast letztes Jahr mit den erfahrenen Piloten Pol Espargaró und Bradley Smith keinen Podestplatz erreicht. Jetzt kommen wir an der Frage nicht vorbei: Mit wie vielen Podestplätzen rechnest du 2017?

Ich erwarte nichts. Priorität hat, den Rookie-Titel zu gewinnen. Das sah vielleicht nach den Trainings ein bisschen leicht aus. Aber Rins war im Rennen vor Jonas Neunter. Ich wusste, er wird nach vorne kommen.
Wir müssen also um den Rookie of the Year-Titel fighten, das hat Vorrang. Dazu sollten wir Top-Ten-Ergebnisse anstreben.
Natürlich wäre es ein Traum, wenn wir ein Podium schaffen könnten. Aber wir müssen mit den Füssen auf dem Boden bleiben.
Ich mag nicht, wenn die Leute vor Freude auf und ab springen. Wir müssen stabil bleiben, in Ruhe weiterarbeiten, nicht in Euphorie verfallen.

Das Tech3-Team scheint auch keine Mühe zu haben, beide Fahrer gleichwertig zu behandeln, obwohl das mit dem Franzosen Zarco im einem französischen Team nicht selbstverständlich ist.

Ja, ja. Aber das war genau die gleiche Story, als wir in der 250er-WM mit Olivier Jacque und Nakano um den Titel kämpften. Viele Leute glaubten, wir würden Jacque mehr unterstützen als Nakano. Aber Nakano kam in Phillip Island zu mir, als er im Jahr 2000 den Titel gegen OJ verloren hatte. Er sah, dass seine ganze Mannschaft weinte und sagte: «Hervé, das ist so wichtig für mich. Denn ich weiß, dass wir ebenbürtig behandelt wurden; im Team wurde kein Fahrer bevorzugt.»
Ja, wir haben unser Hauptquartier in Frankreich, die meisten Teammitglieder sind Franzosen. Aber nicht, weil wir Nationalisten sind, wir sind international. Die meisten Sponsoren kommen ncht aus Frankreich.

Du wählst also nicht Le Pen?

Nein, niemals.

Zurück zum Sport. Du hast eine Option auf deine beide Talente für 2018. Du musst also nicht fürchten, dass sie dir ein anderes Team wegschnappt?

Nein.

Wie lange wirst du warten, bevor du die Verträge für 2018 verlängerst? Existiert bei den Optionen eine Frist?

Nein, nein. No.
Aber man weiß nie...

Was passiert, wenn irgendjemand Zarco oder Folger 2, 3 oder 4 Millionen anbietet? Das Aprilia-Werksteam wird wohl 2018 einen Ersatz für Sam Lowes brauchen, wenn’s so weitergeht.

Ich bin sehr happy mit meinen zwei Jungs. Aber wenn morgen, okay, das ist jetzt eine blödsinnige Idee, wenn Valentino morgen sagt: «Ich höre auf.»
Wenn Yamaha dann Johann oder Jonas einen Werksvertrag anbietet, dann werde ich ihnen keinen Stein in den Weg legen, obwohl ich sie laut Vertrag für 2018 an mich binden kann.
Aber ich will keinem Fahrer die Zukunft verstellen oder ihn blockieren.
Ich liebe diesen Sport. Ich mag Jonas und Johann, das sind großartige Jungs. Ich habe ihnen vertraut, sie arbeiten gern mit uns.

Nach dem Katar-GP – was traust du den beiden Rookies bis zum Jahresende zu?

Dass sie in der Gesamtwertung in die Top-Ten kommen. Ja.

Pol Espargaró war bei Tech3-Yamaha in seiner ersten MotoGP-Saison 2014 sogar auf Anhieb WM-Sechster.

Ja, aber es wird von Jahr zu Jahr schwieriger. Suzuki ist seither eingestiegen, sie sind stark, die Ducati-Bikes werden immer zahlreicher, Aprilia wird stärker...

Die Top-6 in der Gesamtwertung liegen also für Folger und Zarco 2017 außer Reichweite?

Hm. 2014 hat das ganze Startfeld anders ausgesehen. Damals waren fast nur Honda und Yamaha stark. Ducati war 2014 recht weit weg. Die Konkurrenz sah anders aus. Wie gesagt: Wir haben die zwei Werksmaschinen von Honda, von Yamaha, von Ducati, dazu kommt Crutchow, du hast die zwei Pramac-Jungs, du hast Aleix Espargaró, Bautista – diese Jungs haben alle viel Erfahrung.
Wir müssen zuerst sehen, wie stark meine beiden Fahrer in den nächsten Rennen sein werden.

Rossi beklagte sich in letzter Zeit oft über die weiche Konstruktion der Michelin-Vorderreifen. Für Tech3 kein Problem?

Ich lese überhaupt nichts, was die anderen Fahrer erzählen. Ich konzentriere mich auf das Geschehen in unserer Box.
Ich denke, die Reifen werden manchmal schwierig zu handhaben sein, wie üblich, aber das ist für alle Fahrer gleich.

Was würdest du für deine Fahrer tun, wenn du 500.000 Euro mehr Budget hättest?

Ich glaube, unser Erfolg 2017 ist keine Frage des Budgets. Denn Yamaha macht die Vereinbarungen mit Öhlins und mit allen anderen Zulieferfirmen. Es liegt also an ihnen, welche Teile und Komponenten wir erhalten und wann wir sie erhalten, wenn es etwas gibt, das besser ist und vom Werksteam schon benutzt wird.
Im Moment können wir uns über den Support nicht verklagen. Ich will nicht behaupten, er sei fantastisch, weil das bedeuten würde, er ist besser als im letzten Jahr.
Und dieser Support war immer so gut.
Wenn manche Fahrer Mühe haben, dann ist es leicht, auf das Motorrad oder auf das Team zu zeigen – oder über den Support zu klagen.

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