Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

Hervé Poncharal: «Top-Ten ist für jeden schwierig»

Von Günther Wiesinger
Hervé Poncharal ist mit seinem renommierten Tech3-Team nach 20 Jahren von Yamaha auf KTM umgestiegen. Seine Motorräder erstrahlen jetzt in beiden Klassen in «Electric Blue».

Mit Spannung und Neugier war für heute die Präsentation des Red Bull Tech3-KTM-MotoGP-Teams von Hervé Poncharal erwartet worden, denn das attraktive blaue Design gilt als Blickfang. Das Orange des Werksteams ist ja auffällig, aber über dessen Schönheit lässt sich trefflich streiten. Bisher war das blaue Design der KTM RC16 und der Tech3-Moto2-Maschinen von Marco Bezzechi und Philipp Öttl unter Verschluss gehalten worden. Bei der Teampräsentation im Stadtsaal wurde das Design-Geheimnis endlich gelüftet. Das Blau unterscheidet sich von jenem des Toro Rosso Formel 1-Teams, es wurde von der blau-silbernen Red Bull-Dose abgeleitet worden, gilt als Eigenentwicklung und wird beim Energy-Drink-Konzern als «Electric Blue» bezeichnet.

Poncharal: «Es war großartig, der Welt unsere endgültigen Farben zu zeigen. Ich habe sie erstmals Ende Dezember gesehen, als sie mir Niki Ruhstorfer von Red Bull geschickt hat. Ich konnte es kaum glauben, weil das so ein cooles, schlönes Motorrad ist. Die Farben sind außergewöhnlich. Sie sind nicht nur sehr smart, sie sehen auch sehr technisch und elegant aus. Eleganz ist für jeden Franzosen wichtig. Deshalb bin ich sehr stolz auf unsere eleganten Bikes, auf unsere Teamuniformen sowie die Lederkombis der Fahrer. Aber natürlich ist es am Wichtigsten, dass unsere Motorräder schnell sind. Daran arbeiten wir. Wenn sie dazu auch noch schnell sind, ist es ein Bonus. Im Flutlicht von Katar werden wir sensationell gut aussehen. Hoffentlich sehen wir uns in starken Positionen.»

Red Bull KTM-Teambesitzer Hervé Poncharal hat in den letzten zwei Jahren mit Zarco, Folger und Syahrin in der MotoGP-WM erstaunliche Erfolge errungen. Er hat sich als bestes Kundenteam in der «premier class» etabliert, auch wenn er in 18 Jahren mit Yamaha nie einen 500-ccm- oder MotoGP-WM-Lauf gewinnen konnte. Johann Zarco sicherte sich in den letzten zwei Jahren im Tech3-Team sechs Podestplätze, er wurde zweimal WM-Sechster. Dann musste ihn Poncharal an das KTM-Werksteam abtreten.

Mit KTM, erst seit zwei Jahren in der MotoGP-WM dabei, müssen vorläufig beim französischen Rennstall kleiner Brötchen gebacken werden. Aber Poncharal hat volles Vertrauen zu den Österreichern. «Menschen wie Stefan Pierer, Hubert Trunkenpolz, Pit Beirer und Mike Leitner werden nicht ruhig schlafen, bevor sie in der MotoGP ihre Ziele nicht erreicht haben», ist Hervé überzeugt. «Bei KTM sind alle Zutaten vorhanden, die man für den Erfolg in der Königsklasse braucht.»

Poncharal war auch nicht beunruhigt, als der Franzose nach den zwei Tagen beim Shakedown-Test in Malaysia mit 2:01,401 min noch weit zurücklag. «Ich unterhalte mich noch ziemlich oft mit Johann. Er fokussiert sich mehr auf die Pace als auf irgendetwas anderes. Klar, der erste KTM-Test von Johann in Valencia war nicht so positiv. Er hat dann nach zwei Stürzen eingesehen, dass es die falsche Herangehensweise ist, gleich zu pushen, ohne das Motorrad zu verstehen und zu kennen. Er arbeitet jetzt am Set-up, tauscht seine Eindrücke mit dem Team aus, er will arbeiten und alles verstehen. Er will zur Entwicklung des Motorrads beitragen. Das Pushen hat er auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Vorher will er sein Gefühl für das Motorrads verbessern.»

Der KTM-Vorstandsvorsitzende Stefan Pierer hat von Anfang an gesagt, im dritten MotoGP-Jahr müsse KTM um Podestplätze fighten. In Valencia 2018 wurde schon ein dritter Platz im Regen gefeiert. Was traut Poncharal dem KTM-Werk 2019 zu? Kann man nur bei «flag-to-flag»-Rennen aufs Podest fahren?

«Wenn du dir das Startfeld und die Rundenzeiten anschaust, wenn du siehst, wie eng alle Fahrer beisammen liegen, wenn du den Level des Equipments und der Fahrer betrachtest, dann wird es für jeden einzelnen Fahrer eine schwierige Mission werden, in die Top-Ten zu fahren. Sogar für Valentino Rossi, sogar für Maverick Viñales, für Dovizioso. Für jeden! das Podest wird so hart umkämpft sein wie selten zuvor. Denn auch Suzuki darf man nicht vergessen. Denn du hast vier bis fünf sehr schnelle Ducati, mit Morbidelli drei 2019-Werksmaschinen von Yamaha, drei Werks-Honda. Der ganze Grid rückt näher zusammen. Klar, Podestplätze für KTM sind ein ambitioniertes Ziel. Aber wenn du der Boss bist, musst du der Mannschaft Ziele setzen, du musst Druck ausüben und nach dem Maximum streben. Das ist die Aufgabe eines Firmenchefs. Jetzt müssen sich alle bemühen, um möglichst nahe an diese hochgesteckten Ziele heranzukommen. Meine Einschätzung: Podestplätze für KTM werden in diesem Jahr im Trockenen sehr, sehr schwierig. Aber nichts ist unmöglich.»

Miguel Oliveira blieb beim Sepang-Test den KTM-Werkspiloten Zarco und Espargaró dicht auf den Fersen. «Miguel hat in der Moto2 deutlich gezeigt, dass er sich hinter Fahrern wir Morbidelli, Bagnaia, Mir und Quartararo nicht verstecken muss», sagt Poncharal. «Aber die anderen Rookies haben ausgereiftes Material. Deshalb sind wir vorläufig nicht die Favoriten für den Rookie-of-the-Year-Award. Aber Miguel hat seit November starke Fortschritte gemacht, die KTM passt bereits deutlich besser zu seiner Fahrweise.»

MotoGP-IRTA-Test in Sepang, 6. bis 8. Februar,
kombinierte Zeitenliste:

1. Danilo Petrucci, Ducati, 1:58,239 min
2. Francesco Bagnaia, Ducati, + 0,063 sec
3. Jack Miller, Ducati, + 0,127
4. Andrea Dovizioso, Ducati, + 0,299
5. Maverick Viñales, Yamaha, + 0,405
6. Cal Crutchlow, Honda, + 0,541
7. Aleix Espargaró, Aprilia, + 0,783
8. Franco Morbidelli, Yamaha, +0,902
9. Takaaki Nakagami, Honda, + 0,909
10. Valentino Rossi, Yamaha, + 0,916
11. Marc Márquez, Honda, + 0,931
12. Alex Rins, Suzuki, + 0,941
13. Stefan Bradl, Honda, + 1,129
14. Tito Rabat, Ducati, + 1,246
15. Joan Mir, Suzuki, + 1,247
16. Fabio Quartararo, Yamaha, + 1,258
17. Johann Zarco, KTM, + 1,401
18. Pol Espargaró, KTM, + 1,512
19. Miguel Oliveira, KTM, + 1,710
20. Karel Abraham, Ducati, + 2,139
21. Andrea Iannone, Aprilia, + 2,271
22. Mika Kallio, KTM, + 2,284
23. Hafizh Syahrin, KTM, + 2,527
24. Katsuyuki Nakasuga, Yamaha, + 2,726
25. Sylvain Guintoli, Suzuki, + 2,751
26. Bradley Smith, Aprilia, + 2,756
27. Yamaha Test 2 (Jonas Folger), Yamaha, + 3,004
28. Takuya Tsuda, Suzuki, + 5,037

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