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Honda hat nur einen Siegfahrer: Das rächt sich

Von Günther Wiesinger
Weltmeister Marc Márquez beim achten Titelgewinn in Buriram

Weltmeister Marc Márquez beim achten Titelgewinn in Buriram

Sollte Marc Márquez bei den ersten Grand Prix nicht fit sein, was sich klar abzeichnet, rächen sich die Management-Fehler von Honda und die kurzsichtige Fahrer-Politik.

Nach dem Rücktritt von Casey Stoner nach der Saison 2012 ließen sich die damaligen HRC-Strategen Suppo und Nakamoto auf ein riskantes Manöver ein. Nicht weil sie damals den neuen Moto2-Weltmeister Marc Márquez für die MotoGP-WM bei Repsol-Honda engagierten, sondern weil sie es nie schafften, neben dem Überflieger ein anderes junges Talent an die Weltspitze zu bringen, obwohl es Honda-Kundenteams wie Gresini, LCR, Marc VDS gab, in denen solche Talente aufgebaut hätten werden können.

Marco Simoncelli starb im Oktober 2011 in Sepang, damals gewann Stoner für Repsol-Honda die WM, Márquez wurde zum Nachfolger gekürt, als Teamkollege agierte Dani Pedrosa, der aber in seiner ganzen Karriere nie ein ernsthafter MotoGP-Titelkandidat war. Er diente 13 Jahre bei Repsol-Honda und gewann jedes Jahr zumindest ein WM-Rennen, mit Ausnahme von 2018. Danach musste er Jorge Lorenzo Platz machen und seine erstaunliche GP-Rennfahrer-Karriere (31 MotoGP-Siege) beenden.

HRC baute 2012 bis 2014 Stefan Bradl bei LCR auf, im dritten Jahr wurden permanente Podestplätze gefordert, die konnte der Bayer aber wegen der starken Konkurrenz (Márquez und Pedrosa bei Repsol, Rossi und Lorenzo bei Yamaha, Dovizioso bei Ducati) nicht liefern. Vierte und fünfte Plätze von Bradl wurden von HRC als Schmach empfunden. Also wurde Jack Miller als neue Nachwuchshoffnung verpflichtet, drei Jahre aufgebaut – und dann wegen Aussichtslosigkeit und Talentfreiheit gekündigt. Jetzt ist er bei Ducati ein konstanter Podestkandidat – mit erst 25 Jahren.

Inzwischen verfügt Honda mit LCR nur noch über ein Kundenteam, in dem jetzt in der sechsten Saison Cal Crutchlow mit wechselnden Erfolgen agiert, er hat immerhin drei GP-Siege gefeiert, aber achte WM-Gesamtränge waren bisher das Maximum. Damit kann man aber in der WM hinter Márquez zweitbester Honda-Fahrer werden.

Eigentlich sollte LCR das MotoGP-Junior-Team von HRC bilden, aber jetzt fahren dort Crutchlow (34) und Nakagami (28). Das Monster-Yamaha-duo Rossi & Viñales ist gemeinsam 67 Jahre alt. Suzuki setzt auf Rins (24) und Mir (22), Gesamtalter: 46.  

HRC wollte Marc Márquez nie mit einem aufdringlichen, lästigen Teamkollegen zur Last fallen. Jetzt bekam er sogar ein Familienmitglied als Teamgefährten.

Sogar Jorge Lorenzo erwies sich 2019 als Reinfall, er schaffte bei Repsol-Honda keinen Top-Ten-Platz. HRC ging offenbar nicht ausreichend auf seine Wünsche und Ansprüche ein.

Ja, Ducati hat mit Dovizioso, Petrucci, Miller und Bagnaia vier starke Fahrer, die meisten sind Eigengewächse, auch Iannone ist dort zum Sieger gereift. Suzuki hat mit Rins und Mir versucht, einen neuen Márquez zu finden und wurde für diesen Mut belohnt. Yamaha hat 2008 Lorenzo entdeckt, dann vor drei Jahren den heute erst 25-jährigen Viñales verpflichtet, nachher vor einem Jahr Franky Morbidelli bei Honda weggelockt und vor allem dem 20-jährigen Nobody Fabio Quartararo eine Chance gegeben; er rückt für 2021/2022 statt Rossi ins Yamaha-Werksteam auf.

Sogar Neuling Red Bull KTM zeigt bei der Talentsuche mehr Weitblick als der Gigant Honda. Pol Espargaró (28) bestreitet die vierte Saison bei KTM, Oliveira (25), Binder (24) und Lecuona (20) kommen aus dem eigenen Stall – über die Moto3 und Moto2.

Dani Pedrosa wurde nach der Entlassung bei HRC als KTM-Testfahrer engagiert, Honda und Yamaha verschmähten ihn. Am Samstag flitzte er in Sepang zur drittbesten Zeit – mit 34 Jahren und vor allen Honda-Piloten.

Übrigens: HRC hat Nakagami bei LCR sogar den Vorzug gegenüber Morbidelli gegeben, obwohl der Italiener die Moto2-WM 2017 in Márquez-Manier dominierte. Nakagami hingegen gewann in seinem ganzen Leben nur zwei Moto2-Rennen und blieb bisher in zwei MotoGP-Jahren viel schuldig.

Der schnelle Joan Mir war Mitglied der Honda-Familie, er gewann 2017 auf Leopard-Honda die Moto3-WM. Aber für die MotoGP-WM machte ihm Suzuki das bessere Angebot.

All diese Managementfehler wurden nicht sichtbar, weil HRC seit 2013 den Serien-Weltmeister Marc Márquez in seinen Reihen wusste.

Dazu fällt mir noch ein überheblicher Satz der einstigen HRC-Manager Suppo und Nakamoto ein. Als ich sie in Le Mans 2012 fragte, ob Rossi quasi als Stoner Nachfolger ein Kandidat für Repsol-Honda 2013 werden könnte, entgegnete Suppo: «Die neue Sharon Stone ist nicht Sharon Stone.»

Aber Rossi hat seither die MotoGP-WM in sieben Jahren fünf Mal vor dem zweitbesten Honda-Fahrer beendet, 2015 als WM-Zweiter sogar vor dem besten Honda-Piloten.

Die besten Honda-Fahrer seit 2013

2013:
WM-Rang 1, Marc Márquez, 334 Punkte
WM-Rang 3, Dani Pedrosa, 300 Punkte
WM-Rang 6, Álvaro Bautista, 171 Punkte
WM-Rang 7, Stefan Bradl, 156 Punkte

2014:
WM-Rang 1, Marc Márquez, 362 Punkte
WM-Rang 4, Dani Pedrosa, 246 Punkte
WM-Rang 9, Stefan Bradl, 117 Punkte

2015:
WM-Rang 3, Marc Márquez, 242 Punkte
WM-Rang 4, Dani Pedrosa, 206 Punkte
WM-Rang 8, Cal Crutchlow, 125 Punkte

2016:
WM-Rang 1, Marc Márquez, 298 Punkte
WM-Rang 3, Dani Pedrosa, 155 Punkte
WM-Rang 7, Cal Crutchlow, 141 Punkte

2017:
WM-Rang 1, Marc Márquez, 298 Punkte
WM-Rang 4, Dani Pedrosa, 210 Punkte
WM-Rang 9, Cal Crutchlow, 112 Punkte

2018:
WM-Rang 1, Marc Márquez, 321 Punkte
WM-Rang 7, Cal Crutchlow, 158 Punkte
WM-Rang 11, Dani Pedrosa, 117 Punkte

2019:
WM-Rang 1, Marc Márquez, 420 Punkte
WM-Rang 9, Cal Crutchlow, 133 Punkte

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