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Paolo Ciabatti: «Ich erwarte ein ganz neues Szenario»

Von Günther Wiesinger
Sepang-GP 2020: Wie viele Zuschauer werden künftig zugelassen? Und ab wann?

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16 Teams und 24 GP-Fahrer kommen aus Italien. Solange die Grenzen gesperrt sind, ist an Motorsport nicht zu denken. Ducati-Sportchef Paolo Ciabatti rechnet mit bisher unvorstellbaren neuen Reisevorkehrungen.

Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti war bereits in der ersten März-Woche klar, dass die Coronakrise keine vorübergehende Zeiterscheinung sein würde. Denn in Italien stieg die Anzahl der Infizierten innerhalb weniger Tage von 200 auf 3000. Bald darauf mussten in der Provinz Bergamo die Särge der Covid-19-Opfer nächtens mit Armee-Lastwagen abtransportiert werden. Ciabatti war bereits in der zweiten März-Hälfte bewusst, dass vor Juli nicht an einen Neustart der MotoGP- und Superbike-WM zu denken wäre.

«Wir werden monatelang mit Einschränkungen leben müssen. Das werden wir akzeptieren müssen. Es wird uns lange Zeit nicht erlaubt sein, in ein Flugzeug zu steigen. Es wird dazu bei der Einreise Quarantäne-Bestimmungen geben, es werden Abstandsregeln gelten. Vielleicht wird man ein Tracking-System vorschreiben, der Bewegungsspielraum wird eingeschränkt sein», war sich der Ducati-Rennmanager bewusst. «Man wird künftig vielleicht immer eine Gesundheitsbescheinigung dabei haben müssen, wenn man eine Reise antritt.»

Bis heute kann der italienische Regierungschef Giuseppe Conte keinen Termin für die Grenzöffnungen nennen. In vielen Provinzen gilt weiter Hausarrest bis 3. Mai, bereits seit mehr als vier Wochen. Jetzt wird am Plan für die Phase 2 gearbeitet. In Venetien und in Südtirol wurden die Ausgangssperren leicht gelockert. «Wir dürfen jetzt zum Beispiel wieder weiter als 200 Meter vom Haus weggehen, aber nur allein, und wir müssen drei Meter Abstand zu allen Passanten halten», erzählte SPEEDWEEK.com-Berichterstatterin Nora Lantschner aus Bozen.

«Ich kann mir vorstellen, dass die Reisebeschränkungen zuerst nur für berufliche Zwecke aufgehoben werden», meint Ducati-Sportdirektor Paolo Ciabatti. «Wie lange es dauern wird, bis die Menschen wieder zum Vergnügen und für den Urlaub reisen dürfen, das weiß ich nicht. Das kann noch niemand beurteilen. Es kommt ein völlig neues Szenario auf uns zu, auf das niemand vorbereitet war. Und keiner kann bisher vorhersagen, was in diesem Zusammenhang alles auf uns zukommt.»

Vielleicht wird man eventuell im Sommer oder Frühherbst irgendwann überlegen müssen, ob man die Weltmeisterschaft nicht auf einem einzigen Schauplatz in Europa austrägt, vielleicht im Oktober, und die 1000 GP-Reisenden gehen alle vorher dort rechtzeitig 14 Tage in Quarantäne.

Vielleicht muss man die MotoGP-WM 2020 sogar in einem Wettbewerb entscheiden, wie wir es aus dem Skisport, aus der Leichtathletik, aus dem Boxsport, vom Judo und Radsport und anderen Disziplinen kennen.

Ciabatti seufzt tief. «Ach… Das ist vielleicht eine etwas zu extreme Idee. Lass‘ und noch etwas abwarten, bis auch die Fallzahlen in Italien weiter zurückgehen. Nicht weil ich Italiener bin, sondern weil wir stark betroffen sind. Warten wir die nächsten Beschlüsse der Regierung ab. Inzwischen sind wir ja alle seit fast fünf Wochen eingesperrt. Das geht bis 3. Mai weiter. Bis vor wenigen Tagen hatten wir furchterregende Opferzahlen. Es sind auch junge Menschen mit 27 Jahren und ohne Vorerkrankung gestorben. Zahlreiche Junge liegen auf den Intensivstationen, sie haben dort bessere Überlebenschancen, weil sie widerstandsfähiger und jünger sind. Klar, am schlimmsten sind die älteren Personen betroffen. Das liegt auch daran, dass sie nicht überall Betten auf den Intensivstationen bekommen. Es gibt oft nicht genug Platz für sie.»

Eine Voraussetzung will Ciabatti beim Neustart der WM unbedingt hergestellt wissen, wann immer er stattfinden wird. «Die Gesundheit aller Beteiligten muss gewährleistet sein.»

Diese Ansicht teilt auch Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta. «Wir dürfen nicht riskieren, dass auch nur eine einzige Person durch uns infiziert wird», erklärte der Spanier gegenüber SPEEDWEEK.com.

Ezpeleta stellte auch klar, dass der Red Bull Rookies-Cup und der MotoE-Weltcup bei einem Neuanfang 2020 nicht an erster Stelle stehen werden.

«Die Dorna wird sich rechtzeitig einen Überblick verschaffen und dann die notwendigen Entscheidungen treffen», meint Ciabatti. «Irgendwann im Frühsommer wird sich hoffentlich abzeichnen, was gemacht werden kann und was nicht. Dann wird man auch sehen, welche Kategorien definitiv gefahren werden und auf welche man vorübergehend verzichten muss. Vielleicht kann man in manchen Serien die Meisterschaft mit einem einzelnen Rennen entscheiden. Es liegen alle Optionen auf dem Tisch. Aber momentan ist es unmöglich festzulegen, welche Lösungen 2020 noch machbar sein werden.»

Das Ducati-Werk ist seit Beginn des Lockdowns in Italien zugesperrt. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen die Krise auf den Absatz haben wird, lässt sich nicht einschätzen.

In Italien könnte die Wirtschaftskraft 2020 bis zu 8 Prozent abschwächen. Der EU-Rettungsschirm soll die schmerzhaften Symptome mildern. Aber Deutschland steht gesünder da, die Regierung pumpt jetzt bis zu 1,2 Billionen Euro in die heimische Wirtschaft. Das sind 1200 Milliarden. In Zahlen: 1.200.000.000.000 Euro! Hier geht es um Wirtschaftshilfen, Kredite und Kurzarbeitunterstützung. 

«Einige Länder sind in einer stärken Position, Deutschland gehört dazu», weiß Ciabetti. «Länder wie Italien und Spanien haben weniger finanzielle Ressourcen, die sie ins System einspeisen können.»

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