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Cal Crutchlow: Wer wird bei LCR-Honda überflüssig?

Von Günther Wiesinger
Cal Crutchlow und Marc Márquez

Cal Crutchlow und Marc Márquez

Cal Crutchlow hat sich bei KTM für die Pol-Espargaró-Nachfolge ins Spiel gebracht. Aber der dreifache MotoGP-Sieger will damit wohl nur seinen Marktwert steigern. Bei LCR-Honda gibt es drei Fahrer für zwei Plätze!

Der letztjährige WM-Neunte Cal Crutchlow (34) redet seit dem Silverstone-GP 2018 vom Aufhören. Er unterzeichnete im August 2018 einen neuen Zwei-Jahres-Vertrag mit HRC und vermutete damals, das sei sein letzter Deal für die «premier class». Aber jetzt will er unbedingt weiterfahren. Cal hat ein klares Ziel: Die MotoGP-Saison 2020 soll seine beste werden. Vor dem Start in Jerez am 19. Juli möchte der ehemalige Supersport-Weltmeister aber noch seine motorsportliche Zukunft klären.

Der LCR-Honda-Pilot hat zwar einerseits in den letzten zwei Jahren immer wieder die Möglichkeit eines Rücktritts ins Spiel gebracht, nicht zuletzt wegen des schweren Unfalls in Australien. Anderseits machte der dreifache MotoGP-Sieger nie ein Geheimnis daraus, dass er gerne noch einmal in einem MotoGP-Werksteam auf Titeljagd gehen wolle.

Aber das hat nach seinem abrupten Abgang bei Ducati nach der Saison 2014 (Crutchlow löste dort seinen Zwei-Jahres-Vertrag nach einem Jahr auf und wurde bei LCR Nachfolger von Stefan Bradl) nie geklappt. Weder bei Repsol-Honda, noch bei Ducati oder Red Bull-KTM. Dort wurde ihm zum Beispiel 2017 sogar Landsmann Bradley Smith vorgezogen.

Crutchlow brachte sich zwar immer wieder ins Spiel, aber selbst HRC engagierte im Herbst statt Lorenzo lieber Rookie Alex Márquez für das Repsol-Honda-Team 2020.

Gleichzeitig grübelte Cal beim Silverstone-GP 2019 gegenüber dem TV-Sender BT Sports ausführlich über seinen Rücktritt nach 2020.
Der MotoGP-Routinier Cal Crutchlow brachte das Thema nicht etwa mitten in einer Formkrise aufs Tapet, sondern nach dem dritten Platz beim deutschen WM-Lauf. «Ich erwähnte damals nur, dass ich nach der Saison 2020 vielleicht aufhören könnte. Es ist unvermeidlich, dass jeder Fahrer irgendwann einmal darüber reden muss», stellte Cal im Frühjahr 2020 klar.

«Als mir diese Frage gestellt wurde, hatte ich gerade einen Podestplatz erobert», erinnert sich der dreifache GP-Sieger, der im vergangenen Jahr in Katar, Deutschland und Australien auf dem Treppchen landete. «Ich habe das also nicht nach einem schlechten Rennen behauptet! Ich sagte nur, dass ich keinen Vertrag für die Zeit nach 2020 habe, aber das geht nicht nur mir so.»

Inzwischen hegt der LCR-Honda-Pilot keine Rücktrittsgedanken, wie er beteuert. «Zum Saisonende im vergangenen Jahr war ich immer noch sehr motiviert, und auch bei den diesjährigen Tests lief es ganz gut. Deshalb laufen die Gespräche mit Honda auch schon», erzählt er.

Auch LCR-Teambesitzer Lucio Cecchinello ist überzeugt, dass Crutchlow nicht aufhört. «Cal sagte mir bereits gegen Saisonende 2019, dass er gerne weitermachen und auch 2021 dabei sein will.» Die Corona-Zwangspause habe diesen Wunsch nur noch verstärkt, glaubt das Teamoberhaupt.

«Mittlerweile habe ich definitiv das Gefühl, dass Crutchlow weitermacht, denn diese Krise und die daraus resultierende Pause haben ihm gezeigt, dass das Leben ohne Racing ziemlich langweilig sein kann», fügt der 50-jährige Teambesitzer an. «Das ganze Adrenalin fehlt, und wenn man weiß, dass man noch konkurrenzfähig ist, ist das Aussteigen schwierig.»

Die Gespräche zwischen den HRC-Verantwortlichen und Crutchlow sind bereits im Gange, allerdings ohne Beteiligung von Cecchinello. «Cal spricht bereits mit HRC. Aber da bin ich nicht direkt involviert, denn er ist ein HRC-Fahrer. Von unserer Seite sind wir aber mehr als glücklich, wenn es mit ihm weitergeht.»

Crutchlow: «Ich habe viele gute Jahre mit Honda erlebt, und sie haben mich und das Team immer gut unterstützt. Deshalb ist es nur fair, dass ich so früh wie möglich mit ihnen zu sprechen beginne. Aber wir müssen schauen, wie es in den nächsten Monaten laufen wird. Die Situation ist etwas speziell, denn einige Fahrer haben ihre Verträge für 2021 schon, andere wiederum nicht.»

Cal Crutchlow fühlt sich bei LCR-Honda wohl, er hat diese Truppe zum Siegerteam gemacht. Trotzdem ist es seine Pflicht, nach anderen Möglichkeiten Ausschau zu halten.

Doch die Anzahl der lukrativen MotoGP-Arbeitsplätze ist stark begrenzt. KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer hat aus seiner Wertschätzung gegenüber Cal Crutchlow als angriffslustigen und unerschrockenen Fahrer nie ein Geheimnis gemacht. Er weiß aber auch, dass der Brite nicht gerade pflegeleicht ist, gern verbale Rundumschläge macht, manchmal in Fettnäpfchen tritt, sein Herz auf der Zunge trägt, aus seiner Abneigung gegenüber Red Bull selten ein Geheimnis macht und wegen seines Images als undiplomatischer Maulheld für KTM-Hauptsponsor Red Bull schwer vermittelbar ist. Darauf ist aber nach dem Zarco-Debakel keiner scharf.

Deshalb wird der WM-Neunte Cal Crutchlow aller Voraussicht nach 2021 eine siebte Saison bei LCR-Honda anhängen.

Lucio Cecchinello betreibt sein MotoGP-Team seit 2006. Seit drei Jahren (zuletzt Crutchlow und Nakagami) sind seine beiden Fahrer bei HRC unter Vertrag. Er hat also bei der Fahrerwahl kein großes Mitspracherecht.

Trotzdem bahnt sich jetzt eine Problematik an: Denn Pol Espargaró wird zwei Jahre bei Repsol-Honda fahren, Alex Márquez beansprucht einen Platz bei LCR-Honda. Die HRC-Japaner müssen sich also beim zweiten LCR-Platz zwischen Nakagami und Crutchlow entscheiden.

Wie diese Wahl ausgeht, ist ungewiss. Denn Alex Márquez und Bruder Marc dürfen nicht vergrämt werden. Für Crutchlow spricht sein Speed, sein Leistungsausweis und seine Erfahrung, für HRC-Liebkind Takaaki Nakagami seine japanische Herkunft und dass er sein Können mit seinen Vorjahres-Honda bisher nie perfekt entfalten konnte.

Weder für Crutchlow noch für Nakagami gibt es reizvolle MotoGP-Alternativen. Der Brite will von der Superbike-WM nichts wissen. Nakagami hingegen könnte bei HRC das Honda-SBK-Werksteam mit Bautista verstärken.

So sehen die MotoGP-Teams 2020 aus

Repsol-Honda
Marc Márquez, Alex Márquez

Ducati Team
Andrea Dovizioso, Danilo Petrucci

Monster Energy Yamaha
Maverick Viñales, Valentino Rossi

Suzuki Ecstar
Alex Rins, Joan Mir

Red Bull KTM Factory Racing
Pol Espargaró, Brad Binder

Aprilia Racing Team Gresini
Aleix Espargaró, Bradley Smith

Pramac Racing
Jack Miller, Francesco Bagnaia

Reale Avintia Racing
Tito Rabat, Johann Zarco

Petronas Yamaha SRT
Fabio Quartararo, Franco Morbidelli

LCR Honda
Cal Crutchlow, Takaaki Nakagami

Red Bull KTM Tech3
Miguel Oliveira, Iker Lecuona

So sehen die MotoGP-Teams 2021 aus

Repsol-Honda
Marc Márquez, Pol Espargaró

Ducati Team
Andrea Dovizioso? Jack Miller

Monster Energy Yamaha
Maverick Viñales, Fabio Quartararo

Suzuki Ecstar
Alex Rins, Joan Mir

Red Bull KTM Factory Racing
Brad Binder, Danilo Petrucci?

Aprilia Racing Team Gresini
Aleix Espargaró, Bradley Smith? Andrea Iannone?

Pramac Racing
Jorge Martin, Francesco Bagnaia? Johann Zarco?

Reale Avintia Racing
Tito Rabat, Johann Zarco?

Petronas Yamaha SRT
Valentino Rossi, Franco Morbidelli

LCR Honda
Alex Márquez? Cal Crutchlow? Takaaki Nakagami?

Red Bull KTM Tech3
Miguel Oliveira, Iker Lecuona

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