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Trotz Lockdown: Crutchlow und Co. im Fahrerkarussell

Kolumne von Michael Scott
Cal Cruchtlow vor Bradley Smith: Fahren sie um den Aprilia-Platz?

Cal Cruchtlow vor Bradley Smith: Fahren sie um den Aprilia-Platz?

In der MotoGP-WM 2020 herrscht seit dem Katar-Test Ende Februar zwar Stillstand, das Fahrerkarussell begann sich aber trotzdem zu drehen. Eine Bestandsaufnahme von Honda über KTM bis zu Aprilia.

Der Sommer ist da und an der Vertragsfront herrscht reger Betrieb. Das ist der Beweis dafür – falls überhaupt noch ein Nachweis nötig war – dass es mehr als einen Lockdown braucht, um das Unvermeidbare aufzuhalten, ganz egal, ob Rennen gefahren werden oder nicht. Das große «Wer-geht-wohin»-Karussell der «Silly Season» nahm schon weit vor dem ersten Aufeinandertreffen im Paddock von Jerez in zwei Wochen richtig Fahrt auf.

Aber wer und wohin, wenn die einzigen Hinweise auf die aktuelle Form der Fahrer in der virtuellen PlayStation-Welt oder gar nur in der Vorstellungskraft zu finden sind?

Trotzdem, Verhandlungen müssen verhandelt und Vertragsabschlüsse zum Abschluss gebracht werden. Die meisten Hauptdarsteller hatten ohnehin schon unterschrieben: Marc Márquez einigte sich früh mit Honda – sogar bis Ende 2024; Maverick Viñales und Fabio Quartararo standen ebenfalls schon vor Saisonstart als zukünftiges Yamaha-Werksduo fest; für Rossi ist im Gegenzug ein Petronas-Yamaha-Platz vorgemerkt, neben seinem Schützling Franco Morbidelli. Suzuki verlängerte während der Zwangspause mit Alex Rins und Joan Mir. Und Jack Miller hat sich seine Beförderung ins Werksteam redlich verdient. Dann war noch Aleix Espargaró an der Reihe, der jetzt noch mehr daran glauben muss, dass Aprilia wirklich ein technischer Schritt nach vorne gelingt.

Aprilia, das am wenigsten favorisierte Werksteam, scheint das Interesse andernorts zu erwecken. Weil es keine Rennen gab, bei denen der italienische Hersteller seine immer wieder angekündigten Verbesserungen unter Beweis stellen hätte können, muss es wohl eine Kombination aus Wunschdenken und schlicht der aktuellen Verfügbarkeit sein. Denn erstens erlebte Aprilia in der Vergangenheit schon glorreiche GP-Zeiten – und zweitens wurde Andrea Iannone bekanntlich eine 18-monatige Sperre aufgebrummt. Die Theorie der «verunreinigten Nahrungsmittel» wurde von der FIM zwar anerkannt, gesperrt wurde er aber trotzdem.

Fakt ist: Der aktuelle Vertrag von Iannone läuft nach der Saison 2020 aus – also noch bevor seine Sperre endet. Er strebt zwar einen Freispruch vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS an, während Aprilia immer wieder betont, dass sie ihr Sorgenkind aus guten Gründen weiter unterstützen. Es bleibt aber doch fraglich, ob der Hersteller aus Noale ihn im kommenden Jahr tatsächlich zurücknehmen würde – nach einer nicht wirklich beeindruckenden Saison 2019, mit der willkommenen Ausnahme auf Phillip Island, wo er mit Platz 6 für die Saisonbestleistung sorgte.

Fraglich genug, um den Gerüchten Nachdruck zu verleihen, die Cal Crutchlow Interesse an der Aprilia nachsagen. Jetzt noch viel mehr, nachdem eine weitere Option – Pol Espargaró bei KTM zu ersetzen – nicht mehr verfügbar ist. Dazu kommen wir später noch.

Warum aber ist der dreifache GP-Sieger Crutchlow auf der Suche nach einem neuen Job?

Das ist nicht einfach zu beantworten – und die Situation veränderte sich in den vergangenen Wochen laufend.

Ursprünglich schien es noch logisch, dass der Routinier dort bleiben würde, wo er jetzt ist – im Satellitenteam von LCR Honda, mit einem HRC-Vertrag ausgestattet. Doch die durchaus überraschende Entscheidung von Honda, Pol Espargaró zu holen, verdrängte den aktuellen Werksfahrer Alex Márquez aus dem Factory-Team, noch bevor der überhaupt sein MotoGP-Debüt geben durfte. Um den großen Bruder Marc zu besänftigten, wird Alex aber bei LCR unterkommen, wo der zweite Platz bereits von Honda-Liebling (und wichtigem japanischen Aushängeschild für die Sponsoren) Taka Nakagami besetzt ist. Teammanager Lucio Cecchinello bleibt vielleicht gar keine andere Wahl, als sich von Crutchlow zu trennen.

Die Tür bei KTM fiel bereits zu, denn nach einem erfolgreichen Besuch in Österreich unterschrieb dort der bei Ducati ausgemusterte Mugello-Sieger Danilo Petrucci – auch wenn danach klar wurde, dass «Petrux» Pol Espargaró nicht direkt ersetzen wird. Stattdessen wird Miguel Oliveira von Tech3 ins Werksteam aufsteigen, wo er neben Brad Binder fahren wird (dessen Debüt sich – genauso wie bei Alex Márquez – Corona-bedingt verzögert hat). Petrucci wird seinen Erfahrungsschatz im Kundenteam zur Verfügung stellen – neben einem weiteren wartenden Rookie, Iker Lecuona.

Das alles führte wohl dazu, dass Cal einen Blick auf den letzten noch verfügbaren Werks-Platz wirft – bei Aprilia. Was noch zusätzlich Würze ins Spiel bringt: Der gesperrte Iannone wird, zumindest in den ersten Grand Prix, von Testfahrer Bradley Smith ersetzt. Als Brite war er immer schon ein besonderer Gradmesser für Cal. An einem direkten Vergleich würde er sicher Gefallen finden.

Dann kam ein weiterer Faktor ins Spiel: Nakagami könnte in das neu belebte Superbike-Werksteam von Honda geschoben werden.

Auf der anderen Seite des Fahrerlagers steht die Vertragsverlängerung von Dovizioso im Raum, der sich am Sonntag zu allem Überfluss auch noch bei einem Motocross-Gastspiel verletzte. Dass er mit Ducati weitermacht, ist alles andere als sicher, nachdem seine Erfolgsrate (2019 nur zwei GP-Siege, 2017 noch sechs) schwindet und er gleichzeitig das Gefühl hat, dass sein Engagement in Borgo Panigale nicht ausreichend geschätzt werde. Es gibt allerdings kaum Alternativen für «Dovi».

Und Lorenzo? Jorge zog mit dem Rücktritt am Ende der Saison 2019 einen drastischen Schlussstrich unter sein Honda-Abenteuer, kehrte aber schnell wieder aus dem Ruhestand zurück – wenn auch nur als Yamaha-Testfahrer. Falls Dovi zögert, könnte er sogar wieder bei Ducati andocken. Alles vergeben und vergessen, zum richtigen Preis.

Na, schon schwindelig? Dann seien Sie froh, dass Sie kein Fahrer auf Jobsuche sind!

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