KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Kevin Schwantz: «Alex Rins fühlt sich zu komfortabel»

Von Günther Wiesinger
Kevin Schwantz, 500 ccm-Weltmeister 1993, wundert sich über die schwankenden Leistungen bei Suzuki. Kevin spart im Exklusiv-Interview auch nicht mit Kritik an Alex Rins. «Sein Unfall in Barcelona war idiotisch», sagt er.

Titelgewinnen von Suzuki in der Königsklasse (500 ccm und MotoGP) haben Seltenheitswert. Der mit 51 Jahren an Krebs verstorbene Engländer Barry Sheene triumphierte 1976 und 1977, dann übernahm der Amerikaner «King Kenny» Roberts die Vorherrschaft in der «premier class» und räumte für Yamaha die drei Titel von 1978 bis 1980 ab.

1981 und 1982 bescherten die beiden Italiener Marco Lucchinelli und Franco Uncini wieder zwei Halbliter-WM-Titel. Und der Texaner Kevin Schwantz gewann die 500-ccm-Weltmeisterschaft 1993 auf Suzuki. Er gewann insgesamt 25 Halbliter-GP-Rennen und verkündete beim Mugello-GP 1995 mit 31 Jahren seinen Rücktritt – nach zahlreichen Verletzungen.

Danach gewann noch «Little Kenny» Roberts im Jahr 2000 für Suzuki einen Titel in der Königsklasse, und 20 Jahre später sorgte Joan Mir für die ersten Titelgewinn für Suzuki in der Viertakt-Ära, die 2002 begonnen hat.

Das bedeutet: Suzuki hat seit 1949 erst sechs Fahrer-WM-Titel in der «premier class» gewonnen. Und seit 40 Jahren sind die Titelgewinne immer Einzelfälle geblieben. Eine Phase von drückender Überlegenheit wie bei Yamaha oder Honda gab es nie.

Das jüngste Beispiel: Während die Suzuki GSX-RR-Werksfahrer Mir und Rins im Vorjahr die WM-Plätze 1 uns 3 belegt haben, halten sich beiden Asse 2021 nach neun Rennen nur auf den Positionen 4 und 14.

Weltmeister Joan Mir hat 2021 bisher drei dritte Ränge herausgefahren, aber keinen Sieg. auch im Vorjahr gelang ihm nur ein GP-Erfolg. Rins ist in diesem Jahr über Platz 4 in Doha-2 bisher nicht hinausgekommen.

Kevin Schwantz hat in den letzten zweieinhalb Jahren keinen Einfluss auf das MotoGP-Team genommen. «Ich habe 2017 und 2018 noch für Suzuki in Indien, Europa und Japan gearbeitet, da ging es in erster Linie um Promotion-Aktivitäten», schilderte Kevin.

Da diese Tätigkeit aber meist bei den Grand Prix stattfand, schaute er sich auch eingehend in der Suzuki-Box um und kritisierte damals auch die Fahrerpaarung (sie bestand Alex Rins und Andrea Iannone) recht deutlich. «Ich habe gesagt, Iannone solle lieber Kartrennen fahren», blickt Schwantz zurück.

Der damals völlig lustlose Italiener (Jahresgage 3 Millionen Euro) hatte kein Verständnis für diese Kritik. «Iannone wollte mich am nächsten Tag verpügeln», erinnert sich Kevin heute laut lachend.

Die Kritik war allerdings berechtigt: Denn Viñales hatte die WM 2016 auf Suzuki als Gesamtvierter mit 202 Punkten und einem Sieg in Silverstone beendet. 2017 kam Iannone als WM-13. nur auf 70 WM-Punkte, Rins als Rookie und als WM-16. sammelte 59 Punkte ein.

«Ich habe mich nie stark ins Management des GP-Teams eingemischt», hält der Texaner fest. «Meine Aufgabe war es, die Marke zu promoten.»

Aber offenbar ist durch den Abgang von Suzuki-Teammanager Davide Brivio, der am 1. Januar 2021 zu Alpine in die Formel 1 wechselte, bei Suzuki viel Know-how abhanden gekommen. Die Resultate lassen zu wünschen übrig, ein zweites MotoGP-Team wurde nicht gefunden, Ducati hat vier!

Könnte Suzuki jetzt keinen ausgezeichnet vernetzten Experten mit viel Erfahrung wie Kevin Schwantz brauchen?

«Ich bin absolut der Meinung, ich könnte Suzuki Unterstützung geben», sagt Kevin Schwantz im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Als ich vor drei, vier Jahren PR-Arbeit für Suzuki erledigt habe, habe ich mitbekommen, wie zum Beispiel in Deutschland langjährige Mitarbeiter in Deutschland nach 25 Jahren entlassen und durch junge Kerle ersetzt wurden. Man dachte wohl, sie können denselben Job für viel weniger Geld machen. Aber wenn du so denkst, schaust du nur bis zum Ende deines Arms. Du denkst dann nicht darüber nach, was langfristig das Beste für das Unternehmen ist. Ich habe mich fast schuldig gefühlt, als ich 2017 und 2018 Geld von Suzuki genommen habe, während sie verdiente Mitarbeiter rausgeschmissen haben. Ich habe den Suzuki-Managern vorgeschlagen: ‚Bezahlt eure verdienten Mitarbeiter anständig und behaltet sie.‘»

Ob Alex Rins (3 Siege in viereinhalb Jahen bei Suzuki) ein kommender MotoGP-Weltmeister ist, muss längst hinterfragt werden. Er hat nicht einmal in der Moto3 oder Moto2 einen Titelgewinn geschafft.

«Ja, Rins zeigt manchmal im Training eine gute Pace. Aber es sieht so aus, als wäre er dann nicht fähig, diese Pace im Rennen konstant vorzulegen», wundert sich Schwantz. «Die Art und Weise, wie er sich am Donnerstag beim Catalunya-GP bei der Streckenbesichtigung verletzt hat, war ziemlich idiotisch. Er ist mit dem Rennrad von hinten auf das Safety Car geknallt. Als Profi-Rennfahrer musst du zu jedem Augenblick wach und konzentriert sein. Egal ob du dein Fahrrad fährst oder versuchst, mehr Follower zu bekommen. Bei so einer 'track inspection' bist du ja ziemlich allein auf der Rennstrecke. Du musst nur auf das geparkte Safety Car achtgeben!»

«Ich bezweifle, dass Rins ausreichend auf seinen Job fokussiert ist», bemerkte Schwantz. «Ich glaube, er fühlt sich in seiner Position zu komfortabel. Aber wenn dich dein jüngerer Teamkollege an jedem Wochenende besiegt, kannst du dich in deiner Position nicht bequem fühlen.»

Stand Fahrer-WM nach 9 Rennen:

1. Quartararo, 156 Punkte. 2. Zarco 122. 3. Bagnaia 109. 4. Mir 101. 5. Miller 100. 6. Viñales 95. 7. Oliveira 85. 8. Aleix Espargaró 61. 9. Binder 60. 10. Marc Márquez 50. 11. Nakagami 41. 12. Pol Espargaró 41. 13. Morbidelli 40. 14. Rins 33. 15. Alex Márquez 27. 16. Bastianini 27. 17. Petrucci 26. 18. Martin 23. 19. Rossi 17. 20. Marini 14. 21. Lecuona 13. 22. Bradl 11. 23. Savadori 4. 24. Pirro 3. 25. Rabat 1.

Stand Konstrukteurs-WM:

1. Yamaha, 184 Punkte. 2. Ducati 167. 3. KTM 114. 4. Suzuki 105. 5. Honda 86. 6. Aprilia 62.

Stand Team-WM:

1. Monster Energy Yamaha, 251 Punkte. 2. Ducati Lenovo 209. 3. Pramac Racing 149. 4. Red Bull KTM Factory Racing 145. 5. Suzuki Ecstar 134. 6. Repsol Honda 98. 7. LCR Honda 68. 8. Aprilia Racing Team Gresini 65. 9. Petronas Yamaha SRT 57. 10. Esponsorama Racing Ducati 41. 11. Tech3 KTM Factory Racing 39.

Siehe auch

Kommentare

Crash, Boom, Bang: Sturzkönige und Kuriositäten

Von Michael Scott
Eine sturzeiche MotoGP-Saison 2024 ging Mitte November in Barcelona zu Ende. Überraschenderweise waren es die erfahrenen Piloten der Königsklasse, die über alle Kategorien hinweg die meisten Crashs fabrizierten.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • So. 15.12., 20:00, Motorvision TV
    Isle of Man Tourist Trophy
  • So. 15.12., 20:50, Motorvision TV
    Isle of Man Tourist Trophy
  • So. 15.12., 21:15, Hamburg 1
    car port
  • So. 15.12., 21:35, Motorvision TV
    Isle of Man Tourist Trophy
  • So. 15.12., 22:25, Motorvision TV
    Isle of Man Tourist Trophy
  • So. 15.12., 23:10, Motorvision TV
    Pikes Peak International Hill Climb
  • So. 15.12., 23:10, ServusTV
    Terra Mater Wissen
  • So. 15.12., 23:55, Motorvision TV
    Pikes Peak International Hill Climb
  • Mo. 16.12., 00:20, Motorvision TV
    Motorradsport: FIM Enduro World Championship
  • Mo. 16.12., 01:30, Hamburg 1
    car port
» zum TV-Programm
6.762 20111003 C1512054514 | 5