Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

Fabio Quartararo: Was alles für Yamaha-Deal spricht

Von Günther Wiesinger
Fabio Quartararo: Wohin geht die Reise?

Fabio Quartararo: Wohin geht die Reise?

Alle blicken auf Fabio Quartararo. Der Weltmeister wäre bei jedem MotoGP-Werksteam willkommen. Will er sich Honda antun? Oder ist er bei Yamaha vorläufig besser aufgehoben? Eine Analyse.

Am Mittwoch hatte SPEEDWEEK.com berichtet, dass MotoGP-Weltmeister Fabio Quartararo für die Zukunft nicht nur bei Yamaha willkommen wäre, sondern auch Honda und Suzuki Interesse zeigen. Selbst bei den Teams von Ducati, KTM und Aprilia steht der Franzose aller Voraussicht nach auf der Wunschliste, auch wenn das nicht offen zugegeben wird, um die aktuellen Werksfahrer nicht zu brüskieren. Jetzt hat der Franzose Eric Mahé, seit 2019 Manager von Quartararo, die Gespräche mit gegnerischen Herstellern zugegeben.

Yamaha-Renndirektor Lin Jarvis hat bereits nach dem Katar-GP im Interview mit SPEEDWEEK.com klargestellt, dass die Vertragsverlängerung von Fabio Quartararo Priorität habe. Er betonte aber auch, dass man den Zeitdruck rausgenommen habe und sich darauf konzentriere, Fabio ein schlagkräftiges Bike-Paket für 2023 und 2024 anbieten zu können.

Der aktuelle WM-Fünfte Quartararo ist der erste Fahrer-Weltmeister von Yamaha seit Jorge Lorenzo 2015. Doch schon beim Saisonstart mit Platz 9 in Doha wurde offenkundig, dass die 2022 YZR-M1 untermotorisiert ist. Dort hatte Yamaha 2021 mit Viñales und Quartararo noch beide Grand Prix gewonnen. Quartararo machte aus seinem Frust in den letzten Wochen kein Geheimnis. Der achte Rang in Argentinien besserte seine Laune nicht. Einziger Lichtblick in der laufenden Saison: Rang 2 im Regen von Mandalika.

Seither reissen die Transfer-Diskussionen um den World Champion nicht ab.

«Es gibt nichts Neues. Wir prüfen alle Parameter», erklärte Eric Mahé gegenüber motogp.com. «Wir müssen herausfinden, ob Fabio bei seinem jetzigen Team die bestmöglichen Ergebnisse erzielen kann. Aber wir sind in der glücklichen Lage, dass wir keine Eile haben, das ist eine gute Situation. Da auch Yamaha nicht in Eile ist, untersuchen wir alle Möglichkeiten. Dann werden wir sehen, was passiert. Wir führen Gespräche und versuchen, die beste Lösung für Fabio zu finden.»

Ex-Rennfahrer Mahé ließ durchblicken, es gäbe noch keine konkreten Angebote. Er wollte auch nicht mit der Sprache herausrücken, als er gefragt wurde, welche Werke Interesse am Yamaha-Star zeigen.

Voraussichtlich hat Yamaha im Quartararo-Vertrag das übliche «right of first refusal» festgeschrieben. Das ist eine Art Vorkaufsrecht und bedeutet: Wenn Yamaha das Angebot eines anderes Teams «matcht», also die gleiche Gage bezahlt, muss Fabio bleiben. 

Es könnte also zur Schlacht mit den Scheckbüchern kommen.

Man kann sich ausmalen, dass HRC unter den Interessenten ist, da Pol Espargaró bisher hinter den Erwartungen geblieben ist. Er liegt in der WM an zehnter Position, mit KTM war er 2020 WM-Fünfter.

Marc Márquez hat bei Repsol Honda einen Vertrag bis Ende 2024, Francesco Bagnaia beim Ducati Lenovo Team ebenfalls. Brad Binder und Miguel Oliveira gelten als Fixstarter bei Red Bull KTM Factory Racing, und Franco Morbidelli ist bei Yamaha bis Ende 2023 unter Vertrag. Bei Suzuki laufen die Verträge von Alex Rins und Joan Mir aus.

Fabio Quartararo, 2021 beim Texas-GP Zweiter hinter Marc Márquez, gelang am Freitag auf dem Circuit of The Americas immerhin Rang 3.

«Wir haben großen Respekt vor Yamaha», erklärte Mahé, der natürlich in Betracht zieht, dass es Yamaha war, die dem inzwischen 23-jährigen Franzosen im Juni 2018 einen Zwei-Jahres-Vertrag für die MotoGP gab, obwohl er nie einen Moto3-WM-Lauf und nur ein Moto2-Rennen gewonnen hatte.

Yamaha hatte für diesen riskanten Schachzug viel Kritik einstecken müssen. Doch bereits im zweiten Jahr (2020) gewann «El Diablo» im Petronas-Yamaha-Kundenteam drei Grand Prix, darunter gleich die ersten zwei im Juli in Jerez.

Inzwischen hat Fabio den überragenden Marc Márquez ziemlich entzaubert, durch seinen Quali-Speed, seine Rennpace und seine geringe Sturzanfälligkeit.

Ob sich Fabio Quartararo, der erst am Anfang einer großen Karriere steht, als Franzose den zu allem entschlossenen Honda-Liebling Márquez als Teamkollegen antun will, dem die Manager von HRC und Sponsor Repsol jeden Wunsch von den Augen ablesen, bleibt abzuwarten.

Dankbarkeit ist zwar kein Charakterzug, der in der MotoGP-Weltmeisterschaft Vorrang hat. Aber Quartararo ist sich bewusst, dass er bei Yamaha in ein familiäres Umfeld eingebettet ist, das ihm auch Fehler jederzeit verzeiht und ihm mit Crew-Chief Diego Gubellini einen kongenialen Partner in die Box gestellt hat.

Ein paar Top-Ergebnisse in den nächsten Wochen auf den kurvenreichen Pisten in Portimão, Jerez und Le Mans könnten den Ausschlag für Yamaha geben.

Außerdem: Fabio Quartararo hat seit 2019 einen hoch dotieren Monster-Vertrag, bei Repsol-Honda ist Konkurrent Red Bull als Co-Sponsor dabei. Diese Tatsache hat nach 2019 schon den Transfer von LCR-Honda-Pilot Cal Crutchlow zu Repsol verhindert.

Lin Jarvis hat seinen Starpiloten Quartararo schon daran erinnert, dass Joan Mir mit der Suzuki 2020 ein einziger Sieg zum Titelgewinn gereicht hat.

Fabio Quartararo lässt sich nicht in die Karten blicken, er konzentriert sich lieber auf die Action auf der Rennstrecke.

Aber der Ausnahmekönner weiß natürlich, dass es Suzuki gelungen ist, dem 1000-ccm-Reihenmotor für 2022 die nötige Power einzuverleiben.

Und es gibt keinen Grund, warum die Yamaha-Ingenieure bei ihrem Inline-Four diese Power für 2023 nicht auch finden sollten. Alle Komponenten und Ingenieure sind auf dem Markt verfügbar, es ist eine Geldfrage. 

Wahrscheinlich bekommt Quartararo längst die neuesten Prüfstandsergebnisse des 2023-M1-Motors aus Hamamatsu in Japan zu sehen. 

Und erst wenn die Nummer 20 für die Saison 2023 unterschrieben hat, können die anderen Werksteams und Topfahrer ihre Schachzüge vollziehen.

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