Carlo Pernat: Ein Clown? Nein, ein Weltmeister-Macher

Von Günther Wiesinger
Die Piloten des italienische Fahrer-Managers Carlo Pernat haben 18 Weltmeistertitel gewonnen. Er bejubelte mit Enea Bastianini und Tony Arbolino in Texas gleich zwei GP-Sieger aus seinem Stall.

Kaum jemanden ist aufgefallen, dass gleich zwei Schützlinge des legendären Fahrer-Managers Carlo Pernat am vergangenen Wochenende einen Grand Prix gewonnen haben. Damit bewies der bauernschlaue italienischen Haudegen wieder einmal sein unvergleichliches und besonderes Gespür für junge Motorrad-GP-Talente.

Dabei hat Carlo Pernat in seiner jahrzehntelangen Karriere auch schon genug Rückschläge und Enttäuschungen erlebt. Der Tiefpunkt war der Todessturz seines Fahrers Marco Simoncelli 2011 beim Malaysia-GP in Sepang. Doch diese Tragödie entmutigte Carlo genau so wenig wie später die vierjährige Sperre seines Fahrers Andrea Iannone. Er suchte und fand mit Enea Bastianini und Tony Arbolino bald die nächsten Talente. Sein sechster Sinn für begabte Topfahrer hat den Manager selten Im Stich gelassen.  

Und oft genug musste Carlo Pernat so manchen Sturm ertragen, selten hielt er mit seiner Meinung hinter dem Berg. So war bei Suzuki Ecstar im Mai 2018 ein heftiger Disput über die Vergabe des zweiten MotoGP-Platzes neben Alex Rins für 2019 entbrannt.

Neben Andrea Iannone, damals gerade MotoGP-Dritter in Austin und Jerez, rechnete sich auch Jorge Lorenzo Chancen aus, denn er hätte rund 2 Millionen Euro von Monster mitbringen können und war bei Ducati Corse nicht glücklich.

Auch Joan Mir, der Moto3-Weltmeister Joan Mir von 2017, stand auf der Wunschliste, wenn auch ursprünglich mit geringeren Aussichten, denn neben Rins (er steckte 2018 erst in der zweiten MotoGP-Saison) wurde eigentlich ein Routinier gesucht.

Als Iannone-Manager Carlo Pernat beim Jerez-GP 2018 erklärte, Lorenzo könne sich ordentlich verpokern und sowohl bei Ducati als auch bei Suzuki zwischen Stuhl und Bank fallen, reagierte der Mallorquiner gereizt. «Pernat ist der Clown der italienischen Medien», wetterte Lorenzo. Aber Carlo Pernat blieb dem Ducati-Werksfahrer nichts schuldig.

«Mir kann niemand nachsagen, ich hätte im Motorradsport nichts geleistet», stellte Pernat im Gespräch mit SPEEDWEEK.com fest. «Ich bin bei Aprilia mit vier Piloten 125-ccm-Weltmeister geworden, mit Gramigni, Rossi und zweimal mit Sakata. In der 250er-WM haben wir dreimal mit Biaggi gewonnen, einmal mit Valentino, einmal mit Capirossi. Das sind bereits neun Weltmeistertitel. Es kommen aus meiner Cagiva-Zeit noch zwei Motocross-WM-Titel dazu, 1985 mit Pekka Vehkonen und 1986 Dave Strijbos. Ich war bei beiden Firmen für die Sportaktivitäten verantwortlich. Bei Aprilia habe ich mit Jan Witteveen zusammengearbeitet, er war der Technical Director. Jetzt haben wir elf Titel beisammen. Dazu war ich bei Cagiva 1990 für den Paris-Dakar-Sieg von Eddy Orioli zuständig. Dazu wurden unter meine Regie sieben Konstrukteurs-WM-Titel gewonnen. 18 WM-Titel. Das ist meine Geschichte. Mehr will ich dazu nicht erwidern. Vielleicht kann ich noch erwähnen, dass ich Valentino entdeckt und ihm mit 15 Jahren schon einen Drei-Jahres-Werksvertrag bei Aprilia gegeben habe. Wenn mich jemand als Clown bezeichnet, kann ich nur entspannt lachen.»

Nach der Zeit bei Cagiva und Aprilia (er ging aus Noale Ende 1998 weg) agierte Pernat vorübergehend als Präsident des Fußballclubs FC Genua, danach kehrte er ins GP-Fahrerlager zurück. Er wurde Berater von Gilera und persönlicher Manager von prominenten Piloten. «Mamola, Roche, Gramigni, Reggiani, Biaggi für drei Jahre, Capirossi, Simoncelli, Locatelli, Perugini, Iannone, Bastianini», zählt der heute 74-jährige Pernat auf. Dann grübelt er: «Ich habe sicher einige vergessen.»

An den Aprilia-Werksvertrag mit Valentino Rossi erinnert sich Pernat genüsslich. «Er galt für die Jahre 1996, 1997, 1998. Ich brauchte die Unterschriften von Papa Graziano und Mama Stefania, denn sie lebten schon in Scheidung. Das war damals ein riesiger Deal für Aprilia, denn wir haben dem 15-jährigen Valentino schon eine schöne fixe Gage zugesagt. Im ersten Jahr waren es 30 Millionen Lire, im zweiten Jahr 90 Millionen, in der dritten Saison 180 Millionen, da fuhr Vale schon in der 250er-WM.»

Das waren Jahresgagen von ca. 15.000 Euro, 45.000 und 90.000 Euro.

Übrigens: Carlo Pernat hat mit seiner Aussage über Jorge Lorenzo 2018 recht behalten, denn Suzuki nahm lieber den jungen Joan Mir als den teuren Mallorquiner. Und Joan Mir wurde 2020 bereits im zweiten Jahr mit Suzuki MotoGP-Weltmeister!

Und bei Ducati Corse bekam Danilo Petrucci den Vorzug gegenüber dem fünffachen Weltmeister, der zu Repsol-Honda abwanderte,  dort scheiterte und Ende 2019 zurücktrat. Und Andrea Iannone wurde von Pernat ins Aprilia-Werksteam transferiert. 

Übrigens: Joan Mir und sein Manager Paco Sanchez hatten 2018 einen Vorvertrag bei HRC für 2019 mit einem Schlupfloch unterschrieben, denn es wurde ihnen nur ein Platz im LCR-Kundenteam zugesagt. Bei Repsol sollte ja dann Marc Marquez und Jorge Lorenzo ein vermeintliches «Dream Team» bilden.

Als Joan Mir dann als Moto2-WM-Sechster für 2019 das verlockendere Angebot für das Suzuki-Ecstar-Werksteam bekam, verlor der HRC-Deal seine Wirksamkeit. Diese Klausel hatte Paco Sanchez den HRC-Managern geschickt untergejubelt. 

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