Joan Mir (Suzuki): Ohne Siegchance wird es sinnlos

Von Manuel Pecino
Ein entschlossener Joan Mir

Ein entschlossener Joan Mir

Joan Mir gibt sich im Interview selbstbewusst und fokussiert. Dass er in der MotoGP-Saison 2022 weniger effektiv überhole, will er nicht gelten lassen. Er sieht sich auch nicht im Schatten seines Teamkollegen Alex Rins.

Joan Mir wartet noch auf seinen ersten Podestplatz der Saison, dennoch verfügt er als WM-Sechster vor dem Frankreich-GP in Le Mans über eine solide Ausgangsposition. Mit SPEEDWEEK.com sprach er bereits über Marc Márquez, im zweiten Teil des Interviews äußert sich der Weltmeister von 2020 auch zum zweifachen Saisonsieger Enea Bastianini und seinen Suzuki-Teamkollegen Alex Rins.

Zunächst haben wir den 24-jährigen Mallorquiner aber zu seiner langen Durststrecke befragt. Denn seit Mirs erstem und bisher einzigen Sieg in der Königsklasse am 8. November 2020 in Valencia sind inzwischen genau 550 Tage vergangen!

2022 ist deine vierte Saison in der MotoGP-WM. 2020 wurdest du Weltmeister, im Vorjahr WM-Dritter – dennoch steht erst ein MotoGP-Sieg zu Buche. Wie sehr bist du davon besessen, wieder gewinnen zu wollen?

Sehr! Meine gesamte Karriere folgte demselben Ablauf: Ein Jahr als Rookie und ein zweites Jahr, um zu gewinnen. Auf diese Weise fühle ich mich motiviert, wenn ich um den Sieg und gute Ergebnisse kämpfe.

Ich glaube, wenn der Tag kommt, an dem ich nicht mehr gewinnen kann, werde ich aufhören. Denn in dieser Welt gibt es viele Dinge, die weniger erstrebenswert sind, zum Beispiel das ganze Reisen. Es weiterhin zu machen, wenn du keine Chance auf den Sieg hast, macht aus meiner Sicht keinen Sinn.

Nicht zu gewinnen kann auch zu Frust führen?

Ja.

Dein letzter Sieg ist eine ganze Weile her…

Das stimmt, aber ich kämpfe darum zu gewinnen. Du musst wissen, wie du durch schwierige Momente gehst. 2021 blieb ich die gesamte Saison sieglos, in den bisherigen sechs Rennen der laufenden Saison ist auch nichts passiert. Ich hatte aber gute Rennen, ich kämpfe um die Platzierungen in der WM-Tabelle… Anders gesagt: Ich glaube, dass ich eine gute Performance zeige. Ob ich besser sein könnte? Ja, da stimme ich zu, aber ich könnte auch schlechter sein.

Und dann kommt ein Fahrer wie Bastianini und gewinnt zwei Rennen! Wie erklärst du das Bastianini-Phänomen?

Es ist klar, was vor sich geht. Er ist ein guter Fahrer, ein Top-Fahrer, der ein Motorrad vorgefunden hat, das gut funktioniert und zu seinem Fahrstil passt. Ob er bis zum Schluss um den Titel kämpfen wird, wissen wir nicht. Er ist aber ein sehr schneller Kerl.

Nach sechs Grand Prix ist Bastianini WM-Dritter – punktegleich mit Alex Rins. Was macht dein Teamkollege besser als du? Er hat im Moment 13 Punkte mehr auf dem Konto.

Er hatte nicht das Problem, das ich in Portimão hatte, und er wurde nicht abgeräumt. Das ist der Unterschied, sonst wäre ich vielleicht vor ihm.

Also macht er nichts besser als du?

Nein. Unsere Performance ist sehr ähnlich auf praktisch jeder Strecke. Alex ist ein sehr schneller Kerl, er ist jetzt gut unterwegs und er war konstant. Sein Start in die Saison war sehr gut… Ich weiß, wozu mein Teamkollege in der Lage ist. Ich kenne ihn sehr gut.

Wenn man dich auf der Strecke beobachtet, wird der Eindruck erweckt, dass du bei einem deiner großen Stärken – deine Entschlossenheit beim Überholen – weniger effizient agierst.

Damit bin ich überhaupt nicht einverstanden. In Mandalika bin ich als 18. gestartet und als Sechster ins Ziel gekommen. Wenn du im Qualifying auf Startplatz 8 landest und dann im Rennen Sechster wirst, hast du nur zwei Gegner überholt. Von Startplatz 8 auf Rang 4 sind es vier. Ich bin in der Hinsicht immer noch derselbe.

Genauso ist es aber schwieriger zu überholen, seit das Ride Height Device, die Winglets und alles eingeführt wurden. Das ist ein Fakt. Wenn du heutzutage im Windschatten eines anderen Piloten fährst und der Vordermann bremst, dann kannst du das Motorrad nicht stoppen, wenn du gleichzeitig wie er bremst. Du musst vorher bremsen, du musst das kalkulieren, immer.

Mir geht in Sachen Überholen nichts ab. Es stimmt aber, dass es für alle immer schwieriger wird. Vorher musste der Reifenverschleiß, die Wheelie-Neigung und alles mehr gemanagt werden. Jetzt beschleunigst du und das war’s.

Bist du sieben Tage die Woche über 24 Stunden ein Rennfahrer?

Ja. Ich würde gerne nein sagen, aber es wäre nicht wahr. Fragt Alejandra! Es fällt mir sehr schwer abzuschalten. Ich denke immer darüber nach, wie ich mich verbessern kann. Und das ist jetzt schon viele Jahre so.

Begleitet dich deine Frau Alejandra zu den Rennen?

Sie kommt zu den Rennen, wenn sie es möchte, aber nur an den Sonntagen.

Ich frage das, weil die Rennstrecken dein «Büro» sind. Kaum jemand bringt seinen Partner ins Büro…

Das ist ein Satz, den ich selbst schon oft gesagt habe! Rennfahren ist mein Job und ich bin hier auf das fokussiert, was ich zu tun habe. Alejandra könnte trotzdem mitkommen, weil sie immer sehr ruhig ist und das Timing versteht, weil sie selbst Sportlerin war.

Aufgrund meiner Arbeitsmethodik bevorzuge ich es, an Rennwochenende zu 100 Prozent fokussiert zu sein. Nach dem Rennen bin ich für alles offen. Alejandra versteht das von ganz allein. Es ist nicht so, dass ich ihr das hätte erklären müssen.

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