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Mugello: Es droht ein Zuschauerdesaster – und Regen

Von Günther Wiesinger
Seit einigen Wochen hat sich abgezeichnet, dass nur 30.000 Zuschauer zum Mugello-GP kommen werden. Jetzt ist dieses Desaster Tatsache geworden. Und ab 12 Uhr ist Dauerregen angesagt.

Die Tifosi haben beim GP Italien in der Toskana seit 1976 schon viele unvergessliche Highlights erlebt, manchmal waren in der Königsklasse gleich vier Italiener auf den ersten vier Plätzen, allein Valentino Rossi hat auf dem Autodromo Internazionale del Mugello neun Siege errungen, sieben davon in der «premier class».

Aber für den Grand Prix 2022 hatte sich schon seit zwei Monaten ein Zuschauer-Desaster abgezeichnet, der Vorverkauf verlief extrem schleppend Und es gibt viele Ursachen: Nach Valentinos Rossis Rücktritt blieben Tausende Gelbkappenträger daheim. Wer heute in der Früh zur Strecke rollte, sah die früher dominierende Farbe Gelb nur sehr sporadisch.

Neben den gestiegenen Treibstoffpreisen trugen sicher auch die hohen Eintrittspreise zum Boykott der Fans bei.

Die Kosten:
-Sonntag, Stehplatz «Prato»: 90 Euro (80 Euro für Frauen, 70 Euro für Jugendliche von 14 bis 18 Jahre);
-Sonntag, Tribüne: 170 bis 310 Euro;
-Normalpreis Stehplatz-Abonnement für 3 Tage: 150 Euro;
-Tribünen-Abonnement für 3 Tage: ab 220 Euro;
-Camping-Ticket für Motorhomes: 100 Euro.

Schon am Donnerstag war hier zu hören, es würden nur rund 30.000 Zuschauer erwartet. In der Vergangenheit waren bis zu 80.000 Fans am Renntag an der Rennstrecke. Die Autokolonnen stockten in den besten Zeiten schon am Sonntag in der Früh nach der Autobahnabfahrt Barberino nach den ersten 500 Metern. Heute konnte man selbst um 8 Uhr noch im 60-km/h-Tempo Richtung Scarperia tuckern.

Und wer über Borgo San Lorenzo anreiste, dem fiel auf: Auf den letzten zwei Kilometern sparten sich die Veranstalter die Fahrbahnabtrennungen, weil ohnedies kaum Zuschauer zur Piste wanderten. Früher wurden Fahrbahnteiler aufgestellt, links pilgerten die Fans, rechts rollten die Autos der Teams, Funktionäre und Medien-Berichterstatter ins Fahrerlager oder besser auf die Parkplätze P1 und P2.

Selbst das MotoGP-Quali-Ergebnis mit drei Italienern an der Spitze (Di Giannantonio vor Bezzecchi und Marini, 5. Bagnaia) konnte die Tifosi nicht umstimmen und zum kurzfristigen Trip in die Toskana ermuntern. Dabei hatten die lokalen Medien noch emsige Aufrufe gestartet, um den heimischen Assen mehr Unterstützung durch die Zuschauer angedeihen zu lassen.

Eine Teamsprecherin, die seit mehr als 20 Jahren jedes Jahr in Mugello war, schickte am Samstag ihrem Vater Bilder von den leeren Naturtribünen. Er schrieb zurück: «Wo bist du? Daheim im Garten?»

Bei WM-Vermarkter Dorna wächst der Ärger über die Mugello-Streckenbetreiber, die einen GP-Vertrag inklusive 2026 haben. Die Piste gehört bekanntlich dem Fiat-Konzern, den es offensichtlich nicht groß kümmert, wenn mit dem Motorrad-GP Image-Verluste eingefahren werden.

Denn in Deutschland, Österreich und in der Schweiz war der Donnerstag ein Feiertag. Man hätte also Werbung in diesen Ländern machen sollen, um die zahlreichen deutschsprachigen Fans für einen Kurztrip nach Italien zu locken.

Aber der Mugello-Promoter rannte sehenden Auges in die dramatische Zuschauerpleite. Dabei musste das Rennen 2020 wegen Corona abgesagt werden, 2021 war hier nur ein Geisterrennen ohne Zuschauer erlaubt.

Die Fans sind also hungrig nach Motorsport, dazu kämpfen zwei italienische Hersteller (Ducati und Aprilia) um den WM-Titel, die Voraussetzungen sind also ausgezeichnet. Zudem führt der Italiener Vietti die WM in der Moto2-Klasse an.

Dass es mit einem professionellen Management auch anders geht, haben wir vor zwei Wochen in Le Mans erlebt, wo der renommierte Promoter Claude Michy am Sonntag 110.003 Besucher an die Strecke lockte und an drei Tagen 225.000.

Der Dilettantismus des Mugello-Promoters könnte Folgen haben. Da weltweit immer mehr Rennstrecken-Betreiber als MotoGP-Veranstalter auftreten wollen, könnte Mugello in absehbarer Zeit aus dem Kalender gekippt werden.

«Das Letzte, was wir in dieser Zeit brauchen, sind TV-Bilder mit leeren Tribünen», stellte Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta fest.

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