Helmut Marko hält Verstappen für unschlagbar

Carmelo Ezpeleta: «Es wird weiter 3 GP-Klassen geben»

Von Günther Wiesinger
Pramac-Teamchef Paolo Campinoti plädiert dafür, bei den Übersee-GP nur die MotoGP-Klasse fahren zu lassen. Für Dorna-Chef Ezpeleta kommt das nicht in Frage. Aber er prüft, wie der GP-Sport attraktiver werden kann.

Manche TV-Regisseure und Fernseh-Kommentatoren wünschen sich ein besseres Umfeld für die MotoGP-Berichterstattung, einen noch besseren Zugang zu den Stars und breitere Sendeplätze in der Stunde vor dem MotoGP-Rennstart. Vor allen die Pay-TV-Sender, die Unsummen für ihre TV-Rechte ausgeben, wünschen sich mehr Sendezeit. Am liebsten auf Kosten der Moto3 und Moto2-Klasse oder des MotoE-Weltcups, der 2022 bei sechs Grand Prix stattfindet, nachdem der Finnland-GP auf dem KymRing (8. bis 10. Juli) gestrichen wurde.

Die Dorna hat im Frühjahr eine Umfrage in Auftrag gegeben, bei der geklärt werden soll, welche Änderungen und Verbesserungen sich das GP-Publikum an der Rennstrecke und vor dem Fernseher für die Zukunft wünscht.

Paolo Campinoti, Besitzer des Pramac-MotoGP-Teams, das seit 2005 mit dem italienischen Werk in der «premier class» dabei ist, schimpfte zuletzt oft laut über die unprofessionelle Vorgangsweise von GP-Vermarkter Dorna Sports S.L. und der Teamvereinigung IRTA.

Campinoti, dessen Firma Pramac Generatoren herstellt, ist zuletzt offenbar vom Formel-1-Bazillus befallen worden. Er stellt die Formel 1 als Vorbild bei der Vermarktung hin, vergisst aber, dass die Autokonzerne ein Vielfaches von dem umsetzen, was eine Motorradfirma an Umsatz erwirtschaftet, was sich auch in den Rennbudgets widerspiegelt und bei den Entschädigungen der Teams.

Was die TV-Quoten betrifft: Es interessieren sich einfach mehr Menschen für den Automobilsport als für den Zweiradsport.

Deshalb kassiert Formel-1-Rechte-Inhaber Liberty Media Unsummen bei den TV-Rechten ab, es werben globale Konzerne wie Rolex, Pirelli, Heineken, Emirates, Aramco, salesforce, DHL, crypto.com, MSC Cruises, aws, Lenovo, zoom, BWT und Liqui Moly rund um die Rennstrecke, um ins Blickfeld der TV-Kameras zu kommen.

Deshalb schüttet Liberty Media rund 950 Millionen an die F1-Teams aus, die Dorna etwas mehr als 70 Millionen Euro an die Rennställe der MotoGP, Moto2 und Moto3 sowie MotoE.

Doch nicht nur Bernie Ecclestone selbst, auch ehemalige und aktuelle Formel-1-Manager wie Flavio Briatore und Maurizio Arrivabene und Dr. Helmut Marko lobten bei ihren MotoGP-Besucher regelmäßig die professionelle Tätigkeit der Dorna. «In der Formel 1 bräuchten wir einen Macher wie Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta», erklärte Helmut Marko vor ein paar Jahren nach einem Gespräch mit dem Spanier beim Catalunya-F1-GP.

Es gab zwar 2022 beim Mugello-GP eine Zuschauerpleite, aber diese stand im Zusammenhang mit dem Bürgermeister von Scarperia, der wegen Corona anfangs nur den Verkauf von 60 Prozent der Tickets erlaubte. Daraufhin erhöhte der Autodromo-del-Mugello-Promoter massiv die Preise. Und da Zugpferd Rossi fehlte, blieben zehntausende Stammkunden daheim.

Was sich nach der Auswertung der Umfrage ändert, ist offen.

Manche Fahrer wünschen sich WM-Punkte für die Pole-Position oder die schnellste Rennrunde. In der Formel 1 wird seit 2019 ein WM-Punkt für die «fastest lap» im Rennen vergeben.

«Wir müssen das Verhältnis zwischen den Zuschauern und uns verbessern», erklärte Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Deshalb haben wir über die Sozialen Medien abgefragt, ob die Zuschauer an einer Zusammenarbeit interessiert sind. Dazu bilden wir bei der Dorna eine Abteilung, die in Kontakt mit den lokalen GP-Veranstaltern stehen wird. So wollen wir genau herausfinden, was wir tun können, um besser zu werden.»

In Le Mans war der Grand Prix ausverkauft, auch auf dem Sachsenring. Aber in Assen blieben am Freitag und Samstag viele Plätze leer, eine Tatsache, die auch bei anderen Grand Prix zu beobachten ist.

Jetzt wird überlegt, ob es zusätzliche Anreize für einen GP-Besuch am Freitag oder Samstag geben sollte.

Fakt ist: Veranstalter wie in Mugello und Assen (und früher Brünn) investierten kein Geld für Werbung im benachbarten Ausland. Kommunikations- und Marketing-Abteilungen sind entweder gar nicht vorhanden – oder einfach von ahnungslosen und untätigen Dilettanten besetzt.

Die neue Generation der hochmütigen Assen-Veranstalter macht sich nicht einmal die Mühe, per E-Mail Pressemitteilungen ins benachbarte Ausland zu schicken, nicht einmal nach Deutschland, obwohl für die meisten Deutschen in den alten Bundesländern Assen geografisch besser gelegen ist als Hohenstein-Ernstthal in Sachsen.

Dabei greift ein Blinder mit dem Stock, dass in Zeiten des Ukraine-Kriegs, der steigenden Energiepreise, der wachsenden Inflation und des schrumpfenden Wirtschaftswachstums das Geld bei den Fans und Familien nicht mehr so locker sitzt wie in der Vergangenheit.

Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta kennt die Formel 1 bereits seit 1978, damals agierte er als Direktor des Jarama-Circuits und war deshalb jahrelang Partner von F1-Direktor Bernie Ecclestone. «Im MotoGP-Paddock kenne ich keinen, der mehr Formel-1-Erfahrung hat als ich», betont Ezpeleta. «Ich weiß, was im Vierradsport besser ist als bei uns und was nicht. Wir können mit den Budgets der F1-Teams nicht mithalten. Die besten MotoGP-Teams geben ein Viertel von dem aus, was die ärmsten F1-Teams wie Haas zur Verfügung haben.»

Geschäftsleute wie Paolo Campinoti möchten die Wertigkeit der kleinen Kategorien weiter einschränken und am liebsten bei den Übersee-Rennen nur die MotoGP-Klasse auftreten lassen.

«Aber dann hätten wir im April in Mandalika beim Indonesien-GP keinen Heimsieg durch Chantra in der Moto2 erlebt. Und in Texas standen die heimischen Moto2-Fahrer Cameron Beaubier und Joe Roberts im Mittelpunkt», gibt Ezpeleta zu bedenken. «Die Übersee-Promoter wollen alle drei Klassen haben.»

Aber die Dorna-Manager halten sich nicht für unfehlbar, sie sind zu Zugeständnissen bereit. Es wird darüber nachgedacht, der MotoGP-Klasse mehr Exklusivität zu geben.

Der Unterschied in der Wichtigkeit zwischen MotoGP und den restlichen Kategorien soll deutlicher dargestellt werden.

«Aber wir werden die Moto2 und Moto3 nie streichen, denn diese Klassen sind ein wichtiger Teil der GP-Struktur und sind es seit 1949 immer gewesen», betont Carmelo Ezpeleta. «Ich bin für alle sinnvollen Diskussionen offen. Aber am GP-Programm mit drei Klassen wird nicht gerüttelt.»


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