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Hervé Poncharal (GASGAS): «Sicher kein B-Team mehr»

Von Günther Wiesinger
2021 kam GASGAS in die Moto3-WM, 2022 in die Moto2, jetzt folgt der logische MotoGP-Einstieg. Der Slogan «Get on the Gas» wird kompromisslos in die Tat umgesetzt. 2022 wurden bereits 31.651 GASGAS-Bikes verkauft.

Als Stefan Pierer 2019 mit KTM Industries AG (mittlerweile umbenannt in Pierer Mobility AG) den spanischen Trial- und Enduro-Hersteller GASGAS übernahm, hielt die Trialwelt den Atem an. Einige Bedenkenträger vermuteten, Pierer würde einfach die Enduros von KTM auf GASGAS umtaufen, um im Markt der Geländemaschinen mit einem dritten eigenen Brand nach KTM und Husqvarna Marktanteile erobern zu können und die Trialmaschinen ohne technische Weiterentwicklung auslaufen zu lassen. Heute ist klar: Pierer Mobility hat das Gegenteil bewiesen, die Kritiker mundtot gemacht und mehrere Millionen ins Trial-Geschäft investiert.

Denn die Pierer-Gruppe bekannte sich zum Standort Spanien nicht nur mit Worten, sondern begann 2021 mit dem Bau eines neuen Werks in Terrassa bei Barcelona, der nach weniger als einem Jahr Bauzeit im August 2022 abgeschlossen wurde. Rund 6 Millionen Euro wurden investiert, wovon die Region Katalonien 0,5 Mio Euro Fördergelder beisteuerte. 45 neue Arbeitsplätze wurden geschaffen,die Produktionskapazität des Werks wird mit jährlich 5000 Motorrädern (bei einer Schicht) angegeben. Das Firmenareal erstreckt sich über 1700 Quadratmeter. Forschung & Entwicklung (R&D), Motorsport, Kundenservice, Einkauf, Qualitätskontrolle und Administration sind dort untergebracht.

Damit ist die usprünglich spanische Marke GASGAS, die 2016 wegen Geldmangels die Produktion einstellen musste, gerettet.

Während dieser Übergangsphase wurden die Trial-Maschinen von GASGAS weiter in Spanien gebaut, die Jahrgänge 2021 und 2022 jedoch ohne technische Änderungen. Das änderte sich nun mit dem 2023er Jahrgang. Es gibt einen neuen Rahmen, bei dem die vorderen Rahmenstreben aus Aluminium unterhalb des Lenkkopfs mit dem Stahlrahmen verschraubt sind. Bisher bestanden diese Rahmenteile aus Stahl und waren fest mit dem Hauptrahmen verschweißt.

Vorteil der neuen Bauweise: Die Alu-Rahmenstreben umfassen den Kühler seitlich und schützen ihn so bei Stürzen. Bei der zuvor verwendeten Rahmenkonstruktion verliefen die Streben vor dem Kühler, der die Streben seitlich überragte und darum bei Stürzen in steinigem Terrain oft beschädigt wurde.

Die TXT-Modellreihe ist für (ambitionierte) Hobbyfahrer gedacht und umfasst vier Modelle mit 125, 250, 280 und 300 ccm. Die TXT GP ist komplett ausgerüstet für die Teilnahme an Meisterschaften und wird als 250er- und 300er-Version angeboten.

Die Pierer Mobility AG hat die bisherige Offroadmarke GASGAS nach dem Motto «GET ON THE GAS» in kurzer Zeit in allen erdenklichen Rennserien etabliert. Sam Sunderland siegte 2022 bei der Dakar-Rallye, Glenn Coldenhoff sorgte für den ersten Laufsieg von GASGAS in der der MXGP-Weltmeisterschaft, Justin Barcia triumphierte in der US-Supercross-Meisterschaft bei einem Event. Bei den 250ern komplettieren Michael Mosiman und Pierce Brown ein vielversprechendes US-SX-Team. Dazu kamen Erfolge im Trialsport, im Super-Enduro und Enduro.

2023 soll Jorge Prado für GASGAS-Siege in der MXGP-WM sorgen, sein Teamgefährte in der Mannschaft von Davide De Carli ist Mattia Guadagnini. In der MX2-WM hält der deutsche Hoffnungsträger Simon Längenfelder die GASGAS-Farben hoch.

In der Moto3-WM 2022 siegten Weltmeister Izan Guevera (7x) und Vizeweltmeister Sergio Garcia (3x) im Team von Jorge «Aspar» Martinez bei zehn von 20 Rennen. Auch in der Moto2-Klasse mischte GASGAS tüchtig mit: Jake Dixon gelangen sechs Podestplätze und ein sechster WM-Rang.

Der Einstieg von GASGAS in die MotoGP-WM 2023 mit dem französischen GASGAS Factory Racing Tech3-Team markiert einen weiteren Meilenstein. Pol Espargaró, Moto2-Weltmeister 2013, und Augusto Fernández, Moto2-Weltmeister 2022, bilden das prominente GASGAS-Aufgebot in der «premier class».

«Wir haben schon in den letzten Jahren die volle Werksunterstützung aus Österreich gehabt», erklärte Tech3-Teambesitzer Hervé Poncharal, dessen Vertrag mit der Pierer-Gruppe bis Ende 2026 verlängert wurde. «Aber im fünften Jahr der Zusammenarbeit sind wir jetzt definitiv nicht mehr das B-Team. Motorsport-Direktor Pit Beirer und Technical Director Fabiano Sterlacchini kommen persönlich nach Terrassa. Allein diese Tatsache beweist, dass die Pierer Mobility jetzt zwei Fabrikate nachhaltig in der MotoGP-Klasse etablieren wird. Ich bin sehr stolz, künftig die GASGAS-Farben tragen zu dürfen. Denn ich weiß von Stefan Pierer, Hubert Trunkenpolz und Pit Beirer, wie wichtig diese Marke für das österreichische Unternehmen in der Gegenwart und besonders in der Zukunft ist.»

Das Ziel ist klar: Das Red Bull-KTM-Tech3-Team hat 2020 mit Miguel Oliveira zwei MotoGP-Rennen (Spielberg und Portimão) gewonnen. Pol Espargaró soll an diese Erfolge abknüpfen.

Während GASGAS vor der Übernahme durch die Pierer Mobility AG rund 6000 Motorräder verkauft hat, wurden im Geschäftsjahr 2022 bereits 31.651 GASGAS- Motorräder verkauft.

«Wir werden schon oft gefragt, wann die ersten Straßenmotorräder von GASGAS auf den Markt kommen», berichtete Hervé Poncharal im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

Die Antwort: Im kommenden Herbst werden die ersten Straßenmodelle von GASGAS für 2024 präsentiert. Bis dahin müssen die Kunden mit Offroad-Fahrzeugen und E-Bicycles vorliebnehmen.

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