Yamaha steht vor Einigung mit neuem Kundenteam

Joan Mir (Honda): Was sagt er zum Kalex-Chassis?

Von Günther Wiesinger
Repsol-Honda-Werkspilot Joan Mir durfte am Montag nach Stefan Bradl das neue Kalex-Chassis testen. Der Spanier erzählte, warum sich sein Run verzögerte und wie seine ersten Eindrücke waren.

Obwohl die Honda-Mannschaft beim Jerez-GP zwei Wochen nach dem Alex-Rins-Triumph in Texas keine dicken Stricke zerrissen hat, standen die Fahrer des japanischen Herstellers beim Montag-Test im Mittelpunkt des Interesses. Denn seit rund zwei Monaten hat sich abgezeichnet, dass an diesem Testtag erstmals das Kalex-Chassis für die Honda RC213V zum Vorschein kommen könnte.

Tatsächlich wurde dieser deutsche Alu-Rahmen kurz nach 10 Uhr früh in der Box von HRC-Testfahrer Stefan Bradl entdeckt. Und während das private LCR-Team mit Rins und Nakagami kein Kalex-Chassis bekam, weil natürlich bei neuen Technik-Updates das Repsol-Honda-Team bevorzugt behandelt werden muss, rückte Joan Mir am Nachmittag tatsächlich mit dem Kalex-Chassis aus, wie aufmerksamen Beobachtern auffiel.

Stefan Bradl bekam wie immer an solchen Tagen Redeverbot. Der 33-jährige Bayer stürzte übrigens am Nachmittag in seinem letzten Run in der schnellen Kurve 5, er blieb aber unverletzt.

Übrigens: Repsol-Honda-Teamprinzipal Alberto Puig bemerkte am Montag gegenüber Journalisten, die ersten Anzeichen des Kalex-Chassis’ seien vielversprechend. Tatsächlich lag Stefan Bradl im 12 Uhr vorübergehend an zwölfter Stelle.

Joan Mir, im Rennen in der zweiten Runde gestürzt, erlebte wieder einen beschwerlichen Tag. Er spulte 67 Runden ab und schaffte Platz 15. Aber in seiner «out lap» mit der Kalex blieb das Bike am Nachmittag schon in der fünften Kurve mit einem Elektrik-Defekt stehen. «Durch den Sturz von Stefan habe ich das andere Motorrad am Nachmittag erst später bekommen als geplant», sagte Mir. «Das war heute ein bisschen ein Durcheinander. Es ist immer schwierig, in einem Tag so viel Zeug auszuprobieren.»

Auffallend: Die Honda-Fahrer dürfen das Wort «Kalex» nicht in den Mund nehmen. Sie sprechen also vom «other bike». 

Später in der Session schmiss der zweifache Weltmeister seine TSR-Honda wieder einmal weg. Auch Alex Rins stürzte einmal mit dem alten Chassis.

Aufmerksame Beobachter sahen im Laufe des Tages an den Bikes von Stefan Bradl und Alex Rins auch erstmals neue Flügel an der Hinterradschwinge, die jeder HRC-Stammfahrer bei einem Aero-Update (eines ist pro Saison und Fahrer erlaubt) in absehbarer Zeit auch bei den Grand Prix einsetzen könnten. Honda will mit diesen Flügeln offenbar die Traktion am Hinterrad verbessern, weil die Fahrer dauernd über zu viel Wheelspin klagen und mit dem bisherigen japanischen TSR-Chassis die Power nicht auf die Fahrbahn bringen.

Auch Joan Mir (25) probierte am Montag einige Aero-Updates, die Bradl im Rennen verwendet hat, dazu neue «downwash ducts».

«Wir haben an der Verbesserung unseres Basis-Set-ups gearbeitet», berichtete Joan Mir. «Außerdem haben wir viele Dinge probiert, die mir helfen sollen, mich auf dem Motorrad wohler zu fühlen. Aber ein Crash bei einem Test wirft natürlich das Programm durcheinander. Ich war bei diesem Sturz einfach zu schnell und zu optimistisch... Wir mussten danach den Testplan umstellen. Aber wir haben die meisten geplanten Aufgaben erledigt.»

Joan Mir machte aber kein Geheimnis daraus, dass er sich am Nachmittag auf die Kalex-Honda geschwungen hat. «Was ich von Stefans Motorrad halte? ich kann nicht viel dazu sagen, weil ich nur eine Runde damit gefahren bin, dann hat mich ein elektrisches Problem gestoppt», berichtete Mir. «Ich bin deshalb in der Kurve 5 ausgerollt. Dadurch kann ich wirklich kein Urteil zu diesem Chassis abgeben. Aber es könnte in eine positive Richtung gehen. Wir müssen dieses Chassis jedoch ausführlicher testen, bevor wir ein exaktes Urteil abgeben können.»

Was hat ihm Stefan Bradl über den Kalex-Rahmen berichtet? «Stefan war happy. Sein Fahrstil ist ein bisschen anders als meiner. Ich bin sicher, dass sich dieses neue Bike anders verhält, das habe ich bereits in der ‘out lap’ gespürt. Man versteht gleich, dass das Konzept ein bisschen anders ist. Du hast wahrscheinlich etwas mehr Feedback darüber, was mit den Reifen passiert. Mehr kann ich vorläufig nicht sagen. Denn ich bin nur eine Runde gefahren und war noch dabei, die Reifen aufzuwärmen. Das ist nicht die ideale Möglichkeit, ein Urteil abzugeben. Ob dieses Chassis schneller ist, müssen wir erst herausfinden.»

Wird Joan Mir den Kalex-Rahmen auch am GP-Weekend in Le Mans verwenden? «Ich glaube nicht», entgegnete Joan Mir.

Das könnte daran liegen, dass im deutschen Bobingen noch nicht genügend Exemplare gebaut wurden und die ersten in der Box von Marc Márquez stehen werden, falls der sechsfache Weltmeister in Frankreich in die WM zurückkehrt.

Wie schätzt Joan Mir die neue Aerodynamik ein, die er ausprobiert hat? «Das ist schwierig zu sagen. Denn am Beginn haben wir ein Chassis probiert, das wir schon bei den Wintertests getestet haben,  mit dem habe ich mich etwas besser gefühlt. Wir haben es dann mit dem Chassis vom Wochenende verglichen. Es kann sein, dass die vielen Stürze, die sie bei Honda haben, mit der letzten Chassis-Version zu tun haben. Anderseits: Ich habe beim Run mit dem alten Chassis von den Wintertests neue Reifen montieren lassen und habe das Bike in Turn 6 zerstört. Ich habe wieder die Kontrolle über das Vorderrad verloren... Nachher habe ich am Basis-Set-up gearbeitet, außerdem haben wir Versuche mit einer geänderten Fahrwerks-Geometrie gemacht, die sich positiv angefühlt haben. Wir haben mit dem Chassis von den Wintertests, das sich nur geringfügig von meinem Rennbike unterscheidet, haben wir kleine Fortschritte gemacht, auch was das Vertrauen am Limit betrifft. Und es war ja heute das vorrangige Ziel, mein Gefühl für den Vorderreifen zu verbessern.»

Übrigens: In Le Mans wird die Dorna am 13./14. Mai den 1000. Grand Prix seit der Entstehung der Motorrad-WM 1949 feiern.

MotoGP-Test Jerez, 1. Mai:

1. Bezzecchi, Ducati, 1:36,574 min
2. Marini, Ducati, + 0,104 sec
3. Quartararo, Yamaha, + 0,151
4. Di Giannantonio, + 0,389
5. Viñales, Aprilia, + 0,390
6. Bagnaia, Ducati, + 0,450
7. Aleix Espargaró, Aprilia, + 0,486
8. Brad Binder, KTM, + 0,494
9. Martin, Ducati, + 0,515
10. Alex Márquez, Ducati, + 0,615
11. Raúl Fernández, Aprilia, + 0,711
12. Nakagami, Honda, + 0,740
13. Zarco, Ducati, + 0,752
14. Miller, KTM, + 0,857
15. Mir, Honda, + 0,942
16. Morbidelli, Yamaha, + 0,969
17. Rins, Honda, + 1,148
18. Augusto Fernández, KTM, + 1,165
19. Bradl, Honda, + 1,208
20. Pedrosa, KTM, + 1,823
21. Folger, KTM, + 1,968
22. Savadori, Aprilia, + 1,984


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