Knalleffekt: Kommen «Concessions» für Yamaha & Honda?
Weil Honda und Yamaha technisch hoffnungslos ins Hintertreffen geraten sind, sollen sie jetzt kurzfristig technische Privilegien bekommen. Aber stimmen Ducati, KTM und Aprilia zu?
Alle MotoGP-Fans fieberten der Saison 2025 entgegen. Ein sensationeller Dreikampf mit Marc Marquez, Pecco Bagnaia und Jorge Martin war vorprogrammiert. Doch für zwei Piloten lief das Jahr komplett aus dem Ruder.
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Da sich Honda in den letzten drei Jahren in der MotoGP-WM in eine aussichtlose Lage manövriert hat und Yamaha seit dem Deutschland-GP 2022 kein Rennen gewonnen und 2023 erst einen Podestplatz (Platz 3 in Texas mit Fabio Quartararo) errungen hat, will WM-Promoter Dorna Sports S.L. jetzt handeln.
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Seit einigen Monaten geistert im Paddock das Gespenst eines möglichen Rückzugs von Honda und Yamaha durch die Köpfe, was zwar die MotoGP-WM nicht gefährden, aber ein schlechtes Signal bedeuten würde, speziell nach dem Rückzug von Suzuki per Saisonende 2022. In Assen gab es deshalb jetzt inoffizielle Gespräche zwischen der Dorna und den Verantwortlichen der fünf Motorradwerke, die in der MotoGP vertreten sind. Denn nachdem feststeht, dass Honda aus dem Schlamassel nicht herauskommt und auch die M1-Yamaha nicht konkurrenzfähig wird und sich niemand wünscht, dass nach dem Rückzug von Valentino Rossi mit Marc Márquez der nächste Superstar aufhört, soll Yamaha und Honda so rasch wie möglich mit technischen Privilegien auf die Sprünge geholfen werden.
Sonst legt Marc Márquez womöglich ein Sabbatical ein – oder er muss weiter hoffnungslos hinterherfahren.
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Auf ähnliche Weise hat Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta schon 2014 Ducati geholfen, endlich schrittweise wieder ein Sieger-Motorrad zu entwickeln, als nach dem Titelgewinn von Casey Stoner 2007 technischer Stillstand einkehrte.
Alle MotoGP-Fans fieberten der Saison 2025 entgegen. Ein sensationeller Dreikampf mit Marc Marquez, Pecco Bagnaia und Jorge Martin war vorprogrammiert. Doch für zwei Piloten lief das Jahr komplett aus dem Ruder.
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Damals bekam der neue Ducati-Rennchef Gigi Dall‘Igna die Erlaubnis, das Ducati Corse-Werksteam mit Dovizioso und Hayden vom Factory Status in den Open-Class-Status zu transformieren, was mit zahlreichen Privilegien verbunden war.
Neun Tage vor dem Beginn der MotoGP-Saison 2014 wurde damals ein seltsamer Kompromiss gefunden. Ducati wurden die Open-Class-Vorteile für 2014 und 2015 (!) zugestanden, auch eine Ausrede war rasch zur Hand: Die Roten hatten 2013 kein Rennen gewonnen und durften als Dank für diese Meisterleistung 2014 und 2015 mit allen vier Piloten von Ducati Corse und Pramac die Vorzüge der Open Class genießen. Das hiess im Detail: Ducati hatte sieben (!) Motoren mehr als die direkten Gegner, nämlich zwölf statt fünf. Sie konnten die Power und die Drehzahl also beliebig erhöhen und mussten auf den Verbrauch keine grosse Rücksicht nehmen, denn sie durften im Rennen 2 Liter mehr verheizen als die Gegner. So kam 2014 der MotoGP-Top-Speed-Rekord von Andrea Iannone in Mugello mit 349,6 km/h zustande.
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Zur Erinnerung: Ducati hatte auch 2011 und 2012 kein Rennen gewonnen. Damals kam niemand auf die Idee, dieses Versagen zu belohnen. Erst der neue Ducati-Corse-General Manager Gigi Dall’Igna spürte diese Lücke im Reglement auf und machte sie sich zunutze. Der Unterschied zu heute: 2014 erlaubte das Reglement den Ducati-Schachzug. Heute müsste es durch eine "Lex Japan" geändert werden... Stefan Bradl hoffte schon im April auf "concessions" Honda-Testfahrer Stefan Bradl wünschte sich schon im vergangenen April vor dem Texas-GP "concessions" für Honda.
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Aber durch die zwei Podestplätze 2022 (Pol Espargaró Platz 3 in Doha, Marc Márquez Platz 2 in Phillip Island) und den Sieg von Alex Rins 2023 in Texas bestand keine Aussicht auf so eine Vorzugsbehandlung. "Ein Hersteller bekommt die ‘concessions' nur, wenn er in einer kompletten Saison keinen einzigen 'concession point' einsammelt", bestätigt Danny Aldridge, der MotoGP Technical Director. "Wenn ein Hersteller zum Beispiel in den nächsten zwei Jahren nur einen einzigen Konzessions-Punkt sicherstellt, wird er keine 'concessions' erhalten. Selbst mit einem einzelnen Podestplatz bleibt das Werk ein ‘non concession manufacturer'." Die Dorna-Manager hoffen, dass Ducati, KTM und Aprilia den "concessions" in dieser schwierigen Phase für Honda und Yamaha zustimmen werden, in der sich mitunter Mitleid mit den Japanern breitmacht und sich viele Experten fragen, wie lange sich die stolzen Asiaten diese Blamagen noch leisten wollen. Ob Ducati den Dorna-Plänen zustimmen wird, bleibt abzuwarten. Bisher geben die Italiener dazu kein Statement ab. Fakt ist: Die Dorna hat den Italienern nach 2013 auf ähnliche Weise aus der Patsche geholfen.
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Wie rasch den Japanern die Privilegien zugestanden werden können, muss auch noch verhandelt werden. Bisher haben in den entsprechenden Gremien noch keine offiziellen Gespräche stattgefunden, war heute bei Ducati zu hören. Es gab bisher nur interne Abklärungen, ob eine Bereitschaft dazu vorhanden ist. Es musste auch geklärt werden, ob Honda und Yamaha so eine Maßnahme begrüßen würden. Die Japaner haben den Plan offenbar gutgeheissen. Und welche Privilegien könnten Honda und Yamaha zugebilligt werden? Die Rede ist von einer höheren Anzahl von Testreifen (momentan 200 pro Werk pro Jahr, 2022 waren es noch 240), die Erlaubnis für ein oder zwei Motoren-Updates bis zum Saisonende, mehr Gestaltungsfreiheit beim Aerodynamik-Paket (momentan sind nur zwei Versionen pro Fahrer und Saison gestattet), dazu eventuell ein paar private Testtage für die Stammfahrer von Honda und Yamaha. Denn bis zum Valencia-GP ist bisher nur ein offizieller Testtag in Misano im September geplant. Aber ob Ducati, Aprilia und KTM die erwünschten Zugeständnisse hinnehmen, ist sehr fraglich.
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"Sie erfüllen nicht die Voraussetzungen, um die 'concessions' zu erhalten", erklärte Aprilia-Rennchef Massimo Rivola auf Anfrage von SPEEDWEEK.com. "Also werden wir nicht zustimmen." Auch bei KTM und Ducati ist Widerstand zu erwarten. Niemand will den teuer erkauften technischen Vorsprung leichtfertig aufs Spiel setzen. Suzuki und Yamaha haben in den 1970er Jahren und danach die 500er-WM dominiert, später kam noch Honda dazu. Damals bekamen die Europäer auch keine technischen Zugeständnisse... Voraussichtlich wird jetzt eine längere Diskussion dazu stattfinden und vielleicht irgendwann ein Kompromiss bezüglich Zeitpunkt und Anzahl der Privilegien verhandelt werden.
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Honda hat keine Kosten und Mühe gescheut, um den Level in der MotoGP durch die Fünfzylinder-Motoren und das Seamless-Getriebe immer weiter auf den Gipfel zu treiben, das Geld spiele dabei keine Rolle für das Werk, das aktuell 17 Millionen motorisierte Zweiräder im Jahr verkauft. Ducati, KTM und Aprilia sind Zwerge gegen die Giganten aus Japan. Trotzdem investiert zum Beispiel die Pierer Mobility AG pro Jahr 70 Millionen Euro in die MotoGP. Und dieses Investment soll jetzt nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden, indem die Österreicher dem Lieblingsgegner Honda die Steigbügel halten. WM-Stand nach 14 von 40 Rennen:
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