MotoGP-Kolumne: Marquez ins Ducati-Werksteam

Sensation: Marini zu Repsol, Aldeguer bei Mooney VR46

Von Günther Wiesinger
Die Würfel sind gefallen: Repsol-Honda ist mit Luca Marini so gut wie einig. Und das VR46 Team wird mit dem 18-jährigen Moto2-Talent Fermin Aldeguer erstmals einen Spanier verpflichten.

Das letzte große Rätsel in der MotoGP-WM ist gelöst. Luca Marini wird das VR46-Ducati-Team seines Bruders Valentino Rossi nach dem Valencia-GP verlassen und bei Repsol-Honda in die Fußstapfen des sechsfachen MotoGP-Weltmeisters Marc Márquez treten.

Der Rennsport schreibt unglaubliche Geschichten: Denn Luca Marini wird 2024 an jener Seite der Repsol-Box Platz nehmen, die elf Jahre lang für Marc Márquez reserviert war, mit dem sich Valentino so manches heftige Gefecht geliefert hat. Man denke nur an Sepang 2015 und an Las Termas de Río Hondo 2018.

Damals bekam Marc Márquez in Südamerika in 40 Minuten vier Penaltys aufgebrummt. Rossi schimpfte, der Spanier habe sich aufgeführt wie bei einem «demolition derby». Denn kurz vor Schluss dieses verrückten Grand Prix wurde Valentino Rossi von Márquez gerammt, er stürzte und kam nur als 19. ins Ziel. Rossi vermutete einen absichtlichen Rempler. «Als Márquez hinter mir eintraf, hat er mich absichtlich touchiert. Er hat meinen Fuß und mein Motorrad gerammt und mich von meiner Linie weggeschoben», ärgerte sich Rossi 2018 beim Argentinien-GP. «Ich bin gestürzt. Das machte ihn anscheinend glücklich.»

Sofort kamen Erinnerungen an Sepang 2015 hoch. Damals hatte sich Márquez in den WM-Kampf zwischen Rossi und Lorenzo eingemischt. Der damals 39-Jährige zwang Márquez damals mehrmals von der Ideallinie in den Dreck, bis der Honda-Star stürzte. Rossi: «Ich habe mit Márquez seit Sepang 2015 kein Verhältnis mehr. Es kann also auch nichts zerrüttet werden. Wenn er keinen Respekt vor mir hat, kann ich keinen Respekt vor ihm haben.»

Und am 28. November – also in 17 Tagen – wird Vales Bruder Luca Marini beim Valencia-Test in der Repsol-Honda-Box, die Valentino Rossi von 2001 bis 2003 bewohnte, erstmals gegenüber von Joan Mir sitzen.

Repsol-Honda hat nach der endgültigen Ankündigung von Marc Márquez‘ Wechsel zu Gresini Ducati eine ganze Reihe von Kandidaten abgeklappert. Die Liste reicht von Acosta über Viñales, Aleix Espargaró und Oliveira bis zu Pol Espargaró und Di Giannantonio. Auch Johann Zarco war angefragt worden, aber er hätte wie alle anderen nur einen Ein-Jahres-Vertrag erhalten, deshalb bleibt er lieber für zwei Jahre bei LCR-Honda.

Die Meldungen, Moto2-Sieger Fermin Aldeguer (18) sei bei Repsol-Honda auf der Wunschliste, haben sich als Erfindung erwiesen.

Sein Manager Héctor Faubel hatte nicht einmal die Telefonnummer von Alberto Puig, besorgte sie sich aber dann und fragte bei HRC an, ob wirklich Interesse an dem Boscoscuro-Fahrer bestehe. Er bekam eine negative Antwort.

Denn Honda suchte einen MotoGP-Fahrer mit Erfahrung auf einem anderen Fabrikat. Die Persönlichkeit von Fabio Di Giannantonio beeindruckte die HRC-Manager nicht, deshalb wurden die Verhandlungen gestoppt.

SPEEDWEEK.com erkundigte sich am Samstagabend bei Mooney VR46-Teamdirektor Uccio Salucci nach dem Stand der Dinge. Der langjährige Kumpel und Schulfreund von Valentino Rossi weiß, dass Marini ernsthaft einen Weggang zu Repsol Honda in Betracht zieht.

Ein gut informierter Teammanager versicherte gegenüber SPEEDWEEK.com: «Die beiden Parteien sind sich einig. Luca Marini wird zu Repsol gehen. Das ist inzwischen fix vereinbart.»

Pol Espargaró: Freigabe ohne Ablöse

Die Behauptung von Alberto Puig am Freitag, es könne zu einem Deal mit Pol Espargaró kommen, war also nur eine weitere absichtliche Irreführung der Öffentlichkeit durch das merkwürdige HRC-Management.

Denn Pol Espargaró hat sich nach einem Treffen mit den Pierer-Mobility-Managern Beirer, Trunkenpolz und Hainbach vor zehn Tagen entschieden, seinen Vertrag für 2024 zu erfüllen, obwohl er in die Rolle des Test- und Ersatzfahrers gedrängt wird und gerne eine komplette Rennsaison 2024 absolviert hätte.

Die Pierer-Gruppe hätte Espargaró im Falle einer Einigung mit HRC sogar ohne Ablöse gehen lassen. Wenn Pol einen Platz als Stammfahrer bekommt und ihn annehmen möchte, ist er frei.  «Wir wollen aber unbedingt, dass er bleibt. Und Pol weiß das», erklärte KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer am Samstag gegenüber SPEEDWEEK.com.

Momentan werden zwischen Marini-Manager Francesco Secchiaroli und HRC noch letzte Vertragseinzelheiten vereinbart. Wann Marini als neuer Honda-Werksfahrer präsentiert wird, ist noch offen.

«Wir hoffen, dass bald eine offizielle Entscheidung getroffen wird, denn wir müssen uns auf den Valencia-Test vorbereiten», erklärte Alessio «Uccio» Salucci im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

Uccio ließ auch durchblicken, dass der 25-jährige Di Giannantonio nicht ins Konzept passe, da man mit dem VR46-Team möglichst junge Fahrer ausbilden und danach in ein MotoGP-Werksteam bringen wolle – wie Bagnaia bei Ducati und Morbidelli bei Yamaha.

«Nein, Celestino Vietti kommt für unser MotoGP-Team nicht in Frage, weil er bei Ajo für die Moto2 unterschrieben hat», bestätigte Uccio Salucci. «Doch wir haben einen talentierten jungen Fahrer im Auge. Wir müssen die Medien noch etwas vertrösten, bevor wir etwas verlautbaren werden.»

Doch im Moto2-Paddock hat sich längst herumgesprochen, wer bei Mooney VR46 Ducati die Lücke schließen wird, die durch den Abgang von Luca Marini entsteht: Der 18-jährige Fermin Aldeguer, in diesem Jahr auf der Boscoscuro schon Moto2-GP-Sieger in Silverstone und Buriram.

Der Spanier spekuliert schon seit Monaten mit einem Weggang von Speed-up, aber sogar in der Moto2 hätte sein neues Team eine Ablöse von 400.000 Euro bezahlen müssen. Fantic Racing und das Yamaha Master Camp-Team sagten deshalb ab. Speed-up-Teambesitzer Luca Boscoscuro stellt sich bei einem MotoGP-Deal eine noch höhere Ablösesumme vor.

Auch Tony Arbolino macht sich Hoffnungen, aber er entspricht mit 23 Jahren auch nicht mehr dem VR46-Beuteschema und hat außerdem keine sehr überzeugende zweite Saisonhälfte hingelegt. 

«Nächstes Jahr will ich konkurrenzfähig sein und in jedem Rennen um Podestplätze kämpfen», erklärte Marini am Freitag in Sepang. «Ich will bessere Ergebnisse erzielen, das ist mein Hauptziel. Um das zu erreichen, werde ich alles unternehmen. Im Moment habe ich das beste Motorrad. Aber in ein Werksteam zu gehen, dort zusammen mit den Ingenieuren ein eigenes Bike zu entwickeln und den eigenen Weg vorzugeben, wäre etwas ganz anderes. Ich weiß, dass mein jetziges Paket fantastisch ist und mein Team sehr gut arbeitet. Die Ducati funktioniert in jeder Situation und bei allen Bedingungen hervorragend. Als Fahrer habe ich aber auch Träume und Ziele – für ein Werksteam zu fahren, ist etwas Unglaubliches. Dafür braucht es aber das richtige Projekt und die richtige Situation.»

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