MotoGP: Findet Ducati eine Lösung?

Wahre Liebe: Italien, Ducati, Marquez, Rossi, Pecco

Von Thomas Kuttruf
Buhrufe für Sieger Marquez auf der Werks-Ducati. Teammanager Davide Tardozzi in Rage. Die Italiener fassen sich ans Herz – wahre Liebe lässt sich nicht kaufen. MotoGP in Italien bleibt ein explosives Thema in den Bars.

Mugello – der Große Preis von Italien bot auch dieses Jahr ein sportliches Feuerwerk. Durch alle GP-Klassen, nicht zu vergessen die Kadetten des Red Bull Rookies Cup, sahen die Fans auf den Hügeln rund um die Traumpiste sensationellen Rennsport.

Rund 50 Prozent mehr Tickets konnte der Veranstalter im Vorverkauf absetzen. In Summe sahen rund 166 000 Fans das MotoGP-Schauspiel – eine deutliche Steigerung, und in der Tat ging es in Mugello äußerst lebendig zu. Wer zum ersten Mal für den Gran Premio in die Toskana gereist war, der steckte in einem lauten, friedlichen und hochemotionalen «Spettacolo».

Die Rossi-Flaute nach dem sportlichen Rücktritt der MotoGP-Lichtgestalt sei endgültig überwunden – hörte ich mehrfach beim Fahrerlager-Rundgang. Korrekt ist, dass es der MotoGP, dem lokalen Veranstalter und der Rennstrecke selbst gelungen ist, den Zirkus zu füllen und ein würdiges Rennsport-Volksfest abzuhalten.

Fakt ist aber auch: Die guten Zahlen sind das Ergebnis einer breit angelegten Marketing-Offensive zur Show rund um das eigentliche Highlight am Sonntag. Dank Sprint und einer ganzen Latte von stimulierenden Aktionen, die bereits am Donnerstag griffen, wurden insgesamt rund 10 000 Menschen mehr nach Mugello gezogen als etwa 2015. Doch damals kamen am Sonntag alleine mehr Menschen an den Ring als am vergangenen Wochenende. 86.000 (2025) versus 91.000 (2015).

Damals reichten vier Buchstaben aus, um die Hütte zum Kochen zu bringen: Vale. Der Rossi-Hype alleine als eigenständiges Phänomen, das formell auch mit der besten Marketing-Kampagne im besten Fall kompensiert werden kann. Was hingegen keine Initiative erzeugen kann: Leidenschaft, Hingabe und die Liebe zu den Athleten, die in Italien seit jeher besonders ausgeprägt ist.

Sprach man im Paddock die alten Hasen an zum Stimmungsbarometer, so gab es eindeutige Gesten und Ausdrücke. An die Mania, die der Doktor als Akteur auf dem Kurs auslöste, kommt der gesamte moderne GP-Zirkus nicht mal im Ansatz heran.

Noch eindeutiger wird das Stimmungsbild der Italiener außerhalb des Fahrerlagers. Ob 2, 20 oder 200 km außerhalb der Rennbahn, betritt man eine Bar, die Bilder an den Wänden und in den Köpfen der Menschen feiern eine andere Ära. Hinter dem Tresen: wellige Poster der «46» auf der Fiat-Yamaha. Wie tief der Stachel der Italiener wirklich steckt, zeigt sich im Gespräch.

«I äit Markezz!»Übersetzung notwendig? Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Valentino jetzt nur noch in einem Vierrad-BMW unterwegs ist, wird der emotionale Krieg zwischen Rossi und Marquez an jeder Theke in Italien jeden Tag weiter ausgetragen. Es ist nicht vergessen, was der Spanier ihrem Nationalhelden angetan hat – und sie werden es nicht vergessen. Niemals. Basta.

Marc Marquez im Dress der Ducati-Werksmannschaft, das passt in keinen Kopf und kein Herz. Es ist auch keine Frage der Gewöhnung, es ist eine Narbe. Spannend: Die Menschen in den Bars – sie alle haben größten Respekt vor der Leistung von «MM93». Das Fahrgenie des Spaniers wird in keiner Weise angezweifelt und ihnen allen ist klar: Wenn es Ducati darum ging, für 2025 den besten Fahrer zu verpflichten, dann war der Vertrag mit Marc Márquez die strategisch richtige Aktion.

Doch die Herzen der Tifosi schlagen nicht strategisch. Als Davide Tardozzi sein Unternehmen am Sprint-Samstag mit viel Courage vertrat und gegen die Stimmung auf der Tribüne wetterte, um zu unterstreichen, dass es den Leuten nach dem großen Triumph doch bitte zuerst einmal um Ducati gehen sollte und nicht um die Piloten, war er auf einer aussichtslosen Mission.

Abends in der Bar ging die Hand beim Stichwort «Tardozzi» aufs Herz: «Du kannst den Menschen nicht vorschreiben, wen sie lieben.» Die Italiener lieben Ducati – aber Valentino Rossi ist ein Gott. Das wissen auch die anderen Athleten des Stiefels. Bagnaia, Bezzecchi, «Diggia» – sie alle blicken weiter auf Vale – die Kultfigur der Italiener bleibt mit dem Verstand nicht zu greifen.

Ducati lebt vom Verkauf von Motorrädern. Als global vertretener Hersteller muss die Marke des Volkswagen-Konzerns das große Bild abarbeiten. Formell sitzen mit Marc Márquez und Pecco Bagnaia die erfolgreichsten MotoGP-Piloten auf den beiden besten Motorrädern. Aus wirtschaftlicher Sicht alles richtig gemacht. Die Leidenschaft in Italien lässt sich damit aber nicht steuern.

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