Pit Beirer (KTM): FIM muss reagieren, nicht die Werke

KTM-Rennchef Pit Beirer
Wie viel Hubraum und Leistung ist für die große Klasse im Motocross ideal – darüber streiten Experten seit vielen Jahren. Zunächst wurden die brutalen 500er-Zweitakter durch die 650er-Viertakter in der Klasse MX3 ersetzt, die nach der Saison 2013 eingestampft wurde. Seit 2003 wurde die MX1 (heute MXGP) zur Königsklasse im Motocross, in dieser sind neben 450-ccm-Viertaktern auch 250er-Zweitakter erlaubt.
KTM schlug einen Sonderweg ein: Die Österreicher entwickelten eine 350er, mit der Tony Cairoli ab 2010 fünf WM-Titel in der Klasse MX1 in Folge gewann, im Jahr davor war der Italiener bereits mit Yamaha Champion. Die KTM 350 SX-F vereint die Kraft der 450er mit der Wendigkeit der 250er.
Heute treten alle Hersteller in der Motocross-Topkategorie mit 450er-Maschinen an. Diese sind inzwischen so schnell geworden, dass sich schwere Stürze und Verletzungen häufen und sich die Frage stellt, ob an diesem technischen Konzept festgehalten werden soll.
«Wir haben vor vielen, vielen Jahren darum gekämpft, dass die Klasse auf 350 ccm limitiert wird», bezog KTM-Rennchef Pit Beirer im Exklusiv-Interview von SPEEDWEEK.com Position. «Weil wir der Meinung waren, dass die Motorräder zu schnell und zu stark werden und sich die Verletzungen häufen. Wir sind mit dem Vorstoß auf der Zielgeraden leider gescheitert, er war bei der FIM damals fast durch. Wir hatten uns entschieden, trotzdem eine 350er zu bringen, weil sie den Fahrern gefällt. Die 450er-Klasse ist das Maß der Dinge, dort musst du abliefern – also fahren wir auch mit der 450er. Für Motocross würde etwas weniger Leistung auch ausreichen und könnte der ein oder anderen Verletzung entgegenwirken.»
«Das ist ganz einfach erklärbar», hielt der 250er-Vizeweltmeister von 1999 fest. «Die Motorräder sind inzwischen so gut – Federelemente, Traktion, wenig Gewicht –, du kannst sehr schnell aus einer Kurve rausfahren, im zweiten, dritten, vierten Gang. Wenn du dann im vierten Gang die Kontrolle verlierst, stehst du quer, stürzt schwer und hast eine Verletzung. Früher kam der gleiche Fahrer mit einem Zweitakter aus der Kurve raus, im ersten Gang rutschte ihm das Hinterrad weg und er ist mit 15 oder 30 km/h umgekippt. Schwere Stürze und Verletzungen gab es schon immer, das bringt der Sport mit sich. Aber heute sind die Bikes so gut, dass die Fahrer Fehler machen, wenn es richtig schnell wird. Wir sollten darüber nachdenken, wie man dem entgegenwirken kann.»
«So etwas kann nur von der Reglementseite her kommen», unterstrich Beirer. «Wir kämpfen um den gleichen Platz und versuchen unser Motorrad zu verbessern. Die Konkurrenten machen das auch, dadurch werden die Motorräder immer noch besser. Man kann uns nur über das Reglement stoppen, und nicht auf freiwilliger Basis von einem der Hersteller erwarten, dass er etwas macht.»