KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Air Race-Lektion: Wie man abhebt und landet

Von Nadja James
Für richtig gutes Rennfliegen braucht es Jahre. Schneller kann man lernen, wie man 540 kg Stahl, Aluminium, Kohlefasern, etwas Gummi und Schaumstoff zum Abheben bringt.

Ja, die nächsten Zeilen könnten eine leicht trockene Substanz haben. Aber sie sind lehrreich, zumindest für alle Menschen, die bisher Flugzeuge nur aus der Position des Passagiers kennen. Wir stellen uns einfach mal vor, dass wir in einem Rennflieger sitzen.

Ein enges Cockpit. Links neben uns der Gashebel, zwischen den Füssen der Smoke Oil-Tank und ein langer Stab, der Steuerknüppel. Wir fliegen und bekommen dabei eine Portion Basiswissen geliefert...

Ein Flugzeug bewegt sich in drei Dimensionen, auf seinen drei Achsen – der Querachse (Pitch), Längsachse (Roll) und Hochachse (Yaw). So weit, so gut. Jetzt tauchen wir tiefer in die Materie ein. Wir legen einfach mal das geheime Wissen der Aviatik offen.

Pitch. So wird die Auf- und Abbewegung der Flugzeugnase genannt. Ziehen wir also den Steuerknüppel zu uns, geht die Nase nach oben. Im gleichen Moment bewegt sich das Höhenruder am Rumpfende. Das Ruder bewegt sich nach oben, das Leitwerk nach unten. Und das Flugzeug? Es steigt! Drücken wir nun den Steuerknüppel von uns weg, also nach vorne, dann geht das Höhenruder nach unten und das Leitwerk nach oben. Die Nase zeigt nach unten. Unser Flieger steuert auf den Boden zu, die Häuser werden ziemlich schnell ziemlich gross.

Roll. So bezeichnet die Fliegerwelt die Querneigung des Flügels. Wir rollen also, wenn wir den Steuerknüppel nach rechts bewegen oder nach links. Rechts: die Maschine rollt nach rechts. Links: die Maschine rollt nach links.
Damit unser Flieger überhaupt rollen kann, müssen die Querruder ihren Job verrichten. Die beiden Ruder an der hinteren Seite des Flügels haben eine ähnliche Funktion wie das Höhenruder am Rumpfende. Der einzige Unterschied: Sie arbeiten entgegengesetzt zu einander.
Geht also ein Querruder nach oben, geht das auf der anderen Seite nach unten. Das hinunter gedrückte Ruder hebt den Flügel an, das andere drückt den Flügel hinunter. Genau dieses Anheben und Senken bewirkt, dass das Flugzeug in die gewünschte Richtung gerollt wird.

Yaw. Bewegt sich die Flugzeugnase nach links oder rechts, ist das Seitenruder im Einsatz. Dafür müssen wir auf die Pedale treten. Steigen wir auf das rechte Pedal, geht das Seitenruder nach rechts, ebenso die Nase. Das Rumpfende des Fliegers wird nach links gedrückt. Steigen wir auf das linke Pedal, geht das Seitenruder nach links, auch die Nase, das Rumpfende bewegt sich nach rechts. Diese Bewegung – genannt Yaw – wird gebraucht, um den Flieger in eine bestimmte Richtung zu drehen.

Damit landen wir in Gedanken schnell wieder und lernen jetzt, wie man wirklich abhebt. Schritt für Schritt, vom Experten, Red Bull Air Race Rookie und Fluglehrer Matthias Dolderer.

Schritt 1. Wir setzen unseren penibelsten Blick auf und machen einen Rundgang um den Flieger. Dabei sehen wir nach, ob alle Oberflächen heil und die Schrauben festgezogen sind. Bewegt sich alles, was sich während des Fluges bewegen soll? Haben wir genug Benzin und Öl an Bord? Und, ganz wichtig: Ist kein Schmutz und auch kein Wasser in den Flüssigkeiten? Dafür zapfen wir jeweils etwas Öl und Sprit ab und schauen nach.

Schritt 2. Wir nehmen im Cockpit Platz und schnallen uns fest, ganz fest an. Als nächstes arbeiten wir die Checkliste für innen ab. Funktionieren alle Instrumente? Wir drehen den Benzinhahn auf und steigen gleichzeitig auf die Bremse. Dann schalten wir den Netzschalter ein, damit wir Strom zum Starten haben. Mit dem Zünder spritzen wir etwas Benzin-Luft-Gemisch direkt in die Zylinder. Jetzt drücken wir den Startknopf – die Hand ist auf dem Gashebel, die Füsse auf den Bremsen. Jetzt arbeiten Motor und Propeller.  

Schritt 3. Ein letzter Check der Flugkontrollen, ein Blick hinaus, schauen ob sich alle Ruder gut bewegen. Wir widmen uns dem Gashebel und starten den Motor durch, auf 1700/min. Dabei schauen wir auf die Anzeigen. Öltemperatur und Öldruck sollten im grünen Bereich sein. Als nächstes drosseln wir die Drehzahl und somit die Motorleistung wieder, auf circa 1000/min.

Schritt 4. Der Tower funkt uns die Starterlaubnis. Wir lenken den Flieger Richtung Startbahn. Gesteuert wird mit den Füssen, es bewegt sich das Spornrad. Stehen wir auf der idealen Startposition, geben wir dem Tower noch die Registrierung des Fliegers und die Richtung durch, in die wir uns bewegen werden.

Schritt 5. Finale Freigabe zum Abheben. Wir fahren auf der Piste los, schieben den Gashebel ganz nach vorne auf 2700/min, ziehen den Steuerknüppel zu uns und heben bei circa 50 Knoten ab. Wir sind in der Luft und fliegen!

Schritt 6. Wer will schon landen? Es ist leider unvermeidlich. Wir kommunizieren wieder mit dem Tower und bekommen die Landeerlaubnis. Die Geschwindigkeit reduzieren wir auf 70 Knoten, drücken den Steuerknüppel, eigentlich die Trimmung, ganz leicht nach vorne und sinken.
Kurz vor dem Aufsetzen auf die Landebahn balancieren wir den Flieger gut aus, landen und bremsen.
Das war’s.
Ein unvergesslicher Flug mit meiner Edge 540 liegt hinter uns, meint unser Fluglehrer Matthias Dolderer.   

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