Danilo Petrucci: Erliegt er dem Reiz des Geldes?

Danilo Petrucci ist mit dem Barni-Ducati-Team sehr zufrieden – bis auf das Gehalt
Auch wenn Danilo Petrucci in der ersten Saisonhälfte der laufenden Superbike-WM kein Coup wie im Vorjahr gelang, als er bei seinem Heimrennen in Cremona in Abwesenheit des verletzten Toprak Razgatlioglu dreimal triumphierte, zeigt er doch in Summe seine bislang stärkste Saison.
In seinem Debütjahr 2023 wurde «Petrux» WM-Siebter, im Vorjahr Fünfter. Derzeit liegt er hinter den überragenden Nicolo Bulega (Ducati) und Razgatlioglu (BMW) auf dem dritten Platz und ist Best of the Rest.
Wer in der WM-Tabelle weit oben zu finden ist, wird automatisch in Betracht gezogen, wenn die Hersteller und Teams auf Fahrersuche gehen.
Für 2026 hat bislang nur Bimota sein Duo beisammen, die Italiener machen mit Alex Lowes und Axel Bassani weiter. BMW, Ducati, Honda, Kawasaki und Yamaha suchen jeweils mindestens einen Fahrer, regelmäßig fällt in diesem Zusammenhang der Name von Routinier Petrucci.
Danilo ist mit 34 Jahren in einer prekären Situation: In einem Werksteam könnte er deutlich mehr Geld verdienen als jetzt im Ducati-Privatteam Barni Racing, hätte aber womöglich ein weniger schlagkräftiges Motorrad.
«Es ist einfach: Wenn mir Barni mehr Geld gibt, unterschreibe ich sofort wieder bei ihm», sagte Petrucci Anfang Mai. «Natürlich wäre es ein Traum, wenn ich wie in der MotoGP wieder in den Sattel eines Werksbikes steigen könnte. Das hat aber keine Priorität, weil ich weiß, dass mein Motorrad sehr gut ist. In der MotoGP hatte ich die Chance eine Werksmaschine zu fahren, die war für mich aber schlechter als das Bike, das ich zuvor bei Pramac hatte. Ich will immer so schnell wie möglich sein, also entscheide ich mich für das schnellstmögliche Bike, das ich haben kann. Es ist keine Frage des Geldes.»
Der dreifache Superbike-Laufsieger ist zuversichtlich, auch im nächsten Jahr für Marco Barnabo zu fahren, sein Manager Alberto Vergani lässt anklopfenden Herstellern die Türe aber trotzdem offen und hört sich deren Ideen an.
Im Aruba-Ducati-Werksteam steht Petrucci als Nachfolger von Alvaro Bautista (40) nicht zur Debatte, dort soll ein jüngerer Fahrer aufgebaut werden.
Sollte Yamaha die Zusammenarbeit mit Jonathan Rea nicht fortsetzen, wonach es derzeit aussieht, steht Petrucci auch nicht oben auf der Wunschliste. Gleiches gilt bei Kawasaki.
BMW und Honda warten, welche MotoGP-Fahrer für 2026 verfügbar werden – Stand heute Luca Marini (Castrol Honda) und Miguel Oliveira (Pramac Yamaha). In der Betrachtung hinzu kommen langjährige Moto2-Fahrer, die keine Chance auf den MotoGP-Aufstieg haben. Immer wieder werden Aron Canet (25), Jake Dixon (29) und Joe Roberts (28) als Möglichkeiten genannt.
«Danilo ist sicher einer der Fahrer auf der Liste von BMW, vielleicht auch von Honda», verriet Vergani im Vieraugengespräch mit SPEEDWEEK.com. «Man muss sich nur den WM-Stand anschauen, das gebietet die Logik. BMW hat riesige Möglichkeiten. Sie haben ein konkurrenzfähiges Motorrad und können eventuell mehr bezahlen als andere. Außerdem möchte BMW unter Beweis stellen, dass ihr Motorrad gut ist. Momentan weiß niemand, wie groß der Anteil von Toprak an den Erfolgen ist. Deshalb möchten sie als Nachfolger von ihm sicher jemanden haben, der den Trend fortsetzen kann.»
Könnten Razgatlioglus Leistungen auch abschreckend wirken auf Petrucci, der im Fahrerlager bereits alles erlebt hat?
«Mit Marco Melandri haben wir gewonnen», erinnerte sich Vergani, der sich um die geschäftlichen Belange des WM-Dritten von 2012 kümmerte, der als BMW-Werksfahrer in neun Rennen siegte und 23 Mal aufs Podium raste. «Damals hätten wir fast die Weltmeisterschaft gewonnen, sie kreierten aber selbst ein Desaster, als sie den WM-Ausstieg beschlossen. Marco stürzte wegen des ganzen Stresses in der Box in den letzten sechs Rennen fünfmal, so etwas ist ihm nie zuvor passiert. Wir müssen sehen, ob es für Danilo bei BMW eine echte Chance gibt, dann können wir darüber nachdenken. Als Danilo zu Barni ging, haben uns einige Leute für verrückt erklärt und gesagt, dass es mit diesem Team abwärts ginge und es nie ein Rennen gewinnen würde. Danilo vertraute ihm, weil er damals mit ihm in der Superstock-Klasse begann. Er gewann Rennen für Barni und jetzt ist Barni ein Team wie Pramac in der MotoGP, das ist ein Semi-Werksteam. Wenn wir aber ein anderes Angebot bekommen, dann ziehen wir das natürlich in Betracht. Danilo muss sich die einzelnen Aspekte anschauen und entscheiden.»
«Sicher ist für uns nur eines», hielt Petruccis Manager abschließend fest: «Ducati wird nicht an unsere Tür klopfen. Aber das ist schon länger klar. Wenn die neue Ducati konkurrenzfähiger ist als die aktuelle… Gigi Dall’Igna wird kein Motorrad bauen, das langsamer ist als das momentane. Die Ducati ist schon jetzt das beste Motorrad. Wird die neue noch besser, dann wird das zum Problem von allen anderen.»