Petrucci: «Egal, was ich tue, Bulega ist schneller»
Danilo Petrucci zählt zu den erfahrensten Piloten im Ducati-Aufgebot der Superbike-WM. Doch aktuell ist es Nicolo Bulega, der regelmäßig das Maximum aus der Panigale V4R herausholt – und damit auch seinen Markenkollegen beeindruckt.
Petrucci schaut sich die Daten des jungen Italieners regelmäßig an und zieht ein klares Fazit: «In Donington gab es kleine Unterschiede. Doch in Misano fuhr er auf einem anderen Level, speziell in den Kurven, in denen man kein Gewicht auf der Front hat.»
Während er beim Bremsen noch mithalten kann, offenbart sich Bulegas Stärke dort, wo Gefühl und Fahrzeugbalance gefragt sind: «In den Kurven, in denen man nicht bremst und somit keine Last auf dem Vorderrad hat, ist er unglaublich viel schneller.»
In seiner Analyse geht Petrucci auch auf die unterschiedlichen Fahrstile der beiden Ducati-Piloten ein. «Er kann das Motorrad sehr gut verzögern, indem er richtig hart bremst, aufrichten und dann beschleunigen», erklärte Petrucci. «Ich hingegen versuche, im Kurvenscheitel schnell zu sein. Manchmal zahlt sich das aus, manchmal nicht.»
Genau diese Nuancen entscheiden auf WM-Niveau über Zehntel und Positionen. «Es sind immer kleine Unterschiede. Das summiert sich dann auf eine Runde gesehen auf zwei Zehntelsekunden, drei Zehntelsekunden. In Misano waren es fünf oder sechs Zehntelsekunden», rechnete der 34-Jährige vor.
Petrucci gesteht, dass ihm der Vergleich mit Bulega zuweilen Kopfzerbrechen bereitet. «Jedes Mal, wenn ich versuche, etwas anders zu machen, ist er schneller. Wenn ich härter bremse, dann bremst er weniger und rollt mit mehr Geschwindigkeit in die Kurve. Wenn ich mehr Geschwindigkeit in die Kurve nehme, bremst er härter und ist schneller. Egal, was ich tue, er ist schneller», sagte er lachend.
Trotzdem sieht Petrucci in der Situation mehr Chance als Frust. «Unterm Strich bin ich happy», stellt er klar. «Wenn ich mir Nicolos Daten anschaue, dann kann ich etwas lernen. Es ist immer ein wirklich guter Vergleich. Es ist gut, sich mit einem so talentierten Fahrer vergleichen zu können.»
Ein weiterer Aspekt in der Leistungsdifferenz ist für Petrucci technischer Natur: Zwar könne er aus der Kurve manchmal besser beschleunigen, doch am Ende der Geraden fehle es an Speed. «Es gibt also einen kleinen Unterschied», sagt er mit Blick auf das bereitgestellte Material von Ducati.
«In Misano waren zwei oder drei Zehntelsekunden auf den Motor zurückzuführen. Doch auf eine Runde fehlten mir acht Zehntelsekunden. Es war also Nicolo, der für mehr als eine halbe Sekunde Unterschied verantwortlich war», analysierte Petrucci.
«Wir stoßen an die Grenzen. Wenn wir versuchen, das Bremsverhalten zu verbessern, dann verlieren wir bei der Beschleunigung – umgedreht ist es genau so. Es ist so, als ob die Decke zu kurz ist», beschreibt er anschaulich die Herausforderung.
Am Ende steht für Petrucci eine realistische, aber keineswegs resignierende Einschätzung: «Wir verstehen nicht, wie uns der Schritt gelingt, um so zu fahren, wie Nicolo es tut. Nicolo nutzt das volle Potenzial, ich hingegen bin bei 90 Prozent, manchmal auch bei 95 Prozent. Er ist mehr oder weniger immer schneller. Also nutzt er das Motorrad besser.»