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Streit wegen Aufhängung: Force India erwartet Protest

Von Mathias Brunner
​Der Schwelbrand um die komplexen Formel-1-Aufhängungen glost vor sich hin. Force-India-Technikchef Andy Green in Silverstone: «Ich halte es durchaus für möglich, dass wir einen Protest erleben.»

Auch im Rahmen der Force-India-Präsentation wirft der Australien-GP seinen Schatten voraus. Und der ist dunkel. Denn der Streit um die Aufhängungssysteme ist ein ungelöschter Schwelbrand in der Formel 1.

Ein wenig Vorgeschichte ist notwendig: Es gehört zum Tagesgeschäft der Formel 1, dass Techniker bei Charlie Whiting vorstellig werden (dem technischen Ansprechpartner der Rennställe bei der FIA). Sie wollen kommende Entwicklungen auf Legalität einschätzen lassen. Simone Resta von Ferrari beschrieb in einem Brief an den Engländer eine Aufhängung, welche die Funktion des früheren FRIC-Systems simuliert. Die Antwort von Charlie Whiting: Ein solches System würde von der FIA als Verletzung von Artikel 3.15 eingeschätzt werden. In diesem vielseitig zu interpretierenden Artikel heisst es: Bewegliche aerodynamische Hilfsmittel sind verboten. Aber dies bedeutet noch lange kein Verbot solcher Aufhängungssysteme.

In den vergangenen Wochen ist innerhalb der technischen Arbeitsgruppe der Formel 1 weiter über diese Aufhängungen diskutiert worden. Einigkeit gibt es nicht. Auch über das weitere Vorgehen wurde kein Konsens erzielt: Rückkehr zu konventionellen Aufhängungen, Schritt zu komplett aktiven Aufhängungen, Verringerung des Einflusses der Hydraulik – alles lag auf dem Tisch.

Force-India-Technikchef Andy Green in Silverstone: «Wir sehen die Situation verhältnismässig gelassen. Denn wir sind bei der Aufhängung auf der sicheren Seite. Aber generell ist die Situation unbefriedigend. Und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass ein Rennstall protestieren wird, um Klarheit zu schaffen. Das Problem bei der ganzen Diskussion – natürlich beeinträchtigt eine Aufhängung in ihrer Funktion auch die Aerodynamik. Das ist alles eng miteinander verwoben und lässt sich nicht so einfach trennen. Wir wissen derzeit nicht, wie stark eine Vernetzung der Aufhängung erlaubt ist. Wir warten auf eine Erklärung der FIA, die liegt leider noch nicht vor.»

Das nächste Problem: Charlie Whiting sollte die Sicht der FIA darlegen, als Richtlinie für die Techniker, die aber sportrechtlich nicht bindend ist. Whiting gibt genau genommen eher seiner Meinung Ausdruck.

Ein Team kann solche Systeme in Australien also durchaus an den Start bringen – unter der Gefahr, dass sich die FIA das aus freien Stücken geschauer anschaut oder aufgrund eines Protests von einem Rennstall aktiv wird. Dann würden sich die Rennkommissare mit dem Fall befassen müssen. Auch ihr Urteil wäre nicht das letzte Wort, ein etwaiges Verbot könnte vom betreffenden Team bis vor das Berufungsgericht der FIA in Paris weitergezogen werden.
Anders gesagt: In Australien kann uns der erste handfeste Skandal des Jahres erwarten.

FRIC und Folgesysteme: Darum geht es

Das Aufhängungssystem FRIC (front and rear interconnected) war ein cleveres Aufhängungssystem, das die Aufhängungen rundum vernetzte. Es geht um die Fahrzeugbewegungen. FRIC sorgte dafür, dass der Wagen gleichmässiger liegt, so kann sich die Aerodynamik besser entfalten.

Schon im Rahmen des Silverstone-GP 2014 war den Rennställen mitgeteilt worden, dass der Autoverband FIA dem System einen Riegel schieben wolle. Beim anschliessenden Silverstone-Test fuhren einige Teams probeweise ohne FRIC. Wieso kam mitten in der Saison ein Verbot? Charlie Whiting lagen zahlreiche Pläne der Rennställe vor, was deren FRIC-Konstruktionen für 2015 anging, und dem Briten gingen die viel zu weit.

In Hockenheim 2014 bestätigte der Autoverband FIA: Sämtliche elf Formel-1-Rennställe verzichten auf den Einsatz von FRIC. Die darauffolgenden Rennen zeigten – zu einer markanten Verschiebung im Kräfteverhältnis kam es nicht.

Aber natürlich ging die Forschung weiter, wie der damalige Mercedes-Technikchef Paddy Lowe meinem Kollegen Mark Hughes bestätigte: «Das Verbot von FRIC führte dazu, dass die Forschung in eine andere Richtung ging. Wir wollten den gleichen Effekt erreichen, nur halt über Systeme, die nicht mehr zwischen vorne und hinten verbunden sind.»

Über links und rechts sagte die Einschränkung der FIA nichts, also arbeiteten die Rennställe hochkomplexe Aufhängungen aus, welche ebenfalls dazu führen, dass der Wagen ruhiger liegt. Paddy Lowe: «Die Aufgabe wurde ein wenig schwieriger als mit FRIC, aber im Grunde war es das Gleiche. Es ist ein Spiel zwischen den mechanischen und aerodynamischen Aspekten einer Aufhängung.»

Mercedes-Benz und Red Bull Racing sollen die besten vernetzten Aufhängungssysteme der Formel 1 besitzen. Pistenbeobachter Martin Brundle fiel jedenfalls 2016 wiederholt auf: «Keine Autos liegen besser auf der Strasse als die Renner von Red Bull und Mercedes.»

Ferrari wird unterstellt, mit einem möglichen Protest einen Vorteil von RBR und Mercedes abwürgen lassen zu wollen. Aber die Italiener müssten klug genug sein zu wissen: Auf so einen Fall ist ein Top-Team wie aus Milton Keynes oder Brackley längst vorbereitet.

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