Ein Hoffnungsschimmer bei der KTM AG

History: Alan Jones, Jäger des verlorenen Platzes

Von Mathias Brunner
​14. August 1977: Der Australier Alan Jones gewinnt im Shadow den Grossen Preis von Österreich, von Startplatz 14 aus! Das verblüfft die Organisatoren so, dass bei der Siegerzeremonie ein peinlicher Patzer passiert.

Was viele Formel-1-Fans nicht wissen: Das Prozedere nach einem Grand Prix ist in den FIA-Gesetzen verankert und streng geregelt, jede Verletzung kann den Rennveranstalter mindestens eine Geldstrafe kosten.

Die FIA kennt da keine Scherze: Der Europa-GP in Jerez wurde einst aus dem WM-Programm gekippt, weil die Spanier den Ablauf auf dem Podest nicht befolgt haben. Es tauchten Politiker auf dem Siegerpodest auf, ohne dass die FIA davon in Kenntnis gesetzt worden war. Der Autoverband stufte das als verbotene politische Demonstration ein. In Jerez fand nie wieder ein Formel-1-WM-Lauf statt.

Auch das Spielen der Landeshymnen richtet sich nach exakt definierten Schritten. So wird immer zuerst die Landeshymne des siegreichen Piloten gespielt, dann jene des siegreichen Rennwagenherstellers. Nach der Pokalübergabe wird dann zum Schaumwein-Spritzen stets das schwungvolle Intro von Georges Bizets Oper Carmen eingespielt.

Aber nicht immer läuft die korrekte Hymne und damit sind wir bei Alan Jones.

Als der Australier 1977 auf dem Österreichring (heute Red Bull Ring) mit Shadow sensationell seinen ersten Grand Prix gewann, nach einer tollen Aufholjagd von Startplatz 14 bei tückischen Pistenverhältnissen, da hatten die Veranstalter keine Nationalhymne aus Australien zur Hand.

Jones erzählte später, dass jemand anstelle der Hymne für ihn «Happy Birthday» auf einer Trompete gespielt habe, und das auch noch in einer fragwürdigen Tonlage, der Musiker offensichtlich angesäuselt. Aber selbst mit dem Geburtstagsständchen lagen die Steirer falsch: Alan Jones wurde an einem 2. November geboren.

Zur falschen Hymne gibt es einige witzige Episoden. Die Chinesen legten 2009 am «Shanghai International Circuit» nach dem Doppelsieg von Sebastian Vettel und Mark Webber die deutsche Hymne für den Heppenheimer auf und dann «God Save the Queen» für das Team.

Doch obschon Red Bull Racing in Milton Keynes (England) zuhause ist, hätte gemäss den Besitzverhältnissen die österreichische Hymne erklingen sollen (es wäre das erste Mal gewesen seit dem GP-Sieg von Gerhard Berger in Hockenheim 1997).

Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko sagte damals nach dem China-GP: «Wir haben eine österreichische Lizenz, also wurde die falsche Hymne gespielt. Vielleicht hatten sie ja keine, wer weiss.»

Probleme mit der Hymne gab es auch in den Urzeiten des Motorsports: Nachdem der unvergleichliche Tazio Nuvolari auf dem Nürburgring 1935 die favorisierten deutschen Teams von Mercedes-Benz und Auto-Union geschlagen hatte, sehr zum Ärger der Nationalsozialisten, waren die Veranstalter blamiert und ratlos. Sie hatten keine Schallplatte mit der italienischen Nationalhymne bereitgelegt, denn alle hatten natürlich mit einem deutschen Erfolg gerechnet. Der Legende zufolge half Nuvolari mit einer eigenen Platte aus, die er für solche Fälle immer dabei hatte ...

Solche Fehler passieren in der Neuzeit öfter als man erwarten würde: 1999 wurde in Melbourne nach dem Sieg von Eddie Irvine die irische Hymne gespielt, doch Irvine stammt aus Nordirland, das zu Grossbritannien gehört.

Und in Belgien 1998 wurde zwar für Sieger Damon Hill richtigerweise «God Save the Queen» gespielt, nicht aber für den siegreichen Konstrukteur Eddie Jordan, denn der ist Irländer, und er hatte sein Team – obschon in Silverstone ansässig – über den irischen Motorsportverband bei der FIA für die Formel-1-WM angemeldet. Die Belgier konnten keine irische Hymne finden.

Eddie Jordan erhielt später einen Brief mit einer Entschuldigung.

Zurück zu 1977: Die prachtvolle Trophäe, die Alan Jones auf unserem Bild in der Hand hat, steht heute im Eingangsbereich des Red Bull Rings und erfreut die Besucher.

Happy Birthday wird dazu aber nicht gespielt.


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