Formel 1: Hartes Urteil nach Fehler

Jochen Mass: Erinnerungen an fröhliche Kölner Jahre

Von Rainer Braun
Mit Jochen Mass ist am gestrigen Sonntag nicht nur ein blitzschneller Rennfahrer, sondern auch ein ganz spezieller Mansch von uns gegangen. Rainer Braun erinnert sich an die gemeinsame Zeit in Köln.

Jochen Mass verbrachte seine ersten wirklich professionellen Rennjahre in Köln. In der Rhein-Metropole hatte sich in den frühen 70er-Jahren ohnehin eine Art Rennsport-Spaßgesellschaft zusammengefunden.

Neben dem aus Mannheim als neuer Ford-Werkspilot für den Capri RS zugezogenen Jochen Mass wären da noch Super-Manager Domingos Piedade und die Ford-Motorsport-Generäle Jochen Neerpasch und Mike Kranefuss zu nennen. Und mittendrin der Autor dieser Geschichte als Reporter-Neuzugang aus Wiesbaden. Eine höchst brisante Mischung aus Blödsinn, Spaß und mehr.

Jochen und ich kannten schon länger aus gemeinsamen Tourenwagen-Tagen – er fuhr einen Alfa GTA (MA-JM 555) für den Rennstall seines Freundes und Förderers Helmut Hähn und ich einen BMW 2002 für Koepchen. Schon um diese Zeit war schnell klar, dass da ein Supertalent heranreift.

Jochen wurde also 1971 Ford-Werksfahrer und bewohnte in Rheinnähe eine Junggesellenbude. Fast täglich kam er auf einen Kurzbesuch bei mir in der Redaktion der «Auto Zeitung» vorbei. Irgendwann schleifte er mich in seine Wohnung und zeigte mir stolz sein XXL-Wasserbett, eines der ersten Exemplare um diese Zeit. Warum es bald danach auslief, ist eine andere Geschichte.

Von seinen ersten Ford-Gagen legte er sich gleich eine schwere Kawasaki zu, mit der er gerne bei uns zu Hause aufkreuzte und zirkusreife Kunststückchen vorführte wie beispielsweise auf dem Sattel halb liegend halb stehend mit Standgas vorm Haus auf und ab zu fahren. Überhaupt kam er regelmäßig zu Besuch, schäkerte liebevoll mit unserer dreijährigen Tochter Maren und übernachtete auch schon mal auf der Couch.

In den Wintermonaten zog es ihn meist nach Südafrika, wo er das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden konnte. Er fuhr dort als Gaststarter die populäre Springbock-Rennserie mit und lief viel Wasserski. In einem seiner handgeschriebenen Briefe von dort vergaß er nicht zu erwähnen, dass «die Mädels hier alle so süß sind».

Überhaupt umschwärmte ihn die rheinische Damenwelt wo immer es ging, seine Kölner Dauerfreundin namens Gaby war übrigens das damalige Werbegesicht von 4711.

Wir haben gerade in diesen Jahren viel zusammen unternommen. So sind wir zum Beispiel 1972 nach Monaco gereist, wo er beim verregneten Formel 3-Grand Prix eines seiner besten Rennen ablieferte und vor den Augen der versammelten Teamchefs einen bleibenden Eindruck hinterließ. Ein Jahr später, als Jochen schon in der Formel 1 angekommen war, stand er zusammen mit Rolf Stommelen sogar nachts bei der Journalisten-Rallye rund um Monaco für mich als fliegende Servicestation bereit.

Nicht zu vergessen die Saison 1971, wo wir beide in der wilden Formel-Super V sogar Teamkollegen im WR-Rennstall von Eberhard Winkler waren. In der EM-Serie sind wir quer durch Europa gereist. Im sogenannten Presseauto wechselten sich Manfred Jantke und ich ab, Jochen fuhr fast alle Rennen und war natürlich nie zu schlagen. Sein Meisterstück lieferte er im Super V-Rennen vorm F1-GP ab, als er seinen Verfolgern innerhalb von sechs Runden um 20 Sekunden davonfuhr und als stolzer Sieger auf dem Podium stand.

Irgendwann um 1975 löste Jochen seinen Kölner Wohnsitz auf. Wegen seiner Formel-2- und Formel 1-Engagements haben wir uns im Laufe der Jahre dann immer seltener gesehen, aber nie aus den Augen verloren. Wenn wir uns bei einem Rennen mal wieder trafen, fragte er als erstes, wie es Frau und Tochter geht. Diese ehrliche Fürsorglichkeit war eine seiner so wertvollen Wesenszüge, die Befindlichkeiten anderer waren ihm stets sehr wichtig.

Unsere beiden letzten Wiedersehen kamen 2013 zustande. Im Mai war er einer meiner Interview-Gäste anlässlich der Gedenkveranstaltung «30 Jahre Stefan Bellof-Rundenrekord» am Nürburgring. Und im September schließlich noch als Ehrengast beim historischen Rossfeld-Bergrennen in Berchtesgaden, wo wir auch nochmal in alten Zeiten schwelgen konnten.

Zum Schluss kann ich ohne jede Einschränkung sagen, dass Jochen nicht nur für mich ein wirklich lieber, herzensguter und treuer Freund war. Sein Tod schmerzt deshalb doppelt alle die ihn näher kannten.

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