Lando Norris (1.) «Das hatten wir nicht geplant!»

Lando Norris gewann den Ungarn-GP vor seinem Teamkollegen Oscar Piastri
Die meisten GP-Beobachter tippten vor dem Start des 14. Saisonrennens auf Oscar Piastri als Rennsieger. Denn der WM-Leader durfte neben Polesetter Charles Leclerc aus der ersten Reihe losfahren. Erst dahinter folgten Lando Norris und George Russell auf den Startplätzen 3 und 4.
Am Ende war aber Norris der strahlende Sieger. Er machte im GP alles richtig, profitierte von der 1-Stopp-Strategie und dem blitzschnellen Reifenwechsel seines Teams (1,9 sec), und rückte damit in der WM näher an den Leader aus dem eigenen Team heran.
Danach erklärte der 25-Jährige: «Ich bin tot! Wir hatten nicht geplant, nur einmal an die Box abzubiegen, aber nach der ersten Runde war das wohl unsere einzige Option, um uns eine Chance auf den Sieg zu verschaffen. Aber es war hart, am Ende holte Oscar auf und ich gab alles. Deshalb ist es umso befriedigend, das perfekte Ergebnis einzufahren.»
«Ich dachte nicht, dass ich den Sieg holen konnte, sondern dachte eher, dass ich durch die 1-Stopp-Strategie eine Chance auf den zweiten Platz bekommen würde. Ich wusste, dass unser Tempo gut war, auch beim ersten Stint, als ich hinter George Russell steckte. Ich kam nicht vorbei, aber das Tempo war gut und ich wusste, wenn ich freie Fahrt haben würde, dann würde ich Gas geben können. Das ist immer auch ein Risiko, es ist auch immer eine fehlerfreie Fahrt und eine gute Strategie nötig, und das war heute der Fall.»
So lief das Rennen:
Die Regenwahrscheinlichkeit für den letzten GP vor der Formel-1-Sommerpause bezifferten die Wetterexperten mit 20 Prozent, doch bei den Teams gab es einige Strateginnen und Strategen, die besorgt in den Himmel blickten, weil sich vor dem Start des Rennens einige dunklere Wolken über der Strecke zusammengezogen hatten.
Der Start erfolgte aber auf trockener Piste und die meisten Fahrer wählten für den ersten Teil des Rennens die mittelharten Slick-Reifen. Nur Carlos Sainz, Alex Albon und Nico Hülkenberg wählten die weiche Mischung, Lewis Hamilton, und Pierre Gasly fuhren auf den harten Reifen los.
Polesetter Charles Leclerc zog beim Start an der Spitze davon, dahinter reihten sich Oscar Piastri und George Russell ein. Lando Norris, der von Startplatz 3 losgefahren war, fiel auf den fünften Platz zurück, und auch Max Verstappen, der 14. WM-Lauf von Position 8 in Angriff nehmen musste, verlor Positionen, er war nach dem Start kurzzeitig nur noch auf Position 10 unterwegs, arbeitete sich aber in den ersten Runden wieder nach vorne. Bereits in der dritten Runde lag er auf Position 7, weil er erst Racing Bulls-Pilot Liam Lawson und dann Aston Martin-Fahrer Lance Stroll überholte.
Keine guten Nachrichten von der Rennleitung gab es für das Sauber-Team, denn sowohl Gabriel Bortoleto als auch Nico Hülkenberg gerieten unter Verdacht, einen Frühstart hingelegt zu haben. Der Brasilianer hatte Glück und kam ohne Strafe davon, der Deutsche, der schon früh an die Box abbog, kassierte hingegen eine 5-sec-Zeitstrafe. Mit ganz anderen Problemen kämpfte Isack Hadjar, der einige Kieselsteine an die Hand bekam, die von den vor ihm fahrenden Autos aufgewirbelt worden waren.
In Runde 13 bog mit Franco Colapinto der zweite Fahrer an die Box ab, und einen Umlauf später taten es Esteban Ocon und Alex Albon dem Argentinier gleich. In Runde 16 war es Sainz, der an die Box abbog, danach lautete die Reihenfolge: Leclerc vor Piastri, Russell, Norris, Fernando Alonso, Bortoleto, Verstappen, Stroll, Lawson, Oliver Bearman, Isack Hadjar, Kimi Antonelli, Lewis Hamilton, Pierre Gasly, Yuki Tsunoda, Hülkenberg, Sainz, Albon, Ocon und Colapinto.
Verstappen holte sich in Runde 17 frische Gummis und musste sich nur 2,3 sec gedulden, bevor er wieder Gas geben durfte. Der vierfache Champion, der auf die harten Reifen wechselte fiel auf Position 16 zurück. McLaren reagierte mit Piastri, der nach dem Stopp auf Position 5 lag. Auch Leclerc wurde kurz darauf an die Box beordert, und dem Monegassen tat es kurz darauf sein erster Verfolger George Russell gleich. Tsunoda stoppte in der 20. Runde und fiel ans Ende des Feldes zurück.
Zehn Umläufe später schnappte sich Verstappen Ferrari-Star Lewis Hamilton in Kurve 4 und kurz darauf überholte er auch Hadjar, damit war er wieder in den Top-10 unterwegs. Weil Bearman in Runde 31 an die Box abbog, rückte der vierfache Weltmeister auf die neunte Position vor. Eine Runde später holte sich Norris frische Reifen und wurde in nur 1,9 sec abgefertigt. Dennoch verlor er einige Positionen, nach dem Stopp belegte er die vierte Position.
Bis zur Halbzeit hatten bis auf Alonso, Bortoleto, Stroll, Lawson und Hamilton alle einen ersten Stopp absolviert. Die Reihenfolge betrug Leclerc vor Piastri, Russell, Norris, Alonso, Bortoleto, Stroll, Lawson, Verstappen, Hamilton, Hülkenberg, Sainz, Albon, Ocon, Colapinto, Antonelli, Tsunoda, Bearman, Hadjar und Gasly.
Die Regelhüter notierten sich die Überholszene von Verstappen an Hamilton und kündigten eine Untersuchung nach dem Rennen an. Wenig später gelang McLaren ein Täuschungsmanöver. Die Papaya-Truppe bereitete sich vermeintlich auf einen Boxenstopp vor und Ferrari reagierte darauf, indem das Team Leader Leclerc in Runde 41 an die Box beorderte. Piastri blieb hingegen auf der Piste und führte das Rennen damit vor Norris an.
Der Australier blieb fünf weitere Umläufe draussen, bevor er sich in Runde 46 frische Reifen holte und mit 1,9 sec Standzeit gelang der Mannschaft aus Woking erneut ein brillanter Stopp. Schon drei Runden zuvor hatte Hamilton endlich seine harten Reifen gegen neue Medium-Walzen getauscht, wodurch er auf den 16. Platz zurückgefallen war. Der siebenfache Weltmeister überholte in Umlauf 48 dann Bearman und war damit auf Position 15 unterwegs.
In Umlauf 49 holte sich Verstappen zum zweiten Mal frische Reifen ab, der Titelverteidiger aus dem Red Bull Racing Team schaffte es nach 2,2 sec Standzeit gerade noch rechtzeitig auf die Bahn, um vor Antonelli auf Position 9 zu landen. Eine Runde später wurde Bearmans Auto in die Box geschoben, der Brite aus dem Haas-Team war damit der Erste, der ausfiel.
Die Zuschauer am Hungaroring durften sich freuen, denn auch die Runde 51 bot Action. Piastri überholte Leclerc in der ersten Kurve und war damit Zweiter hinter Norris, der erst einen Stopp eingelegt hatte. Während sich Leclerc über die Entscheidung seines Teams, ein Problem zu lösen und das Fahrverhalten seines roten Renners aufregte, arbeitete sich Hamilton weiter hinten im Feld nach vorne. Der Rekord-GP-Sieger zog erst an Ocon und dann an Sainz vorbei.
Zehn Runden vor dem Ende war Norris immer noch der Spitzenreiter, sein Teamkollege war knapp drei Sekunden hinter ihm unterwegs. Hinter Piastri belegten Leclerc, Russell, Alonso, Bortoleto, Stroll, Lawson, Verstappen und Antonelli die weiteren Top-10-Positionen vor Hadjar, Hamilton, Ocon, Gasly, Sainz, Hülkenberg, Albon, Tsunoda und Colapinto.
Russell klebte Leclerc am Heck und ärgerte sich über die Verteidigungsmanöver des Monegassen, bevor er in Runde 62 vorbeizog. Das Duo kämpfte weiter und kam sich erneut nahe, die entsprechende Szene in Kurve 1 zog die Aufmerksamkeit der Regelhüter auf sich.
Die Arbeit wurde für die Stewards Felix Holter, Derek Warwick, Matthew Selley und István Moni nicht kleiner, denn sie kündigten eine weitere Untersuchung an, weil sich Gasly und Sainz in der zweiten Kurve zu nahe gekommen waren. Die Entscheidung fiel in diesem Fall schnell, der Franzose kassierte eine 10-sec-Zeitstrafe. Auch Leclerc wurde mit einer 5-sec-Strafe bedacht, weil er gegen Russell zu hart vorgegangen war.
Das Rennen gewann Norris, der alle Angriffe seines Teamkollegen in den letzten Runden abgewehrt hatte. Piastri und Russell komplettierten das Treppchen, Leclerc, Alonso, Bortoleto, Stroll, Lawson, Verstappen und Antonelli folgten auf den weiteren Top-10-Positionen vor Hadjar, Hamilton, Hülkenberg, Sainz, Albon, Ocon, Gasly, Tsunoda und Colapinto.
Ungarn-GP, Hungaroring
01. Lando Norris (GB), McLaren, 1:35:21,231 h
02. Oscar Piastri (AUS), McLaren, +0,698 sec
03. George Russell (GB), Mercedes, +21,916
04. Charles Leclerc (MC), Ferrari, +42,560
05. Fernando Alonso (E), Aston Martin, +59,040
06. Gabriel Bortoleto (BR), Sauber, +1:06,169 min
07. Lance Stroll (CDN), Aston Martin, +1:08,174
08. Liam Lawson (NZ), Racing Bulls, +1:09,451
09. Max Verstappen (NL), Red Bull Racing, +1:12,645
10. Kimi Antonelli (I), Mercedes, +1 Runde
11. Isack Hadjar (F), Racing Bulls, +1
12. Lewis Hamilton (GB), Ferrari, +1
13. Nico Hülkenberg (D), Sauber, +1
14. Carlos Sainz (E), Williams, +1
15. Alex Albon (T), Williams, +1
16. Esteban Ocon (F), Haas, +1
17. Yuki Tsunoda (J), Red Bull Racing, +1
18. Franco Colapinto (RA), Alpine, +1
19. Pierre Gasly (F), Alpine, +1
Out
Oliver Bearman (GB), Haas, Unterboden beschädigt
WM-Stand (nach 14 von 24 Grands Prix und 3 von 6 Sprints)
Fahrer
01. Piastri 284 Punkte
02. Norris 275
03. Verstappen 187
04. Russell 172
05. Leclerc 151
06. Hamilton 109
07. Antonelli 64
08. Albon 54
09. Hülkenberg 37
10. Ocon 27
11. Alonso 26
12. Stroll 26
13. Hadjar 22
14. Gasly 20
15. Lawson 20
16. Sainz 16
17. Bortoleto 14
18. Tsunoda 10
19. Bearman 8
20. Colapinto 0
21. Doohan 0
Konstrukteurspokal
01. McLaren 559 Punkte
02. Ferrari 260
03. Mercedes 236
04. Red Bull Racing 194
05. Williams 70
06. Aston Martin 52
07. Sauber 51
08. Racing Bulls 45
09. Haas 35
10. Alpine 20