Toprak: So geht das in der MotoGP nicht

Grausamer Sommer 1985: Zuerst Winkelhock, dann Bellof

Von Gerhard Kuntschik
Manfred Winkelhock 1985

Manfred Winkelhock 1985

​Am 12. August vor 40 Jahren verlor der Motorsport mit Manfred Winkelhock eine der großen Hoffnungen, 20 Tage später mit Stefan Bellof die größte, zumindest aus deutscher Sicht.

Frühjahr 1979. Das Schnitzer-Team aus Freilassing testet ausgiebig für das DRM-Heimrennen auf dem Salzburgring im Nesselgraben. Im Gruppe-5-BMW-Turbo sitzt Manfred Winkelhock am Steuer.

Es gibt eine Mitfahrgelegenheit für ein paar Journalisten – mit Helm, ohne Sitz, ohne Gurt, mit Festhalten am Überrollbügel. So lernte ich «Manni» kennen. Blickkontakt, Daumen hoch, und der Waiblinger ließ den BMW 320 von der Leine. Mit Fahrgast. Heute unter diesen Umständen unvorstellbar.

Zu Schnitzer kam Winkelhock im Spätsommer 1978, als er die Mannschaft, die gerade mit dem Zeller Harald Ertl die Rennsportmeisterschaft gewonnen hatte, in München traf.

Peter Reinisch, von 1972 bis 1983 für Schnitzer unter anderem als Teammanager tätig: «Es war tatsächlich anfangs ein Spaß auf dem Oktoberfest. Der Harald ging zu Ford, wir hatten also ein freies Cockpit. Und fragten Manni, ob er nicht zu uns kommen wolle. Bald später war das, was als Gag begann, fixiert.»

Winkelhocks Karriere begann 1976 im VW Junior Cup mit einem Sieg im ersten Rennen.

1977 bildete er mit Marc Surer und Eddie Cheever das erste BMW-Juniorteam und debütierte im 1000-km-Rennen auf dem Nürburgring in der Sportwagen-WM mit einem dritten Rang im Faltz-BMW 320.

1978 folgte der Aufstieg in die Formel 2 (bis 1981) mit drei dritten Plätzen.

Nach vergeblichen Qualifikationen 1980 mit Arrows in der Formel 1 fuhr Winkelhock von 1982 bis 1984 für ATS-BMW in der Topklasse, das letzte Saisonrennen 1984 dann nach einem Zwist mit Teamchef Günter Schmid für Brabham.

Ein fünfter Platz 1982 in Rio war die einzige Punkteausbeute. 1985 kam Winkelhock wieder nur in einem Nachzüglerteam unter, bei RAM-Hart. Der deutsche Grand Prix auf dem Nürburgring am 4. August war sein 47. und letzter.

Mit dem Porsche-Kundenteam Kremer startete Winkelhock 1985 in der Sportwagen-WM und gewann mit Marc Surer im April die 1000 km von Monza.

Im sechsten Lauf in Mosport (11. August) verunglückte der damals 33-Jährige im gefürchteten Turn 2, als er nach Materialschaden am 962 frontal in die Mauer krachte. Einen Tag später wurde er in der Sunnybrook-Klinik von Toronto für tot erklärt.

Reinisch sagt über Winkelhock: «Er war überehrgeizig, manchmal ein unberechenbarer Verrückter.»

Der spätere Mercedes-Vizepräsident für Motorsport, Norbert Haug, begleitete Winkelhocks Karriere als Journalist: «Er war wie Bellof mega-talentiert, kam ohne Kart- oder Formel-Erfahrung in den Rennsport. Beide waren teils zu aggressiv, was ihnen zum Nachteil gereichte. Abseits der Strecke waren beide lustige Typen, unbekümmert und stets für Blödsinn zu haben.»

Haug ist noch ein Geschehnis aus der Rennsportmeisterschaft auf dem Salzburgring in Erinnerung: «Bei der Trainingsfahrt im 935er-Porsche rieben sich die Dunlop-Reifentechniker die Augen – nie zuvor hatten sie solche Reifentemperaturen gemessen. Der 935 war damals ein Allerweltsrennwagen auf dem Dutzende von Rennfahrern unterwegs waren.»

Winkelhock war natürlich nicht begeistert, als im ATS-Team im Sommer 1984 ein zweiter Wagen für den von BMW unterstützten Rookie Gerhard Berger vorbereitet wurde, der in seinem Heimrennen auf dem Österreichring debütierte und in Monza Sechster wurde.

Berger erinnert sich: «Unser erstes Zusammentreffen geht mir schon noch manchmal durch den Kopf. Er war ein etablierter F1-Fahrer, ich der Grünschnabel, der die Formel 1 bisher nur im Fernsehen erlebte. Mit ihm als Teamkollege, das war schon etwas Besondres für mich.»

«Manni war ein schneller Fahrer, der auch sehr aggressiv sein konnte. Und er war kräftig, ganz das Gegenteil von mir… Er war fast ein Löwe-Typ wie Mansell. Manni war sehr nett zu mir, obwohl er es natürlich nicht super fand, dass das Team die Konzentration jetzt auf zwei Fahrer lenken musste. Deshalb war er anfangs reserviert, aber es wurde ein gutes Verhältnis. Er fuhr damals auch Gruppe C, in der F1-Fahrer gutes Geld verdienen konnten. Nur leider gingen diese Ausflüge wie bei Winkelhock auch manchmal schief.»

Berger wurde in seinen ersten Karriere-Jahren von Burghard Hummel betreut. Die Erinnerung des Ötztalers (später Teilhaber der Agentur WWP) an Winkelhock ist ähnlich wie die von Berger: «Ich kann nur Positives und Freundschaftliches über ihn sagen. Viele meinten, er sei aufbrausend. Ich habe ihn aber nur als fairen Teamkollegen von Gerhard erlebt. Er war nie hinterlistig, sondern immer geradlinig. Und er war ein schneller Mann. Gerhard hatte das Glück, dass Teamchef Günter Schmid mehr Sympathien für die Tiroler Seite entwickelte. Manni war menschlich und fahrerisch in Ordnung. Es ist schade, dass er uns so früh verließ.»


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