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Niki Lauda: «Wir machten uns fast in die Hosen»

Von Gerhard Kuntschik
Weltmeister unter sich – Lewis Hamilton und Niki Lauda

Weltmeister unter sich – Lewis Hamilton und Niki Lauda

Niki Lauda denkt laut nach – über den Grand-Prix-Sport als Ganzes und nicht nur über seine nächsten Pläne als Aufsichtsratschef und Miteigentümer von Formel-1-Weltmeister Mercedes.

Winterzeit bedeutet für einen Drahtzieher der Formel 1 keineswegs Urlaub. Niki Lauda (bis Ende Febraur noch 65) ist dieser Tage wie immer hoch aktiv: In der Vorbereitung des Titelverteidigers Mercedes und in Überlegungen zu einer Formel-1-Reform, die durchaus revolutionär sind.

Niki, was macht ein Aufsichtsratschef eines Formel-1-Teams im Winter?

Jeden Tag Kontakt zum Team haben. Drei Mal die Woche mindestens mit Teamchef Toto Wolff (der derzeit nach einem Sturz beim Konditionstraining an einem verletzten Knie laboriert, die Redaktion), ständig mit Technikdirektor Paddy Lowe und Motorenmann Andy Cowell und so weiter. Dazu einmal die Woche beim Team in England sein.

Wie läuft die Vorbereitung?

Alle sind gestresst im Werk von Brackley. Es gibt viele Baustellen. Am meisten stört mich, dass es vor dieser Saison keinen Test in der Wärme wie im Vorjahr in Bahrain gibt. In Spanien sind im Februar die Temperaturen zu niedrig, und dann kommen wir in die Hitze von Melbourne. Ich versteh’ diese Planung nicht, aber bitte sehr.

Kann Mercedes seinen Vorsprung halten?

Wir sind grundsätzlich in einer guten Position. Und wir versuchen, noch weiter zu entwickeln – wie alle anderen auch. Rückschlüsse über die Kräfteverhätlnisse kann man erst nach drei Rennen ziehen.

Die Konkurrenz will motorisch nachrüsten, wie geht das und was verändert das?

Der Motor ist in 69 Modulen definiert, 48 Prozent davon dürfen weiterentwickelt werden, danach müssen die Hersteller die Änderungen bei der FIA einreichen. Jetzt wollte Neueinsteiger Honda die gleiche Regelung wie die anderen Motorenhersteller Mercedes, Renault, Ferrari, was ich aus Fairnessgründen verstehe. Im Regelwerk gibt es dazu eine Grauzone, über die verhandelt wurde. Wer wie viele Module schon ausgeschöpft hat, wissen nur die Techniker der FIA. Nächstes Jahr ist die Entwicklung noch mehr gebremst, um Kosten zu sparen.

Da drängt sich die Frage auf: Bist du mit dem Zustand der Formel 1 und den Regeln zufrieden, werden 18 Autos – wie es durchaus sein könnte – zum Saisonstart ausreichend sein?

Die 18 reichen absolut aus, ja. Mit einer wirtschaftlichen Fehlentwicklung ist kein Budgetproblem zu lösen. Jeder, der heute in die Formel 1 geht, der weiss, dass man für eine Saison mindestens 100 Millionen Euro braucht. Die Grossen sind bei 200 plus. Wer jetzt mit 40 oder 60 Millionen beginnt, kann nicht überleben, so einfach ist das. Aber die Formel 1 hat noch ein anderes Grundsatzproblem.

Das wäre?

Man müsste sich jetzt intensiv den Kopf darüber zerbrechen, was 2017 werden soll (der frühestmögliche Zeitpunkt für Reglementänderungen, die Redaktion). Derzeit erlaubt die Technik jedem jungen Formel-3- oder GP2-Fahrer, auf Anhieb gleich schnell wie die Spitze zu sein, ohne viel Risiko eingehen zu müssen. Früher haben sich die Jungen am Anfang wegen der Leistung, des Anpressdrucks und so foet fast in die Hosen gemacht und gewusst, was bei einem Abflug bei 300 passieren kann. Heute fährst du einen Formel 1 fast wie einen Straßenwagen.

Ich wünsche mir ein futuristisches Auto, das für mindestens fünf Jahre einen wirklich geilen Eindruck macht: 1200 PS, breite Reifen, eine Aerodynamik, die eine steil ansteigende Leistungskurve und eine ganz schmale Spitze ermöglicht, wo sich die fahrerische Spreu vom Weizen trennt. Einfach um einen Sport wie früher zu bieten. Formel 1 zu fahren muss schneller und wieder komplizierter werden! Ich weiss, dass damit das Risiko erhöht wird.

Hybrid muss bleiben, aber mehr Leistung kann schnell durch grössere Tanks und mehr Durchflussmenge erreicht werden. Die Drehzahlen müssen höher werden. Mich stört wie viele andere der Fehler, die Autos einzubremsen. Und dass führerscheinlose Teenager Formel 1 fahren können! Wenn wir so weitermachen, wird die Tendenz zu allgemeinem Desinteresse an der Formel1 noch verstärkt.

Ist Bernie Ecclestone als kommerzieller Lenker noch der Richtige?

Er macht derzeit alles richtig, er bemüht sich, die Formel 1 wieder attraktiver zu machen.

Ist die Vertragsverlängerung mit Weltmeister Lewis Hamilton ab 2016 ein Problem? Versucht er, mit dem WM-Titel mehr herauszuholen?

Überhaupt nicht. Er ist in Colorado auf Urlaub. Wir haben keine Eile. Beide Seiten wollen weitermachen und werden dies auch. Toto Wolff hat das im Griff.

Was erwartest du 2015 von der Konkurrenz, von Vettel bei Ferrari, von Alonso bei McLaren-Honda und von Red Bull Racing?

Bei Sebastian kann ich die Gründe für seinen Wechsel nachvollziehen, er suchte neue Motivation und die Herausforderung, Ferrari auf Trab zu bringen. Er weiß um das Risiko seines Jobs. Renault wird sich verbessern, und Red-Bull-Technikchef Adrian Newey weiss, wie man ein gutes Auto baut. Red Bull Racing wird uns näher kommen, wie weit, ist die Frage. Bei Ferrari weiss man noch nicht viel. McLaren-Honda wird sehen, wie schwierig ein erstes Jahr ist.

War das clever vom Ferrari-Präsidenten Marchionne, mit Maurizio Arrivabene einen Marketingmann statt eines Technikers zum Teamchef zu machen?

Dass ein Marketingmann Ferrari-Teamchef wurde, will ich nicht kommentieren, Marchionne wird von ihm überzeugt sein. Der Massstab ist der Erfolg.

Weisst du eigentlich, was im September vor 40 Jahren war?

Nein, keine Ahnung.

Du hast in Monza 1975 deinen ersten WM-Titel gewonnen.

Baahh, so lange ist das schon wieder her?

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