Jürgen Lingg: Von Darryn Binder positiv überrascht
Das deutsche Liqui Moly IntactGP-Moto2-Team tauscht nach dem zehnten Jahr des Bestehens erstmals beide Fahrer aus. Statt Marcel Schrötter und Jeremy Alcoba werden 2023 Europameister Lukas Tulovic und Moto2-Rookie Darryn Binder auf den Kalex-Bikes, obwohl der Rennstall auf den Verkleidung und in der Teambezeichnung künftig für die Marke Husqvarna wirbt. Auch ind er Moto3, wo durch das Joint Venture mit Peter Öttl Ayumu Sasaki und Collin Veijer antreten.
Der Südafrikaner Darryn Binder ist vor einem Jahr vom Petronas-Sprinta-Moto3-Honda-Teamchef Razlan Razali mutig ins WithU-Yamaha-MotoGP-RNF-Team transferiert worden, in dem er einige Achtungserfolge errang, aber für 2023 keinen Platz fand. Im neuen RNF-Aprilia-Team treten nämlich Miguel Oliveira und Rául Fernández an.
SPEEDWEEK.com hat sich bei Liqui-Moly-Teamchef Jürgen Lingg erkundigt, was er dem Moto2-Neuling aus Südafrika 2023 zutraut, der 2020 immerhin einen Moto3-WM-aiuf in Catalunya gewonnen hat.
Jürgen, Darryn Binder hat im November in Valencia und Jerez die Moto2-Kalex getestet. Hat seine Performance deinen Erwartungen entsprochen?
Für mich war sie okay, und für ihn auch.
Klar, er kam von der Yamaha-M1, die Motorleistung der Moto2-Maschine war für ihn gewöhnungsbedürftig. Darryn war schon in der ersten Runde im Drehzahlbegrenzer. Das haben wir bei einem Moto2-Rookie bisher noch nie gesehen. Für die Fahrer, die aus der Moto3 kommen, sind ja die 765-ccm-Dreizylinder-Maschinen schnell. Aber für Darryn war das nix Richtiges.
Trotzdem hat er sich gleich wohlgefühlt und ansprechende Zeiten gefahren. Er hat mich positiv überrascht.
Mein größten Bedenken hatten nicht mit der Motorleistung, mit den Stahlbremsen oder dem Fahrwerk zu tun, sondern mit den Reifen, speziell mit dem Vorderreifen. Aber das war für ihn okay, deshalb sind wir ziemlich beruhigt.
Darryn war eigentlich an allen Testtagen recht flott unterwegs. Dabei haben wir ihm gesagt, dass die Rundenzeiten vorläufig nicht das Wichtigste sind. Er sollte einfach schauen, dass er sich an die neuen Klasse gewöhnt. Das hat er Schritt für Schritt gemacht.
Und er hat das gut bewältigt. Darryn hat das mit viel Bedacht gemacht, er hat ziemlich analytisch gearbeitet. Wenn er so weitermacht, wird das gut klappen. Der Umstieg wird für ihn kein so großes Problem. Er wird nicht so arg wie von der Moto3 in die Moto2.
Als Rookie durfte Binder im November unbeschränkt testen. Aber ein Tag in Valencia war verregnet.
In Valencia waren optimale Bedingungen, es waren auch andere Rookie beim Testen; sie waren alle ungefähr gleich schnell. Das war okay.
Am zweiten Tag in Valencia hat es geregnet, da sind wir nicht mehr gefahren. Denn es kommen neue Regenreifen von Dunlop die standen aber noch nicht zur Verfügung, und am zweiten Tag wollten wir nicht unbedingt gleich im Nassen fahren.
Er hat am ersten Tag ein gutes Gefühl gehabt. Deshalb haben wir eingepackt.
In Jerez ist er nachher zwei Tage gefahren, das war der Test der Pierer Mobility AG. Der erste Tag war durchwachsen, denn es gab bis zum Schluss nasse Flecken.
Der zweite Tag war dann richtig gut. Darryn ist wieder flott unterwegs gewesen.
Da Tulovic 2019 schon eine komplette Moto2-Saison bestritten hat, unterliegt er wie alle anderen Nicht-Rookies strengen Testbeschränkungen.
Lukas darf in den zwölf Monaten zwischen dem WM-Finale 2022 und dem Valencia-GP 2023 vier private Testtage absolvieren. Davon haben wir noch keinen Tag in Anspruch genommen.
Lukas darf vor dem Saisonstart im März auch die drei IRTA-Testtage in Portimão fahren – wie alle anderen Stammfahrer.
Bisher gab es sieben private Testtage. Aber die Teams wollten die Anzahl reduzieren, um Kosten zu sparen und so effektiv wie möglich testen zu können.
Am 14./15. März 2023 fahren wir zwei private Tage in Jerez, das ist vor dem Test in Portimão, Sito Pons mietet die Strecke. Da werden alle Moto2-Teams fahren.
Dann gibt es den Dienstag-Test nach dem Jerez-GP und den Montag-Test nach dem Silverstone-Rennen.
Ich finde diese neue Einteilung für absolut sinnvoll, zumal wir ja erstmals 21 Rennen haben. Die Saison 2023 wird verdammt lang.
Dass jene Moto2-Fahrer, die die Klasse kennen, jetzt weniger fahren dürfen, ist absolut okay. Das macht auch Sinn, denn die Tests kosten einen Haufen Geld.
Darryn Binder sagte im SPEEDWEEK.com-Interview, er möchte die WM am liebsten im ersten Jahr gewinnen. Aber er plant sicherheitshalber zwei Moto2-Jahre ein. Was traust du ihm zu?
Man darf nicht vergessen, er ist auf jeden Fall ein Rookie, auch wenn er aus der MotoGP kommt. Deswegen muss man ihm die Zeit zugestehen, die man auch einem anderen Rookie zugesteht.
Es wird schon hart genug für ihn, die Rookie-of-the-Year-Wertung zu gewinnen, die er sich vorgenommen hat. Er will da ein paar Worte mitreden. Wenn er mit den anderen Rookies wie Guevara, Garcia und Foggia mithalten kann, sind wir schon zufrieden.
Ich rechne aber damit, dass Darryn nach einer gewissen Anpassungsphase gut dabei sein und gut punkten wird. Davon bin ich überzeugt.