KTM-Krise: MV Agusta steht vor dem Verkauf

Moto2-WM: Delikate Suche nach neuen Technik-Lösungen

Von Günther Wiesinger
Kalex-Maschine des Pons-Teams mit Honda-Einheitsmotor: Was kommt 2019?

Kalex-Maschine des Pons-Teams mit Honda-Einheitsmotor: Was kommt 2019?

Wird es in der Moto2-WM auch 2019 noch Einheitsmotoren geben? Wenn ja, wer baut sie? Es müssen viele Faktoren berücksichtigt werden. Klar ist: Die Motoen sollen stärker und fortschrittlicher werden.

Noch hat die Moto2-Rennsaison 2016 nicht begonnen. Und noch sind drei komplette Jahre mit den CBR-600RR-Einheitsmotoren von Honda zu absolvieren, denn der Vertrag zwischen Dorna und Honda wurde im März 2015 um drei Jahre verlängert.

Trotzdem wird schon heftig über die Motoren-Technologie und die technischen Vorschriften für die Saison 2019 diskutiert.

Kein Wunder: Ende des Jahres muss ein Grundgerüst für 2019 festgelegt sein, denn die Zeichnung, Planung, Konstruktion du Fertigung neuer Motoren dauert mehr als eineinhalb Jahre.
Die grosse Frage: Sollen

Wir haben in den letzten Wochen mit einigen Beteiligten und Experten gesprochen, mit Jürgen Lingg (Intact), Aki Ajo (sein Team gewann die WM 2015 mit Zarco), Michael Bartholemy (Marc VDS), Luca Montiron (er betrieb jahrelang das JiR-Team) sowie Hervé Poncharal (Tech3) und vielen anderen.

Ein klarer Konsens besteht bisher nicht. Es könnte sich aber eine Mehrheit für eine Beibehaltung der Einheitsmotoren abzeichnen. Denn sie entlasten die Budgets der Teams und vergrössern die Chancengleichheit.

Es wird aber auch die Forderung nach Wettbewerb laut. Wenn in der Moto3-WM verschiedene Hersteller wie Honda, KTM, Mahindra und Peugeot unter akzeptablen Kosten wetteifern, sollte so ein Reglement auch in der Moto2-Klasse durchsetzbar sein, immerhin gilt sie als unmittelbares Sprungbrett für die MotoGP-Kategorie.

Die grosse Frage: Wer würde überhaupt brauchbare Einheitsmotoren mit entsprechend moderner Technologie liefern?

Dass die Honda CBR-600RR-Motoren bis 2019 museumsreif sein werden, darüber sind sich die meisten Parteien einig.

Das aktuelle Getriebe sorgte schon in den letzten Jahren für genug Ärger.

Soll man die Einheitsmotoren von einem interessierten Werk entwickeln und dann zu überschaubaren Kosten anbieten lassen? Heute sind die Teams verwöhnt: Der Honda-Einheitsbrei kostet inklusive aller Revisionen nur 63.500 Euro für alle 18 Grand Prix und ein paar Tests, ein unschlagbarer Preis, der aber nur durch erhebliche Zuschüsse der Dorna zustande kommt.

Jetzt muss zuerst überlegt werden, welcher Hubraum und welche Zylinderanzahl den meisten Sinn machen: 500-ccm Zweizylinder? 600-ccm-Vierzylinder? MV Agusta würde zum Beispiel gerne die Supersport-Motoren mit 675 ccm und drei Zylindern anbieten.
Die hätten ein Kassettengetriebe, immerhin ein Fortschritt gegenüber Honda.

Aber warum einigt man sich nicht auf einen Kompromiss? Irgendein interessiertes Werk wie Honda, Yamaha, Suzuki, Kawasaki, Ducati, Aprilia, KTM, Mahindra, BMW oder MV Agusta könnte einen Rennmotor mit Drehzahllimit entwickelt, der dann meinetwegen 150.000 Euro pro Fahrer und Saison kostet, aber der grundsätzlichen Idee des GP-Sports nahekommt, nämlich in allen Klassen Prototypen einzusetzen.

Wenn es in der Moto2-WM schon Einheitsreifen, Einheits-ECU und Einheitsöle gibt, brauchen wir dann auch noch Einheitsmotoren?
Das müssen Dorna, FIM, Werke und Teams untereinander klären.

Ein serienmässiger Supersport-Motor mit 128 PS – so ein Konzept lockt niemanden mehr hinter dem Ofen hervor.

Ein freier Motorenwettbewerb wie in der Moto3-WM würde der Moto2-Klasse frischen Schwung verleihen.

Grosse Sorgen machen sich die Kalex-Gründer Alex Baumgärtel und Klaus Hirsekorn. Ein Abgehen von den Einheitsmotoren würde das Ende des Geschäftsmodells der erfolgreichen Deutschen bedeuten. Sobald die Werke einsteigen wie in der Moto3-WM, bleibt für einen Chassis-Lieferanten wie Kalex kein Platz.

Momentan rüstet Kalex 26 der 31 Moto2-Fahrer aus.
Aber auch Klaus Hirsekorn wünscht sich stärkere Motoren. «15 PS mehr würden nicht schaden», meint er.

Denn die 128 PS der Honda-Triebwerke bilden einen zu grossen Abstand zu den MotoGP-Raketen mit ihren 260 oder 270 PS.

Das Fazit: Es ist viel Fingerspitzengefühl gefragt. Die Fans wünschen sich geilere Motoren, die Fahrer teilweise auch, die Teams müssen die Kosten im Auge behalten.

Auf die GP-Macher kommen delikate Entscheidungen zu.
Wenn man die Teams fragt, wird sich eine Mehrheit für die Einheitsmotoren aussprechen. Aber die Dorna muss ein Werk finden, das sie liefert – in ausgezeichneter Qualität und zu christlichen Preisen.

Bei allem Verständnis für die Teams: Im GP-Sport darf das Kostenbewusstsein nicht allein im Vordergrund stehen. Es geht auch um neue Technologien, um Wettbewerb, um Spektakel.
Deshalb hätte man das aktuelle Konzept schon nach den ersten sechs Jahren deutlich in Frage stellen sollen.

Es soll ja nicht sein, dass der einzige Moto2-Wettbewerb auf dem Gebiet der Dämpfungselemente (von Öhlins und WP Suspension) stattfindet.

Denn auch im Bereich der Chassis findet inzwischen kein echter Wettbewerb mehr statt.

Auch das gehört ins Pflichtenheft der zuständigen Spitzenfunktionäre: Es sollte ein Weg gefunden werden, damit Kalex auch in der neuen Mittelgewichtsklasse 2019 eine entscheidende Rolle spielen kann.

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