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Marc VDS-Team: Ist der Mugello-GP in Gefahr?

Von Günther Wiesinger
Marc van der Straten in Le Mans

Marc van der Straten in Le Mans

Der entlassene MarcVDS-Teamamanager Michael Bartholemy bekam zwar in Le Mans Boxenverbot. Das hinderte den Belgier aber nicht, für VDS den wichtigen MotoGP-Test in Barcelona in dieser Woche abzusagen.

Wer geglaubt hatte, das tiefe Zerwürfnis zwischen dem belgischen Bier-Milliardär Marc van der Straten (VDS) und seinem langjährigen Teammanager und Geschäftspartner Michael Bartholemy (49) habe beim Le-Mans-GP den Tiefpunkt der Niveaulosigkeit erreicht, wird jetzt eines Schlechteren belehrt.

Denn am Sonntag nach dem MotoGP-Rennen in Le Mans berichtete Tom Lüthi, das Marc VDS-Team habe den MotoGP-Test in Barcelona am Dienstag und Mittwoch abgesagt.

SPEEDWEEK.com erkundigte sich beim neuen Marc-VDS-Teamprinzipal Luca Montiron nach der Ursache für diese Entscheidung, die von den MotoGP-Rookies Franco Morbidelli und Tom Lüthi nicht gerade mit Begeisterung aufgenommen wurde. Lüthi: «Ich bin schockiert.»

Die Antwort von Montiron: «Frag’ Michael Bartholemy.»

Also setzte sich SPEEDWEEK.com am Sonntagabend mit dem Belgier in Verbindung. Die Erklärung folgte auf dem Fuß. «Es besteht ein Leasing-Vertrag zwischen HRC und meiner Firma MM Performance & Racing AG für die MotoGP-Bikes, die in Barcelona getestet werden sollten. HRC hat gegenüber MMPR schriftlich bestätigt, dass sie mit der Absage einverstanden sind. MMPR trägt für die Motorräder die Verantwortung. Also habe ich die Entscheidung so getroffen», ließ Bartholemy wissen.

Marc van der Straten reagierte inzwischen erbost mit einem Statement auf die Aussagen von Bartholemy vom Samstag.

Unklare Verhältnisse

Seit letzten Montag ist der Zwist zu einer Schmutzkübelkampagne sondergleichen eskaliert, die Rechtsanwälte haben das Kommando übernommen. Denn es müssen Besitzverhältnisse und Vertragsdetails geklärt werden. Es geht zeitweise zu wie im Kindergarten, nicht wie unter erwachsenen Männern.

Die Fortführung des VDS-Teams ist mit unzähligen Hindernissen gepflastert.

Bartholemy ist zum Beispiel im Besitz der beiden Moto2-Startplätze, die zwei MotoGP-Plätze gehören hingegen van der Straten. Die Fahrerverträge mit Joan Mir und Tom Lüthi wurden von van der Straten unterzeichnet, jene von Alex Márquez und Franco Morbidelli von Bartholemy.

Vor dem Frankreich-GP umfasst das Team samt Fahrern und Hospitality-Mitarbeitern 39 Personen. Bartholemy wurde entlassen, Ian Wheeler, Fabrice Werner und Stefan Prein verabschiedeten sich am Freitag, da waren’s nur noch 35. Dafür kam Montiron neu dazu, dann waren’s wieder 36.

Bartholemy nannte am Samstag erstmals Details zur mutmaßlichen Deliktsumme, die ihm angeblich zur Last gelegt wird. Er sprach von 10 bis 15 Millionen Euro, die laut Marc VDS seit 2010 in dunklen Kanälen verschwunden sein sollen.

Bartholemy beteuert unablässig seine Unschuld. Und Marc VDS hat bisher keine Beweise vorgelegt, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Marc van der Straten widerspricht der Behauptung von Bartholemy, der am Samstag erklärt hatte, er lege seine Funktion für das Wochenende nieder, um die Teilnahme des Teams am Le-Mans-GP nicht zu gefährden.

Der belgische Graf macht andere Gründe für den Rückzug von Bartholemy geltend und fühlt sich jetzt bemüßigt, mit seiner Sicht der Wahrheit an die Öffentlichkeit zu gehen. «Herr Bartholemy hat seine Arbeit als General Team Manager des Marc VDS Racing Teams am Freitag beendet, weil er durch einen richterlichen Entschluss dazu gezwungen wurde. Diese Entscheidung wurde beim Gericht in Karlsruhe erwirkt.»

Das war ein erster Etappensieg für den Teambesitzer Marc VDS. Für ein Zuwiderhandeln und ein Betreten der Marc VDS-Box in Le Mans wäre Bartholemy eine Strafe bis zu 250.000 Euro auferlegt worden.

Dieser für Marc VDS erfolgreiche Richterspruch sei von Marc van der Straten nicht erwünscht und geplant worden, aber nach der beharrlichen Weigerung von Bartholemy, eine einvernehmliche Einigung auszuhandeln, sei ihm keine andere Möglichkeit offen gestanden, teilte der Bierkönig mit, der im Moto2-Rennen von Le Mans über die Plätze 2 und 3 von Márquez und Mir jubelte.

Gerichtsverfahren in Sicht

Die Tatsache, dass Bartholemy den MotoGP-Test in Barcelona abgesagt hat, zeige den Unwillen des Ex-Teammanagers, die Interessen des Teams zu vertreten, ärgert sich van der Straten. «Herr Bartholemy trifft Entscheidungen, die dieser Ankündigung diametral entgegenstehen.»

Van der Straten bedauert, dass Bartholemy am Montag letzter Woche begonnen hat, den Zwist in die Öffentlichkeit zu tragen, was ihn zu entsprechenden Reaktionen zwinge. «Es gibt einen Disput, und diesen werden wir – falls nötig – vor einem zuständigen Gericht austragen», versichert der belgische Graf, der den meisten öffentlichen Erklärungen von Bartholemy widerspricht und betont, er habe eine gütliche Einigung und eine Beilegung des Konflikts angestrebt, aber es sei bei Bartholemy keine Bereitschaft für eine friedliche Lösung erkennbar gewesen.

Am Sonntag war zu hören, Bartholemy habe für seinen Ausstieg und eine Übergabe sämtlicher Verträge und Aktivposten eine Entschädigung in der Höhe von 3 Millionen Euro verlangt.

Marc van der Straten winkte bei dieser Summe entrüstet ab und wiederholte noch einmal sein uneingeschränktes Engagement für den Marc VDS-Rennstall. Er habe volles Vertrauen zu allen Teammitgliedern und werde alle Kooperationen mit den unterschiedlichen Vertragspartnern und Sponsoren würdigen und aufrechterhalten.

Morbidelli: «Es hat ein Sturm stattgefunden»

Aber im Paddock von Le Mans wurde am Sonntagabend nicht nur bei Michelin darüber diskutiert, ob die Streitparteien bis zum Mugello-GP (1. bis 3. Juni) zu einer Lösung kommen werden.

Das Team aus dem belgischen Gosseliers müsste spätestens am nächsten Montag in Richtung Toskana in Marsch gesetzt werden.

Klar zu erkennen: Die Aussagen von Unternehmer van der Straten entstammen den Diktaten von Rechtsanwälten. Bei Bartholemy sind hingegen starke Emotionen im Spiel, er sieht sich als Strippenzieher der Marc VDS-GP-Erfolge mit bisher zwei WM-Titeln (Rabat und Morbidelli), drei zweiten WM-Rängen (Rabat, Redding und Kallio), insgesamt 29 GP-Siegen, total 81 Podestplätzen und exakt 2851 WM-Punkten. Es fällt ihm schwer, das Kommando aus der Hand zu geben.

«Es ist keine normale Situation. Es hat in letzter Zeit innerhalb unseres Teams ein Sturm stattgefunden», erklärte Moto2-Weltmeister Franco Morbidelli nach Platz 13 in Le Mans. «Aber ich und meine Crew haben dem Druck standgehalten, wir haben uns durch dieses Problem nicht stark ablenken lassen. Wir haben unsere Konzentration auf die wichtigen Angelegenheiten gerichtet. Ich habe mit dem neuen Teamchef Luca Montiron schon ein- oder zweimal gesprochen. Ich gehe davon aus, dass diese Saison wie geplant über die Bühne geht.»

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