KTM: Im Werk gingen die Lichter aus

Pol Espargaró: «Jede dritte Runde mit neuem Teil»

Von Günther Wiesinger
«Wir konnten noch nicht das ganze Material erproben», berichtete Pol Espargaró. Dani Pedrosa fehle dem Red Bull-KTM-Werksteam – und Johann Zarco brauche inzwischen keine Hilfe mehr.

Pol Espargaró war bisher die klare Nummer 1 im Red Bull KTM-Factory-Team, denn er hat seinen Teamkollegen Bradley Smith zwei Jahre lang regelmäßig in den Schatten gestellt. Er hat zwei sechste Startplätze herausgefahren (Phillip Island 2017, Valencia 2018) und die KTM-Mannschaft beim WM-Finale 2018 durch den grandiosen dritten Platz zum Staunen gebracht. Aber die KTM RC16 hat noch Schwachstellen, Johann Zarco und Testfahrer Dani Pedrosa sollen helfen, sie auszumerzen.

Hat Pol Espargaró dem Franzosen Johann Zarco bei den ersten Tests mit KTM Unterstützung gegeben? Pol: «Johann braucht inzwischen keine Hilfe mehr von mir. Er war in Sepang am zweiten Tag schon schneller als ich. Er verwendete bisher ein ziemlich anderes Set-up als ich. Am Donnerstag habe ich in Sepang so viel probiert, am Ende des Tages war ich hoffnungslos verloren. Wir werden jetzt unsere Abstimmungen vergleichen und die Daten auswerten. Johann und ich, wir pflegen sehr unterschiedliche Fahrstile. Aber wir können sie mischen und voneinander lernen. Ich bin froh, dass Johann schnell ist und wir jetzt nach neuen Wegen zur Zusammenarbeit suchen können.»

Welche Motor-Spezifikation wünscht sich Pol Espargaró von KTM für die Saison 2019? «Die Schnellste», lacht er. «Der Rest kümmert mich nicht. Je schneller, desto besser. Ich verstehe nicht so viel von den Motoren. Aber die Fahrer, die beim Rausfahren aus den Kurven die meiste Power haben und das Maximum aus den Elektronik-System rausholen, fahren die besten Zeiten. Manchmal probieren wir radikale Dinge, die das Motorrad sehr schnell machen, aber dann begreifen die elektronischen Systeme nichts mehr… Ich will den Motor, der am besten zu mir passt.»

Pol Espargaró klagte zuletzt immer wieder über einen Mangel an Hinterradgrip. Hat dieses Problem mit dem aggressiven Motor zu tun? Oder ist es ein Chassis-Problem? Espargaró: «Manchmal liegt es daran, dass die Kraftentfaltung etwas zu aggressiv ist. Oder der ‚low grip‘ hinten hängt mit dem Set-up zusammen. Wir haben in Sepang unterschiedliche Motorversionen probiert, aber auch andere Schwingen und Chassis, Verkleidungen, Gabel, Federbeine – eine Menge. Glaub‘ mir, wir haben zum Beispiel am Donnerstag in Sepang jedes Teil am Motorrad ausgetauscht. Ich bin fast 70 Runden gefahren. Jede dritte Runde bin ich mit einem neuen Teil rausgefahren.»

In der Vergangenheit haben die KTM-Fahrer oft beklagt, dass die V4-Maschine beim Einbiegen und gleichzeitigen Gas geben nicht auf der Linie bleiben wollte, sie wurden rausgetragen, so ging kostbare Zeit verloren. Hat sich dieses Manko verbessert? Pol Espargaró: «Ja, es wird besser.»

Hat das mit dem Flex der Hinterradschwinge zu tun? Pol ausweichend: «Wie gesagt, wir machen in diesem Bereich Fortschritte. Johann hat das auch im November beim Jerez-Test bemängelt. Er hatte in diesem Bereich auch Mühe. Besonders in Malaysia, wo die Piste zu Mittag wegen der Hitze immer sehr rutschig wurde, waren Unterschiede zum Vorjahr zu spüren. Ich habe dann zu Mittag bei den schlimmsten Verhältnissen mit Medium-Reifen gearbeitet, um auch bei diesen Bedingungen eine brauchbare Pace zu finden. Wir haben alles probiert…»

Johann Zarco erklärte letzte Woche beim IRTA-Test in Malaysia, KTM habe seit November so viel neues Material produziert und so viele grobe Veränderungen vorgenommen, man habe noch gar nicht alles testen können. Deshalb werde man nicht genug Zeit für alle Materialtests haben und womöglich bis zum Katar-GP (10. März) nicht das ideale Bike auf die Piste bringen.

«Ja, wir haben noch eine Menge zu erledigen», pflichtet Pol Espargaró bei. «Zum Glück haben wir Mika Kallio als Testfahrer, aber wir vermissen Dani Pedrosa als zusätzlichen Testfahrer. Johann war bisher noch stark damit beschäftigt, das Motorrad für seinen Geschmack abzustimmen. Er testete bisher nicht so viele neue Teile wie Mika und ich. Das ist ein normaler Prozess. Mika kann nicht alle Testaufgaben allein bewerkstelligen. Wir waren deshalb in Sepang stärker beschäftigt als üblich. Aber wir konnten trotzdem nicht das ganze Material erproben. Wir hatten noch viel in der Box, was wir erst nächste Woche in Katar prüfen werden.»

«Dani fehlt uns als Testfahrer sehr. Wir würden ihn dringend brauchen. Zum Glück haben wir Mika, der gut und sensibel ist, was neue Teile betrifft. Aber Dani könnte frischen Wind von Honda reinbringen, der uns guttun könnte. Vielleicht haben wir bisher manchmal in Bereichen nach Verbesserungen gesucht, die falsch waren. Leider weiß ich nicht, wann Dani nach seinem Schlüsselbeinbruch wieder einsatzfähig ist. Er hat starkes Interesse an diesem Projekt, er ruft Teammanager Mike Leitner täglich an. Er will alles wissen.»

Hat Pol Espargaró nach dem Dezember-Test in Jerez mit Dani Pedrosa gesprochen. «Nein, ich habe mich bei Mike nach den Eindrücken und seinen Kommentaren erkundigt. ‘Es liegt viel Arbeit vor uns‘, war seine Hauptargument.»

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