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Virtuelle MotoGP-Rennen: Das echte Risiko fehlt

Kolumne von Michael Scott
Virtuelle MotoGP: Kein Vergleich zum echten Rennsport

Virtuelle MotoGP: Kein Vergleich zum echten Rennsport

Die virtuellen MotoGP-Kräftemessen lassen im Vergleich zur echten Racing-Action einen entscheidenden Faktor vermissen: Man braucht keinen Mut, um diese Rennen zu bestreiten.

«Na gut», sagte der Millennial, mit dem ich gesprochen habe. «Es ist besser als nichts.» «Nein», antwortete ich. Es ist schlimmer. Wir diskutierten über das Thema, das zuverlässig für Meinungsverschiedenheiten zwischen Griesgramen wie mir und dem Rest der Welt sorgt: Die virtuelle Realität versus das reale Leben.

Genauer gesagt ging es um den angestrengten Versuch der Dorna, die sogenannte «MotoGP-Familie» zusammenzuhalten, indem sie virtuelle Grand Prix Events auf virtuellen Rennstrecken organisierten.

Da gab es beispielsweise ein Rennen in Jerez vor ein paar realen Wochenenden und jetzt einen weiteren Virtual GP in Misano. Um noch eine Schicht Langeweile draufzulegen, wurde als letzte Übung der Banalisierung auch noch die MotoE zu den drei Klassen hinzugefügt. Sogar während des Lockdowns sollte man doch imstande sein, etwas Spannenderes zu tun. Sowohl die Teilnehmer, zu Hause auf ihren Sofas, als auch die Renn-Fans.

NASCAR, wie mein «Besser-als-nichts»-Korrespondent behauptete, war auch Teil der virtuellen Bewegung während des Lockdowns; mit echten Rennfahrern, die mit Avataren ihrer selbst in ihren Autos fuhren... Bei einem Rennen bekam einer der Fahrer wohl einen Koller und lief davon. Worauf seine Sponsoren ihre Unterstützung kündigten!

Was? Wenn virtueller Unsinn die Kontrolle über die Realität übernimmt, ist etwas sehr schief gelaufen. Denke nur ich so? Denke ich anders als der Rest der Rennwelt?

Nochmals: Das glückliche MotoGP-Gespiele zu Hause hat bisher noch keine solchen Konsequenzen gezeigt. Noch nicht. Noch wurde niemand rausgeworfen, musste sich einem Drogentest unterziehen oder hatte sonst irgendwelche Umstände.

Wir hatten ein paar überraschende Gewinner in den ersten Runden (Alex Márquez, wenn ich mich richtig erinnere, beim ersten Mal; und dann Pecco Bagnaia... Ich kann mich aber auch irren, weil so gut habe ich nicht aufgepasst. Es hätte auch Mike Hailwood sein können, der gesiegt hat. Oder Elvis Presley).

Dann das «richtige» Drei-Klassen-Rennen in Nicht-Jerez... Und diesmal war Viñales siegreich. Mein Respekt für Rossi stieg rasant an, als ich hörte, dass er es ablehnte, bei dem Rennen mitzufahren und seinen Platz im Yamaha-Werksteam Maverick überliess. Rossi ist ganz klar ein Mann, der die wahren Werte des Lebens kennt. Und die des Rennsports.

Dann hat er alles versaut, als er sich bereit erklärte, beim nächsten «Rennen» in Nicht-Misano mitzufahren. Vielleicht muss ich meine Verachtung hinterfragen. Ist der Playstation-Grand-Prix-Sport wirklich so verachtenswert oder rede ich einfach alles schlecht?

Man muss sich fragen: Was ist der Wert des Rennsports? Oder beginnen wir auf der anderen Seite. Was ist der Wert des virtuellen Rennsports? Man fährt um eine erfundene Strecke, mit von einer Algorithmus-kontrollierten Bodenhaftung und deshalb ist man schneller als alle anderen, ohne dass man sich den Daumen am Controller verletzt.

Der echte Rennsport ist nicht so viel anders: Man fährt um eine echte Rennstrecke herum, schneller als alle anderen. Es ist quasi der jugendliche «Ich kann weiter pinkeln als du»-Müll. Das ist das Schlimmste. Der Unterschied, und das ist entscheidend, hat mit dem Verletzen des Daumens zu tun. Echter Rennsport beinhaltet echtes Risiko.

Spektakuläre Stürze sind alltäglich beim Nicht-Rennsport. Du stehst einfach wieder auf und rennst zu deinem wundersam unbeschädigten Motorrad und fährst weiter. Hmmm. Vielleicht wäre es fairer, wenn qualifizierte Ärzte hinter den Teilnehmern stehen würden, die bereit wären, sich um gefährliche Verletzungen zu kümmern.

Hauptsächlich blaue Flecken und Schürfwunden, aber es könnte auch willkürliche Algorithmen geben, die entscheiden würden, wenn man sich das Knie schwer verletzt, das Handgelenk oder den Ellbogen bricht oder das Schlüsselbein zersplittert, als Bestrafung, wenn man zu hart ran geht; und wenn man versucht, den Gegner zu ärgern, könnte das in einem Highsider enden.

Eine virtuelle Rennleitung könnte sich um die Rechte kümmern und Strafen und Ausschlüsse aussprechen, aber dann müsste es auch virtuelle Schäden an den Bikes geben. Es sind aber nicht die Verletzungen, die dem Rennsport Wert geben. Wenn man sich willkürlich verletzt, ist das ein Nachteil, nicht ein Teil des Spasses.

Wenn es also nicht die Gefahr ist, muss es das athletische Können sein, die schnellen Reflexe, die den Rennsport ausmachen. Es ist nicht so schwierig, Motorrad zu fahren, aber es braucht jahrelange Übung und eine gewisse Hand-Augen-Boden-Koordination, um ein starkes Motorrad an seine Grenzen zu bringen.

Okay, natürlich gibt es auch Talent beim Playstation-Spielen. Aber eine andere Art von Talent. Das bedeutet nicht, dass es weniger zu beneiden oder zu bewundern ist. Es ist einfach, verglichen mit dem echten Rennsport, weniger spannend.

Aber es sind echte Rennhelden, die diese Nicht-Rennen fahren. Sollte das nicht an sich spannend sein? Es tut mir leid, so ist es nicht. Sie haben unseren Respekt beim Motorradfahren gewonnen. Und, in manchen Fällen, weil sie witzig sind. Aber ihre grössten Stärken sind nicht ihre Persönlichkeiten. Und auch nicht das, was sie an der Spielkonsole leisten.

Zurück zum Technischen. Der Rennsport ist spannend, weil Motorräder spannend sind. Und es gibt auch das Potenzial von wertvollen Vorteilen in der Wissenschaft der Verbrennungsmotoren. Aber es gibt einen einzigen Faktor, der diese virtuellen GP zu einer geschmacklosen, banalen und erniedrigenden Kopie des Sports machen. Es hat mit Mut zu tun. Denn der ist es, der den Motorradrennsport nobel macht.

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