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Stefan Bradl: «Bin mit mir selbst genug beschäftigt»

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl

Stefan Bradl

Moto2-Weltmeister Alex Márquez hofft bei Repsol-Honda in Brünn auf Unterstützung und Tipps durch Stefan Bradl. «Doch ich muss schauen, dass ich selber auf einen grünen Zweig komme», meint er.

Stefan Bradl ist in den zweieinhalb Jahren als Honda-Testfahrer schon für Franco Morbidelli (Sachsenring 2018), Cal Crutchlow (Sepang und Valencia 2018) und Jorge Lorenzo (Sachsenring, Brünn und Spielberg 2019) eingesprungen, jetzt darf er erstmals sogar der Box des sechsfachen Weltmeisters Marc Márquez beschlagnahmen.

Und da Moto2-Weltmeister Alex Márquez bisher keine überragenden Leistungen zeigte, werden im Repsol-Honda-Team viele Augen auf Bradl gerichtet sein.

Die Vorschriften besagen, dass ein verletzter Stammfahrer nach mindestens zehn Tagen ersetzt werden muss, weshalb HRC den Testfahrer nach Brünn beorderte.

In keiner Sportart kann es sich in Topathlet erlauben, sich sechs Monate lang von seinem Sportgerät fernzuhalten. Egal ob es sich um Ski, einen Fußball, ein Tennisracket oder einen Golfschläger handelt.

Doch Bradl saß seit 4. Februar (in Sepang) nie mehr auf der Honda RC213V, Corona sei Dank.

Ein normalsterblicher Motorradfahrer kann sich nicht vorstellen, was es bedeutet, mit einer 285 PS starken und 350 km/h schnellen 1000-ccm-MotoGP-Rakete nur 1 oder 1,5 Sekunden auf die Weltspitze zu verlieren und bei 60 statt 62 Grad Schräglage schon in die Kritik zu geraten.

«Wenn sich irgendwelche Experten über meine Performance beschweren, dann sollten sie ihre Energie lieber anders investieren und sich zum Beispiel Gedanken machen, wie man dem deutschen Motorradsportnachwuchs ein bisschen helfen könnte», schlägt Bradl vor. «Das wäre schlauer als die ganze Zeit sinnloses Zeug von sich zu geben, weil dadurch wird nichts besser. Diese Energie sollte man lieber investieren, um endlich wieder einen Deutschen raus zu bringen, der es eines Tages eventuell und hoffentlich besser machen könnte als ich. Denn wir haben einiges an Aufholbedarf. Außer Marcel Schrötter haben wir keinen GP-Stammfahrer mehr.»

Stefan Bradl will in Brünn zuerst einmal wieder in den Rennrhythmus finden und das Rennen unbedingt durchfahren. Honda wird ihn auch in Spielberg (16. und 23. August) als Márquez-Ersatzmann fahren lassen.

«Weder Brünn noch Spielberg sind ideale Honda-Strecken», meint der siebenfache GP-Sieger. «Die schnellen Richtungswechsel und das lange Fahren in Schräglage, das in Brünn gefragt ist, tut der Honda nicht so gut. Das Stop-and-Go-Kurs in Spielberg ist dann wieder eher eine Tendenz für Honda. Aber beide Strecken fallen der Honda nicht gerade leicht.»

Honda hat nach dem Oberarmbruch von Marc Márquez (es passierte am 19. Juli) auf eine Herbeischaffung des Ersatzfahrers Bradl zum zweiten Grand Prix in Andalusien verzichtet. Er war aber für ServusTV vor Ort und zeigte wenig Bedauern über das Nichtzustandekommen des Jerez-Einsatzes am 16. Juli.

«Ein kurzfristiger Einsatz von mir beim Andalusien-GP wäre schwierig gewesen. Ich hätte das auch nicht gemacht, dann am Freitag plötzlich auf die MotoGP-Honda zu steigen uns ins kalte Wasser geschmissen zu werden», meint der Bayer.

Was wäre in Jerez nach fünfeineinhalb Monaten ohne einen Kilometer mit der Honda RC213V möglich gewesen? Kann man nach so einer langen Pause überhaupt bei 42 Grad eine 25-Runden-Renndistanz durchstehen? Bradl: «Das hängt immer davon ab, wie viel Aufwand du betreiben musst. Wenn es dir leicht von der Hand geht, ist es kein Problem. Dann ist es einfach. Sicher, bei dieser Hitze war es extrem, auch wegen der 62 Grad Asphalttemperatur. Aber wenn du dauernd mit den Tücken des Motorrads kämpfst und kein Vertrauen hast, arbeitest du dich auf,. Dann ist es klar, dass dir bei Rennhälfte die Kraft ausgeht. Beim zweiten Grand Prix hätten die Gegner einen großen Vorteil gehabt, weil sie einen Testtage und bereits einen Grand Prix hinter sich hatten. Sie hätten einen großen Vorsprung gehabt. Auf die Schnelle hätte das nicht funktioniert. Jetzt für Brünn habe ich mich besser vorbereiten können. Diesmal habe ich Montagmittag den Anruf gekriegt, ungefähr zu dem Zeitpunkt, als Marc zum zweiten Mal operiert worden ist.»

Alex Márquez äußerte die Hoffnung, vom routinierten Stefan Bradl etwas lernen zu können. «Ich habe ein gutes Verhältnis zu ihm. Er ist viel am Lernen und schaut, dass er vorwärts kommt. Ich weiß nicht, ob ich Alex helfen kann. Ich glaube, ich werde in Brünn stark mit mir selbst beschäftigt sein. Ich muss zuerst schauen, dass ich selber auf einen grünen Zweig komme», meint Stefan.

«Ich habe jetzt in Hockenheim, auf dem Sachsenring und in Oscherleben insgesamt fünf Track Days absolviert, zweimal mit meiner eigenen Triple-R-Fireblade, einmal mit der Holzhauer-IDM Honda», zählt Bradl auf. «das war für mich wichtig, denn so hatte ich endlich wieder die Gelegenheit, mit einem vernünftigen Motorrad auf einer Rennstrecke zu fahren. Das sind andere Reflexe, andere Einschätzungen. Das hat Spaß gemacht, und ich habe gesehen, dass ich seit Februar nichts verlernt habe.»

«Aber es ist natürlich etwas anderes, wenn man sich mit den 20 besten MotoGP-Piloten messen muss. Dazu brauche ich Fahrpraxis. Leider hat es seit Ausbruch der Coronakrise für Honda noch nicht so viele Gelegenheiten gegeben, das neue Material zu testen. Die Entwicklung geht ja weiter. Es gibt Material, das man in der Lockdown-Phase nicht testen konnte, das muss auch jetzt aussortiert werden. Bei Honda geht mein Testprogramm am 25./26. August in Misano weiter, also zwei Tage nach dem Steiermark-GP. Die Fahrpraxis von den Rennen hilft mir dann auch bei den privaten Tests, auf einem guten Niveau zu fahren und neue Teile für die zweite Saisonhälfte zu erproben. Es wäre wichtig, dass wir bei diesen zwei Testtagen in Misano dann wirklich etwas vorwärts bringen.»

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