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Künftig nur vier Rennen: Was sagt Stefan Bradl dazu?

Von Günther Wiesinger
KTM-Rennchef Pit Beirer hält es für einen Wettbewerbsvorteil, dass Stefan Bradl als Honda-Testfahrer 2020 Rennen bestreiten durfte. Der Bayer antwortet mit sinnvollen Gegenargumenten.

In der «Motorcycle Sports Manufacturers Association» (MSMA) soll unter den sechs MotoGP-Herstellern Honda, Yamaha, Suzuki, Ducati, KTM und Aprilia demnächst besprochen werden, ob die Anzahl der GP-Teilnahmen für die Testfahrer und Ersatzfahrer limitiert werden soll. Pit Beirer, Motorsport-Direktor bei KTM, schlug am Freitag vor, Testfahrer wie Stefan Bradl maximal drei bis vier Rennen pro Saison fahren zu lassen. Schließlich ist auch die Anzahl der erlaubten Wildcard-Einsätze bei den Testfahrern der Top-Teams auf drei limitiert.

Bradl hatte Marc Márquez 2020 bekanntlich gleich bei 12 von 14 Grand Prix ersetzt und dann bei den Grand Prix seine Tätigkeit als Testfahrer mit jenen als Rennfahrer vermischt. Auch in diesem Winter gilt für Bradl (und alle andern Testfahrer) das Testverbot im Dezember und Januar nicht. Dazu absolviert der Bayer jetzt im Februar in Jerez vier oder fünf weitere Testtage, während der Sepang-Test für die Stammfahrer abgesagt wurde.

Und wenn Márquez bei den ersten drei Grand Prix – wie vermutet – nicht einsatzfähig sein wird, tritt Bradl in Katar mit einem deutlichen Wettbewerbsvorteil an.

Stefan Bradl mischt sich in diese Diskussionen nicht ein, er kann die Beschlüsse der MSMA ohnedies nicht beeinflussen.

Ob in der MSMA die sechs Werke einen einstimmigen Beschluss erwirken können, ist sowieso fraglich.

Denn das Aprilia Racing Team Gresini hat Bradley Smith letztes Jahr bei nicht weniger als elf Grand Prix als Ersatz für den gesperrten Andrea Iannone eingesetzt. Er wurde als «replacement» für die #29 geführt, weil Aprilia auf eine Verkürzung der Dopingsperre von Iannone hoffte. Smith wurde dann für die letzten drei Rennen durch Testfahrer Lorenzo Savadori ersetzt, weil er sich kritisch über die Situation im Werksteam geäußert hatte.

Über die vielen Renneinsätze von Smith beschwerte sich niemand, weil seine Ergebnisse arg zu wünschen übrig ließen.

Auch Ducati Corse wird den Vorstoß von KTM womöglich nicht befürworten, weil Testfahrer Michele Pirro bei drei Ducati-Teams (Ducati Team, Pramac und Esponsorama Avintia) als Ersatzfahrer zur Verfügung steht und manchmal auch mehr als drei, vier Rennen bestreiten darf. 2020 sprang er in Spielberg bei Pramac zweimal für den verletzten Pecco Bagnaia ein.

Ducati hat sich bisher nicht mit der Problematik der vielen GP-Einsätze von Testfahrer Bradl beschäftigt. «KTM sollte ihren Vorschlag der MSMA offiziell unterbreiten», sagte Sportdirektor Paolo Ciabatti zu SPEEDWEEK.com. «Dann können wir alle gemeinsam darüber diskutieren.»

«Ich mache mir zu diesem Thema keine Gedanken», versichert Stefan Bradl. «Wenn man es von außen betrachtet, sind die Einwände von Pit irgendwo verständlich. Aber wer von so einer Einschränkung auf drei bis vier Rennen persönlich nicht betroffen ist, redet sich leichter. Wer betroffen ist, der hat eine andere Meinung. Ja, es kann in der Realität ein Vorteil entstehen, wenn der Testfahrer viele Rennen für ein Werk bestreutet. Die anderen Teams haben vielleicht den Vorteil gehabt, dass Marc Márquez eine ganze Saison verletzt ausgefallen ist. Wenn man alle Reglements für alle Fälle anpasst, wird es kompliziert. Dann wird es schwer, die Übersicht zu behalten. Ich verstehe, dass man sich darüber Gedanken macht. Aber wem wünscht man schon eine so langwierige Verletzung, dass der Ersatzfahrer für so viele Rennen einspringen muss?»

In der MotoGP-Vergangenheit gab es seit 2002 kaum Verletzungen, die mehr als drei Rennen dauerten. Jorge Lorenzo kam 2019 nach zwei gebrochenen Brustwirbeln nach drei Grand Prix wieder zurück, Bradl ersetzt ihn nur in Sachsen, Brünn und Spielberg bei Repsol-Honda. Und sogar Casey Stoner fehlte bei Ducati während seines Erschöpfungssyndroms 2009 nur bei vier GP-Events.

«Ich habe bisher nur über SPEEDWEEK.com erfahren, dass die GP-Anzahl für die Testfahrer eingeschränkt werden soll», sagt Bradl. «Wenn man sich über solche Details den Kopf zerbricht, stellt sich die Frage, wie groß die Beschwerden und die Nachteile für unsere Mitbewerber sind.»

Falls der KTM-Vorschlag eine Mehrheit findet, müssen die Werke künftig zwei oder drei Testfahrer engagieren, was die Kosten in die Höhe treibt.

KTM hat das am eigenen Leib erlebt. 2018 erlitt Testfahrer Mika Kallio als Wildcard-Pilot auf dem Sachsenring eine langwierige Knieverletzung. Als sich dann Pol Espargaró in Brünn eine Nackenverletzung zuzog, musste ihn Red Bull KTM für Silverstone ersetzen. Damals wurde Loris Baz engagiert, denn Kallio war nicht einsatzbereit.

Bradl: «Bei der Verletzung des Stammfahrers darf das Team das Bike nur für einen Grand Prix unbesetzt lassen, dann muss ein Ersatzfahrer kommen, damit das Feld voll ist, für die TV-Zuschauer, für die Sponsoren und wegen des Dorna-Vertrags.»

Yamaha wollte 2020 Testfahrer Lorenzo nicht als Rossi-Ersatz fahren lassen. Also wurde Superbike-Pilot Garrett Gerloff nach Valencia beordert. Er kannte weder die Strecke noch das Motorrad, war noch nie einen Kilometer mit einem MotoGP-Bike gefahren. Über die Sinnhaftigkeit so eines Konzepts kann man sich auch streiten.

«Mir ist diese Diskussion zu politisch. Ich sehe das Thema durch die Perspektive des Rennfahrers», sagt Bradl. «Als Teammanager betrachtet man die Situation vielleicht ein bisschen anders. Ich will nicht viel dazu sagen. Ich bin jetzt seit dem WM-Finale in jedem Monat in Jerez gewesen, aber meistens war Winter, ich bin sehr wenig zum Fahren gekommen. Bisher habe ich nicht viel produktive 'track time' gehabt. Es gab bisher einen Tag mit idealem Wetter.»

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